Rz. 48
Von Abs. 1 oder Abs. 2 werden nicht die Fälle erfasst, in denen sich eine eigenständige Innung einer IKK als Trägerinnung anschließen will (Anschlusserrichtung). Auch in § 157 ist keine ausdrückliche Regelung über die Voraussetzungen und das Verfahren eines solchen Anschlusses einer Innung an eine bestehende IKK enthalten. Aus dem Schweigen des Gesetzes kann die Unzulässigkeit einer solchen Anschlusserrichtung nicht geschlossen werden, vielmehr liegt eine Regelungslücke vor. Die Rechtsprechung geht schon seit langem (vgl. BSG, Urteil v. 29.4.1958, 3 RK 9/57, BSGE 7 S. 169) von der Zulässigkeit eines solchen Anschlusses aus und wendet, allerdings nur für die anschlusswillige Innung, die Vorschriften über die Errichtung der IKK an.
Rz. 49
Fraglich ist jedoch, welches Verfahren dafür anzuwenden ist. Eine Ausweitung allein durch Änderung der Satzung (so LSG Berlin, Urteil v. 28.9.1994, L 9 Kr 65/94, NZS 1995 S. 414) und ein Genehmigungsantrag allein der anschlusswilligen Innung mit Durchführung des Errichtungsverfahrens nur für die anschlusswillige Innung und die dort Beschäftigten (so BSG, Urteil v. 29.8.1980, 8a RK 15/79, USK 80253) würde der bei der Trägerinnung liegenden Errichtungskompetenz widersprechen und könnte zu einer nicht gewollten gesamtschuldnerischen Haftung (§ 164 Abs. 1) führen. Auch die Beteiligungsrechte der davon betroffenen Beschäftigten, die Mitglieder der bisherigen IKK sind oder sein könnten, und der Mitglieder der Trägerinnung würden außer Acht gelassen, denn ihre frühere Zustimmung bezog sich auf eine Errichtung ohne die anschlusswillige Innung. Die Ausweitung der Trägerinnungen berührt zudem nicht nur die anschlusswillige Innung, sondern hat auch Auswirkungen auf die Struktur der IKK an sich. Wenn daher schon bei Innungsvereinigungen ein förmliches Errichtungsverfahren durchzuführen ist, so können für den Anschluss einer weiteren selbständigen Innung an die IKK keine geringeren Anforderungen gestellt werden.
Rz. 50
Die Anschlusserrichtung ist daher wie die Errichtung durch mehrere Innungen im Verfahren nach §§ 157, 158 durchzuführen. Es bedarf daher eines Antrages der Trägerinnung auf Ausweitung der Errichtungsgenehmigung auf die anschlusswillige Innung, der geheimen (und getrennt von handwerksrechtlichen Beschlussfassungen) Abstimmung und der Zustimmung aller Innungsversammlungen und der Mehrheit der Beschäftigten in den alten und neuen Innungsbetrieben.