Rz. 32
Mit dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Vereinigung sind die bisherigen Krankenkassen geschlossen. Das bedeutet, dass die bisher selbständigen Ortskrankenkassen kraft Gesetzes ab diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehen. Eines besonderen Schließungsaktes bedarf es nicht. Mit der Schließung enden auch die Befugnisse der bisherigen Organe und die Mitgliedschaften in den Organen. Die Schließung führt allerdings dazu, dass eine bisherige Bestellung als Datenschutzbeauftragter endet und die neue Ortskrankenkasse diesen neu zu bestellen hat (vgl. BAG, Urteil v. 29.9.2010, 10 AZR 588/09, BAGE 135 S. 327).
Rz. 33
Die neu entstandene vereinigte Ortskrankenkasse ist Rechtsnachfolgerin aller bisherigen Ortskrankenkassen, die durch die Vereinigung geschlossen sind (zur Gesamtrechtsnachfolge vgl. ausführlich BSG, Urteil v. 2.12.2004, B 12 KR 23/04, NJW 2005 S. 923). Auf sie gehen alle zivilrechtlichen Rechte und Pflichten über, auch die Arbeits- und Dienstverhältnisse der Beschäftigten. Sie übernimmt das Vermögen der bisherigen Krankenkassen, ohne dass es eines Übertragungsaktes (z. B. Auflassung bei Grundbesitz) bedarf.
Rz. 34
Die neue Ortskrankenkasse tritt auch in die öffentlich-rechtlichen Rechte und Pflichten ein, die sich aus der Funktion als Träger der Krankenversicherung und als zuständige Einzugsstelle ergeben, insbesondere auch in anhängige Klageverfahren. Bei der bisherigen Ortskrankenkasse gestellte Anträge auf Leistungen sind von der neuen Ortskrankenkasse zu bescheiden, anhängige Widerspruchsverfahren von dieser und den ggf. neu gebildeten Widerspruchsausschüssen durchzuführen.
Rz. 35
Die bisherigen Mitglieder und Versicherten der einzelnen Ortskrankenkassen werden ab dem Zeitpunkt der Vereinigung Mitglieder und Versicherte der neuen Ortskrankenkasse. Mitgliederveränderungen gegenüber dem bisherigen Bestand ergeben sich durch die Vereinigung nicht. Mitglieder haben wegen der Vereinigung kein besonderes Kündigungsrecht. Nur wenn mit der Vereinigung eine Beitragssatzerhöhung verbunden war, bestand das besondere Kündigungsrecht nach § 175 Abs. 4 Satz 5 (vgl. BSG, Urteil v. 2.12.2004, B 12 KR 23/04, NJW 2005 S. 923); gleiches gilt nunmehr, wenn die vereinigte Ortskrankenkasse in ihrer Satzung einen höheren kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz nach § 242 erhebt, als dies bei den bisherigen Krankenkassen der Fall war. Für die Bindung an das ab 1.1.2002 ausgeübte Wahlrecht für 18 Monate kommt es auf die Wahlrechterklärung gegenüber der Vorgänger-Ortskrankenkasse an, ebenso für den Fall der bereits erklärten Kündigung.
Rz. 36
Leistungsansprüche bestehen ab Vereinigung nur noch gegenüber der neuen Ortskrankenkasse, die auch die bereits von der Vorgänger-Ortskrankenkasse bewilligten Leistungen zu erbringen hat. Der Leistungsanspruch für satzungsabhängige Leistungen richtet sich nach der neuen Satzung.
Rz. 37
Die neue Ortskrankenkasse ist auch i. S. v. § 175 Abs. 3 Satz 2 letzte Krankenkasse, wenn zuvor zuletzt eine Versicherung bei einer wegen der Vereinigung geschlossenen Ortskrankenkasse bestanden hatte (vgl. § 174 Abs. 5).
Rz. 38
Verwaltungs- und Klageverfahren sind von der vereinigten Ortskrankenkasse weiterzuführen, die kraft Gesetzes in die bisherige Verfahrensstellung eintritt.
Rz. 39
Bei der neuen Ortskrankenkasse entsteht zugleich auch eine neue Pflegekasse (§ 46 Abs. 1 SGB XI) mit den bisherigen Mitgliedern der Pflegekassen, die bei den nunmehr vereinigten Ortskrankenkassen bestanden. Die vorher bestehenden Pflegekassen sind wie zuvor bestehenden Krankenkassen geschlossen, was sich für die Pflegekassen aus § 46 Abs. 5 SGB XI ergibt, der auf die §§ 143 bis 172 verweist.