0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Art. 1, Art. 79 Abs. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) mit Wirkung zum 1.1.1989 in Kraft getreten.
Durch Art. 1 Nr. 35, Art. 12 Abs. 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (2. SGB V-ÄndG) v. 20.12.1991 (BGBl. I S. 2325) wurde in Abs. 4 die Bezeichnung "Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung" durch "Bundesminister für Gesundheit" mit Wirkung zum 1.1.1992 ersetzt.
Mit Art. 1 Nr. 112, Art. 35 Abs. 6 des Gesetzes zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsstrukturgesetz – GSG) v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) wurde die Vorschrift mit Wirkung zum 1.1.1996 neu gefasst.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Mit dem Gesundheitsreformgesetz waren die Ersatzkassen in das SGB V und damit in die allgemeinen Regelungen des Krankenversicherungsrechts einbezogen worden. Die Sonderstellung, die darin bestand, die gesetzlichen Zuständigkeiten ersetzen zu können, war damit entfallen. Mit der Regelung werden die Ersatzkassen als Kassenart (vgl. § 4 Abs. 2) bestimmt, bei der ursprünglich die Mitgliedschaft durch Ausübung des Wahlrechts begründet wird.
Rz. 1b
Mit der Neufassung des § 168 seit 1.1.1996 durch das GSG werden die Ersatzkassen vollständig in das System der gesetzlichen Krankenversicherung einbezogen. Die letzte Besonderheit der Ersatzkassen, nämlich der Mitgliedschaftserwerb durch Ausübung von Wahlrechten (§§ 183ff. a. F.; vor dem 1.1.1989 Mitgliedschaftserwerb durch Beitrittserklärung mit Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft in der gesetzlich zuständigen Krankenkasse), wird nur noch zur Definition der Ersatzkassen verwandt, da Wahlrechte zur Begründung der Zuständigkeit zum Regelfall gemacht werden (vgl. Vorbem. zu §§ 173ff.).
Rz. 2
Mit dieser (und anderer) Neuregelung wurde eine Entwicklung der Ersatzkassen abgeschlossen, die dadurch geprägt war,
- dass Ersatzkassen aus ehemals privaten Selbsthilfevereinigungen entstanden und bei Einführung der Krankenversicherung zunächst als Hilfskassen außerhalb des gesetzlichen Zuweisungssystems stehend als Krankenversicherer zugelassen waren,
- dass die Mitgliedschaft in einer solchen Vereinigung die Zwangsmitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenkasse ersetzen konnte (daher der Name Ersatzkasse),
- dass die Zugangsberechtigung zu einer Ersatzkasse, die ursprünglich nur von Satzungen oder Versicherungsbedingungen abhängig war, zum Schutz der RVO-Kassen durch die Aufbaugesetzgebung begrenzt und festgeschrieben war und die Ersatzkassen zu Körperschaften des öffentlichen Rechts wurden,
- dass das Leistungs- und Beitragsrecht der Ersatzkassen dem Recht der gesetzlichen Krankenkassen angeglichen wurden und
- dass zuletzt nur noch Besonderheiten im Erwerb der Mitgliedschaft durch Ausübung von Wahlrechten bestanden.
2 Rechtspraxis
2.1 Definition der Ersatzkassen (Abs. 1)
Rz. 3
In Abs. 1 werden Ersatzkassen (§ 4 Abs. 2) als die Krankenkassen definiert, bei denen nach dem bis Ende 1995 geltenden Recht die Mitgliedschaft nur durch Ausübung von Wahlrechten erlangt werden konnte. Zur "gesetzlichen" Zuständigkeit von Ersatzkassen nach dem AFG und zum Verhältnis von gewählter zu gesetzlicher Zuständigkeit vgl. Klose, SGb 1995 S. 477 und Anm. zu BSG, 12 RK 19/93, NZS 1994 S. 558. Die Definition nimmt lediglich die vorhandenen Ersatzkassen als Träger der Krankenversicherung in Bezug, da Neugründungen von Ersatzkassen nicht mehr möglich sind. Durch kassenartübergreifende Fusionen nach § 171a (vgl. Komm. dort) können aber auch ursprüngliche Krankenkassen einer anderen Kassenart zu Ersatzkassen werden, wenn an der Fusion eine Ersatzkasse beteiligt ist und diese Kassenart beibehalten wird (vgl. Komm. zu § 171a).
2.2 Mitgliederkreis (Abs. 2)
Rz. 4
Seit 1.1.1996 werden sämtliche Beschränkungen des Mitgliederkreises für unzulässig erklärt. Dies bedeutet, dass die frühere Unterscheidung zwischen Ersatzkassen für Angestellte und Ersatzkassen für Arbeiter aufgehoben und nur noch von historischer Bedeutung ist.
Rz. 5
Die Regelung über die Unzulässigkeit von Beschränkungen des aufnahmeberechtigten Personenkreises hat im wesentlichen gegenüber der früheren Rechtslage klarstellende Bedeutung und wird durch § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, der die Wählbarkeit jeder Ersatzkasse regelt, ergänzt.
Rz. 6
Trotz der Unzulässigkeit von Aufnahmebeschränkungen ergeben sich jedoch noch allein zulässige Beschränkungen für beitrittsberechtigte Schwerbehinderte (§ 9 Abs. 1 Nr. 4), deren Beitrittsrecht durch die Satzung von einer Altersgrenze abhängig gemacht werden kann; dies allerdings auch bei anderen Kassenarten, wobei diese Beschränkung durch die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 (vgl. Komm. zu § 5) allerdings stark relativiert ist.
Rz. 7
Darüber hinaus ergeben sich gesetzliche Beschränkungen des aufnahmeberechtigten Personenkreises, soweit nämlich noch ausschließliche gesetzliche Zuständigkeiten bestehen und diesen Personen daher auch nicht die allgemeinen Wahlrechte des § 173 zustehen; dies sind nunmehr nur noch die landwirtschaftlich Versiche...