Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 12
Zulassungsbeschränkungen sind die zwangsläufige Folge einer Überversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung, welche der Landesausschuss der Ärzte/Psychotherapeuten und Krankenkassen für einen Planungsbereich im Bezirk der jeweiligen KV von Amts wegen festzustellen hat. Stellt der Landesausschuss in der einzelnen Arzt- oder Psychotherapeutengruppe Überversorgung fest, hat er nach Abs. 1 Satz 2 mit verbindlicher Wirkung für den Zulassungsausschuss arztbezogene bzw. psychotherapeutenbezogene Zulassungsbeschränkungen anzuordnen. Trotz einer verbindlichen Wirkung trifft der Landesausschuss seine Entscheidung nicht als Verwaltungsakt. Nur im Rahmen eines konkreten Zulassungsverfahrens kann der Arzt gegen eine für ihn negative Entscheidung der Zulassungsgremien (Verwaltungsakt) vorgehen und indirekt eine Überprüfung der Entscheidung des Landesausschusses erreichen. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 der Bedarfsplanungs-Richtlinie bilden überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätige Ärzte, die Fachärzte für Psychotherapeutische Medizin, die Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, die Psychologischen Psychotherapeuten sowie die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten eine eigene Arztgruppe innerhalb der allgemeinen fachärztlichen Versorgung, sodass, wenn nachfolgend von Arztgruppen die Rede ist, darunter gleichzeitig die ärztlichen und nichtärztlichen Psychotherapeuten zu verstehen sind. Die Worte "hat anzuordnen" lassen dem Landesausschuss keine Wahl, er muss bei festgestellter Überversorgung die Zulassungsbeschränkung vornehmen, was bedeutet, dass für die Dauer der Überversorgung ein Zulassungsbewerber für den arztbezogenen Bereich, auf den sich die Zulassungsbeschränkung bezieht, i. d. R.keine Zulassungsmöglichkeit hat. In überversorgten Planungsbereichen ist aufgrund angeordneter Zulassungsbeschränkungen ein Hinzutreten weiterer Vertragsärzte grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. § 95 Abs. 2 Satz 9 i. V. m. § 103 Abs. 1 Satz 2). Wenn Ausnahmen vom Regelfall möglich sein sollen, bedürfen sie einer gesetzlichen Grundlage.
Rz. 13
Zulassungsbeschränkungen bei Überversorgung greifen in das Recht des einzelnen Vertragsarztes eine, sich grundsätzlich frei an dem von ihm gewählten Vertragsarztsitz niederzulassen. Wegen dieses massiven Eingriffs, der das in Art. 12 GG normierte Grundrecht der freien Berufsausübung tangiert, sehen die Abs. 2 und 3 eng gefasste Grenzen der Zulassungsbeschränkungen vor, die durch ihre Konkretisierung in der Bedarfsplanungs-Richtlinie eine gleichmäßige Handhabung im Bundesgebiet sichern. Das BSG hält die Verhängung von Zulassungssperren bei Überversorgung und den Verweis der Zulassungsbewerber auf relativ schlechter versorgte Planungsbereiche für vereinbar mit Art. 12 GG (vgl. u. a. BSG, Urteil v. 2.10.1996, 6 RKa 52/95; Urteil v. 18.3.1998, B 6 KA 37/96, st. Rspr.; Kaltenborn, in: Becker/Kingreen, SGB V, § 103 Rz. 5; Geiger, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 99 Rz. 20). Weitergehende Ausnahmen von den Zulassungsbeschränkungen als die, welche gesetzlich geregelt sind, etwa für Ärztinnen, die durch Ehe und Kindererziehung ortsgebunden sind und sich deshalb in dem überversorgten Planungsbereich niederlassen möchten, sieht das Gesetz nicht vor und wären nach Auffassung des BSG im Urteil v. 18.3.1998 (B 6 KA 37/96 R) verfassungsrechtlich auch nicht erforderlich.
Zulassungsbeschränkung heißt nicht, dass automatisch eine arztgruppenbezogene Vollsperrung des Planungsbereichs für Zulassungen erfolgt, sondern der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat bei der Feststellung der Überversorgung abzuwägen, auf welche Arztgruppe die Überversorgung in welchem Ausmaß zurückzuführen ist bzw. ob im Planungsbereich ggf. trotz der insgesamt bestehenden Überversorgung bei der betreffenden Arztgruppe noch ein lokaler Versorgungsbedarf besteht, der abgedeckt werden muss. Deshalb kann der Landesausschuss auch eine arztgruppenbezogene Teilsperrung anordnen.
Rz. 14
Gesetzlich vorgeschrieben ist eine räumliche Begrenzung der Zulassungsbeschränkungen (Abs. 2 Satz 1). Das heißt, dass der Landesausschuss nach einer in der Bedarfsplanungs-Richtlinie beschriebenen Feststellung der Überversorgung einen oder mehrere Planungsbereiche für weitere Zulassungen sperren kann, jedoch nicht direkt den gesamten KV-Bereich, es sei denn (was nur theoretisch denkbar ist) alle Planungsbereiche und alle Arztgruppen des KV-Bereichs wären überversorgt. Der räumliche Bezug bezieht sich bei angeordneten Zulassungsbeschränkungen also theoretisch maximal auf den KV-Bezirk und geht keinesfalls darüber hinaus. Der Bezug auf den KV-Bezirk hängt damit zusammen, dass der Adressat der Zulassungsbeschränkungen, der Zulassungsausschuss, nach § 96 Abs. 1 ebenfalls für den Bezirk jeder KV oder für Teile dieses Bezirks (Zulassungsbezirk) von der KV, den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen errichtet ist. Die Planungsbereiche sind nach § 7 Bedarfsplanungs-Richtlinie bundeseinheitlich ermittelt worden und ergeben s...