Rz. 8b
Ausgenommen vom Preismoratorium sind Preiserhöhungen des pharmazeutischen Unternehmers für solche Arzneimittel, für die ein Festbetrag gilt. Die Ausnahme bezieht sich nach dem Wortlaut des Abs. 3a Satz 1 HS 2 auf alle Arzneimittel, für die durch den GKV-Spitzenverband ein Festbetrag gemäß § 35 bestimmt ist, egal ob Preiserhöhungsbeträge oberhalb des Festbetrages oder der Preisbereich bis zur Höhe des Festbetrages betroffen sind. Preiserhöhungen des pharmazeutischen Unternehmers oberhalb des Festbetrages haben mit der Stabilisierung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung nichts zu tun, sodass weder der normale Preisabschlag (vgl. Abs. 1 und 1a) noch der erhöhte Preisabschlag (vgl. Abs. 3a Satz 1) geltend gemacht werden können. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung ist durch den Festbetrag limitiert, Preisdifferenzen oberhalb des Festbetrages hat der Versicherte zu zahlen. Eine Ausnahme vom Preismoratorium ist nach der Gesetzesbegründung im Preisbereich bis zur Höhe des Festbetrages deshalb sachgerecht, weil bereits das Instrument der Festbeträge auf die wirtschaftliche Arzneimittelversorgung ausgerichtet ist. Festbeträge und Preismoratorium sind grundsätzlich unterschiedliche Instrumente zur Ausgabenregulierung. Unterhalb des Festbetrages ergibt sich eine preisregulierende Wirkung aus der bestehenden Konkurrenzsituation. Daneben erhöhen die zwischen den pharmazeutischen Unternehmern und den Krankenkassen nach Abs. 8 oder 8a geschlossenen Rabattverträge die Wettbewerbsintensität.
Der pharmazeutische Unternehmer sollte aber bedenken, dass jede Preiserhöhung oberhalb des Festbetrages den Versicherten trifft, der zum Festbetrag immer ein wirkstoffgleiches Arzneimittel erhalten kann, sodass sich unter Umständen wegen der Preiserhöhung der Arzneimittelumsatz des pharmazeutischen Unternehmers verringern würde.
Sofern nach dem 1.8.2010 Arzneimittel neu in den Arzneimittelmarkt kommen, gilt der Preisstand der Markteinführung (vgl. Abs. 3a Satz 4). Den Herstellerabgabepreis ohne Mehrwertsteuer für das neue Arzneimittel bestimmt zum Zeitpunkt der Markteinführung allein der pharmazeutische Unternehmer. Preiserhöhungen, die im Anschluss daran bis 31.12.2022 bei den in den Markt eingeführten Arzneimitteln erfolgen, werden dagegen aufgrund des Preismoratoriums zugunsten der Krankenkassen in Höhe der erfolgten Anhebung des Herstellerabgabepreises ohne Mehrwertsteuer abgeschöpft.
Rz. 8c
Die neu angefügten Sätze 4 und 5 des Abs. 3a sollen verhindern, dass pharmazeutische Unternehmer den erhöhten Herstellerabschlag oder das Preismoratorium durch Änderungen der Packungsgröße und der Wirkstärke umgehen. Die Regelung stellt einen notwendigen Baustein zur finanzwirksamen Umsetzung des Preismoratoriums dar. Bei der Neueinführung eines Arzneimittels, für das der pharmazeutische Unternehmer bereits ein Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff und vergleichbarer Darreichungsform in den Verkehr gebracht hat, ist der Abschlag auf der Grundlage des Preises je Mengeneinheit der Packung zu berechnen, die dem neuen Arzneimittel in Bezug auf die Packungsgröße unter Berücksichtigung der Wirkstärke am nächsten kommt (Abs. 3a Satz 4). Auch dazu hat der GKV-Spitzenverband das Nähere zu regeln.
Diese fiktive Regelung gilt im Übrigen auch, wenn im pharmazeutischen Unternehmen der Unternehmer wechselt oder das neue Arzneimittel gemeinsam mit einem anderen pharmazeutischen Unternehmer vertrieben wird (Abs. 3a Satz 5). Damit kann die erhöhte Abschlagsregelung auch nicht dadurch umgangen werden, dass Veränderungen in der Unternehmensstruktur stattfinden. Veränderungen in der Unternehmensstruktur sind zwar legitim, weil sie zur grundgesetzlich geschützten Berufsausübungsfreiheit des pharmazeutischen Unternehmers gehört (vgl. Art. 12 GG), sie haben aber keinen Einfluss auf die Anwendung des erhöhten Herstellerabschlags nach Abs. 3a.
Das sog. "erweiterte" Preismoratorium soll aber nicht dazu führen, dass zur Verbesserung der Versorgung der Versicherten beitragende Weiterentwicklungen bewährter Wirkstoffe und Innovationen gehemmt werden. Bei dieser Konkretisierung ist durch die Neuregelung die Stellung der pharmazeutischen Unternehmer nach der Gesetzesbegründung dadurch gestärkt worden, dass der GKV-Spitzenverband mit Wirkung zum 13.5.2017 verpflichtet ist, dass Nähere zu Abs. 3a Satz 4 und 5 im Benehmen mit den Spitzenorganisationen der pharmazeutischen Unternehmer zu regeln. Zum Regelungsinhalt gehören z. B.,
- dass pharmazeutische Unternehmer den Nachweis über die Notwendigkeit ihrer Weiterentwicklung für eine Verbesserung der Versorgung darstellen können,
- die Abrechnung des erhöhten Abschlags,
- die Ausnahmen von den Herstellerabschlägen sowie
- die technische Abwicklung des mit Wirkung zum 1.7.2018 geltenden Inflationsausgleichs.
Nach der Gesetzesbegründung sind für die Benehmensherstellung auf Bundesebene solche Verbände als geeignet anzusehen, deren satzungsgemäße Zwecksetzung die Vertretung von Unternehmen ist, die potenziell v...