Rz. 52
Durch Art. 1 Nr. 118 GSG v. 21.12.1992 (BGBl. I S. 2266) ist der Vorschrift im Zusammenhang mit der Einführung des Krankenkassenwahlrechts (§§ 173ff.) mit Wirkung zum 1.1.1996 der Abs. 10 angefügt worden. Diese Regelung enthält nicht, wie die Abs. 1 bis 9 eine zeitliche Konkretisierung der Versicherungspflichten und deren Tatbestand, sondern eine Regelung über den Zuständigkeitswechsel zwischen Krankenversicherungsträgern infolge der Ausübung von Wahlrechten. Durch den Zuständigkeitswechsel wird die Pflichtmitgliedschaft selbst in ihrem regelmäßigen Beginn und Ende nicht betroffen, sondern für die Krankenkassenwahlrechte und den Krankenkassenwechsel für Versicherungspflichtige vorausgesetzt. Die Regelung dient dem Zweck, Doppelmitgliedschaften durch Wahlrechtsausübungen zu vermeiden. Rechtssystematisch wäre die Regelung daher den §§ 173 bis 175 zuzuordnen gewesen. Insoweit stellt die Regelung letztlich keine Abweichung von den Abs. 1 bis 9 dar, so dass es auch nicht von rechtlicher Bedeutung ist, dass die Abweichung auch von Abs. 11 nicht genannt wird, obwohl auch diese Mitglieder der Auffang-Versicherungspflicht, die zunächst der letzten Krankenkasse oder deren Rechtsnachfolger zugewiesen werden, die Krankenkasse wechseln können (vgl. § 174 Abs. 5). Eine Abs. 10 für den Beginn der Mitgliedschaft entsprechende Regelung über das Ende der Mitgliedschaft bei Krankenkassenwechsel ist in § 190 nicht vorhanden, obwohl i. S. d. gesetzgeberischen Sprachgebrauchs die Mitgliedschaft bei einem Krankenkassenwechsel abweichend von § 190 Abs. 1 bis 13 bei der gekündigten Krankenkasse mit der Wirksamkeit der Kündigung endet.
Rz. 53
Wann bei einer Pflichtmitgliedschaft oder dem Wechsel des Versicherungsgrundes bei vor- oder nachrangigen Versicherungspflichten die Kündigung wirksam wird, bestimmt sich nach der durch das Gesetz zur Neuregelung der Krankenkassenwahlrechte v. 27.7.2001 (BGBl. I S. 1946) geänderten Vorschrift des § 175. Wurde durch Ausübung von Wahlrechten nach dem 1.1.2002 eine Krankenkasse als zuständig bestimmt, bleibt diese für den Zeitraum von 18 Monaten (Bindungsfrist des § 175 Abs. 4 Satz 1) auch für alle neu beginnenden Versicherungspflichten zuständig, selbst nach einer Unterbrechung der Pflichtmitgliedschaft oder einem Wechsel im Versicherungsgrund (vgl. aber BSG, Urteil v. 13.6.2007, B 12 KR 19/06 R, USK 2007-51). Diese Bindungsfrist gilt nur dann nicht, wenn die Krankenkasse einen Kassenindividuellen Zusatzbeitrag (§ 242) erhebt oder erhöht oder Prämienzahlungen verringert (§ 175 Abs. 4 Satz 4); in diesen Fällen ist eine Kündigung bis zur Beitragserhebung oder Beitragserhöhung bzw. bis zur Prämienverringerung möglich (§ 175 Abs. 4 Satz 5). Die Mitgliedschaft kann daher auch erst zum Ablauf der Bindungsfrist gekündigt werden, wobei immer eine Kündigungsfrist zum Ablauf des übernächsten Monats nach Eingang der Kündigung einzuhalten ist (§ 175 Abs. 4 Satz 2). Wirksam wird die unter Beachtung aller dieser Voraussetzungen erklärte Kündigung zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats, wenn noch innerhalb der Kündigungsfrist der bisherigen Krankenkasse die Mitgliedsbescheinigung der neu gewählten (und wählbaren) Krankenkasse vorgelegt wird (§ 175 Abs. 4 Satz 4). Maßgebend ist der in der Kündigungsbestätigung genannte Kündigungszeitpunkt, auch wenn dieser rechtlich nicht zutreffend ist (vgl. BSG, Urteil v. 9.11.2011, B 12 KR 3/10 R, USK 2011-161). Ein Wechsel der Zuständigkeit kann daher in den Fällen des Abs. 10 immer nur zu Beginn eines Kalendermonats eintreten.
Rz. 54
Nach dem Inhalt des Abs. 10 vollzieht sich der Zuständigkeitswechsel allein nach dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung. Die Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung gehört nicht zu den Voraussetzungen für den Zuständigkeitswechsel bei durchgängiger Versicherungspflicht. Die Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung ist zwar in § 175 Abs. 3 Satz 1 vorgesehen und zur Ab- und Anmeldung erforderlich, die Nicht- oder nicht rechtzeitige Vorlage löst jedoch keine Rechtsfolgen aus.
Rz. 55
Abs. 10 findet hinsichtlich des Krankenkassenwechsels keine Anwendung, wenn die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als landwirtschaftliche Krankenkasse gesetzlich zuständig wird (vgl. § 166 und Komm. dort). Die Mitgliedschaft bei der landwirtschaftlichen Krankenkasse beginnt dann nach Maßgabe des § 22 KVLG 1989 mit Beginn der Versicherungspflicht nach dem KVLG 1989.
Rz. 56
Keine Anwendung findet Abs. 10 auch in den Fällen, in denen keine Bindungs- und Kündigungsfristen mehr bestehen und für die neu eintretende Versicherungspflicht ohne Kündigung sogleich eine neue Krankenkasse gewählt werden kann (vgl. BSG, Urteil v. 13.6.2007, B 12 KR 19/96 R, SozR 4-2500 § 175 Nr. 2). In diesen Fällen setzt die Zuständigkeit ab Mitgliedschaftsbeginn jedoch voraus, dass der meldepflichtigen Stelle innerhalb von 2 Wochen eine Mitgliedsbescheinigung vorgelegt wird (§ 175 Abs. 3 Satz 2). Sonst hat die Meldung an die letzte Krankenkasse zu erfolgen, die dan...