Rz. 14
Abs. 2 stellt eine Sonderregelung für den Fall dar, dass Festbeträge für Arznei- und Verbandmittel (§ 35), Hilfsmittel (§ 36) und Krankentransportleistungen (§ 133 Abs. 2) vereinbart worden sind. Es handelt sich um eine Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebots, dessen Voraussetzungen im Einzelfall nicht mehr zu prüfen sind. Die Vorschrift ordnet an, dass die Krankenkasse mit dem Festbetrag ihre Leistungspflicht erfüllt. Grundsätzlich genügt die Krankenkasse ihrer Leistungsverpflichtung damit durch Zahlung des Festbetrages. Die Festbeträge sind so zu bestimmen, dass sie im allgemeinen ein ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung des Versicherten gewährleisten. Die Festbetragsregelung berechtigt nicht zu grundsätzlichen Einschnitten in den Leistungskatalog sondern nur zu Leistungsbegrenzungen im Hinblick auf die Kostengünstigkeit der Versorgung (BSG, Urteil v. 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R). Die Erfüllungswirkung von Abs. 2 tritt daher nicht ein, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Objektiv ausreichend ist der Festbetrag dann, wenn er – von atypischen Ausnahmefällen abgesehen – die erforderliche Versorgung prinzipiell jedes betroffenen Versicherten abdeckt (BSG, a. a. O.) Es muss zumindest ein Medikament der Festbetragsgruppe zuzahlungsfrei sein (BVerfG, Urteil v. 17.12.2002, 1 BvL 28/95). Versicherte, bei denen aufgrund ungewöhnlicher Verhältnisse keine ausreichende Versorgung zum Festbetrag möglich ist (etwa wenn die zum Festbetrag verfügbaren Arzneimittel Nebenwirkungen hervorrufen, die die Qualität einer behandlungsbedüftigen Krankheit erreichen) können Anspruch auf eine darüber hinausgehende Versorgung bis hinzu einer Vollversorgung ohne Begrenzung haben (BSG, Urteil v. 3.7.2012, B 1 KR 22/11 R).
Rz. 15
Entscheidet sich der Versicherte für eine Leistung, die mit Kosten verbunden ist, die über den Festbetrag hinausgehen, hat er diese selbst zu zahlen. Der Vertragsarzt muss den Versicherten hierauf hinweisen, wenn er ein Arzneimittel verordnet, das den Festbetrag überschreitet (§ 73 Abs. 5). Diese Mehrkosten sind keine Zuzahlung und können daher auch nicht im Wege der Härtefallregelung (§§ 61, 62) ganz oder teilweise von der Krankenkasse erstattet werden (Roters, in: KassKomm SGB V, § 12 Rz. 54; Joussen, in: BeckOK SozR SGB V, § 12 Rz. 11).
Rz. 16
Da es sich bei einem Festbetrag um eine Obergrenze handelt (§ 31 Abs. 2 Satz 1: "trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe") hat der Versicherte keinen Anspruch auf die Differenz zwischen den Festbetrag und den tatsächlichen Kosten, sollten diese (ausnahmsweise) eine niedriger sein als der Festbetrag (Roters, in: KassKomm SGB V, § 12 Rz. 54; Engelhard, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 12 Rz. 154).