2.1 Funktion und Zweck der Vorschrift
Rz. 4
§ 193 schließt Auswirkungen von jetzt freiwilligem Wehr- und übergangsweise noch Zivildienst sowie die Dienstpflicht aus einem früheren Dienstverhältnis als Berufs- oder Zeitsoldat, die ein öffentlich-rechtliches Pflichtverhältnis begründen, auf eine bestehende Krankenversicherungspflicht und freiwillige Krankenkassenmitgliedschaft aus, indem angeordnet wird, dass die Mitgliedschaft durch den Dienst nicht berührt wird und fortbesteht. Dies ist mit der Erhaltung der Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 1 funktional vergleichbar. Das SGB XI enthält keine mit § 193 vergleichbare Regelung, denn der Fortbestand und die Erhaltung der Mitgliedschaft in einer Krankenkasse begründet zugleich wiederum die Pflichtversicherung in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 SGB XI. Dagegen ordnet § 25 Abs. 4 SGB XI für Kinder den Fortbestand der Familienversicherung ungeachtet von Altersgrenzen in den Fällen des freiwilligen Wehrdienstes (§ 58b SoldG) oder bei Übungen nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes für die Dauer des Dienstes sowie bei einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art nach § 6 EinsWVG an Dies setzt jedoch eine vor Beginn des Dienstes bestehende Familienversicherung voraus und betrifft lediglich die Altersgrenzen für die Familienversicherung von Kindern. Eine solche umfassende Regelung über ein Fortbestehen der Familienversicherung bei Wehr- oder Zivildienst besteht in der Krankenversicherung nicht. Der freiwillige Wehrdienst und auch andere freiwillige Dienste können eine Familienversicherung lediglich für eine Zeit von maximal 12 Monaten über das 25. Lebensjahr hinaus verlängern, wenn die Schul- oder Berufsausbildung durch Erfüllung dieser Dienste unterbrochen war (§ 10 Abs. 2 Nr. 3).
Rz. 5
Der Zweck der Vorschrift besteht darin, eine zuvor bestehende eigene Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse auch als Voraussetzung für die Familienversicherung von Angehörigen (§ 10) zu erhalten und damit die Leistungsansprüche der Mitglieder und insbesondere auch der familienversicherten Angehörigen während der Wehr- oder Zivildienstzeit bzw. des freiwilligen Wehrdienstes, gleichgestellter Dienstzeiten nach Abs. 4 oder während der Zeit eines Wehrdienstverhältnisses besonderer Art nach § 6 EinsWVG (Abs. 5) des Stammversicherten sicherzustellen. Die Wehrdienstleistenden bzw. die in einem Wehrdienstverhältnis besonderer Art stehenden Personen selbst haben freie Heilfürsorge, weswegen deren eigene Leistungsansprüche gegenüber der Krankenkasse ruhen (§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 2a; vgl. Komm. dort). Die Erhaltung der eigenen Mitgliedschaft bewirkt daher, dass mit dem Wegfall der freien Heilfürsorge bzw. dem Ende des Wehrdienstverhältnisses besonderer Art die Leistungsansprüche gegenüber der Krankenkasse sofort wieder bestehen.
2.2 Anwendungsbereich
Rz. 6
Von der Regelung werden nur Personen erfasst, die pflichtversicherte und freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung bei Beginn von Wehr- oder Zivildienst oder gleichgestellten Zeiten nach Abs. 4 oder 5 sind. Dem Wehrdienst war der Dienst in der Bundespolizei (früher Grenzschutzdienst) gleichgestellt (§ 42a WPflG). Eine Mitgliedschaft wird durch die Vorschrift nicht begründet. Seit dem 1.7.2011 hat die Vorschrift nur noch bei freiwilligem Wehrdienst und bei Wehr- oder Zivildienst im Spannungs- oder Verteidigungsfall Bedeutung (vgl. Rz. 2c und 2d).
Rz. 7
Für nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 pflichtversicherte oder nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 versicherungsfreie Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes hat die Vorschrift nunmehr auch bei einer Wehrübung von weniger als 3 Tagen Bedeutung. Da § 11 ArbPlSchG durch Art. 5 Nr. 3 SkResNOG mit Wirkung zum 30.4.2005 aufgehoben wurde, ist in den Fällen von Wehrübungen von bis zu 3 Tagen kein Arbeitsentgelt mehr fortzuzahlen, so dass nicht mehr von einem fingierten weiterbestehenden Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt ausgegangen werden kann. Vielmehr gilt auch in diesen Fällen unmittelbar das Fortbestehen der Mitgliedschaft nach Abs. 2.
Rz. 8
Die Vorschrift findet keine Anwendung, wenn während des bezahlten Erholungsurlaubs eine Wehrübung absolviert wird (BSG, Urteil v. 14.9.1989, 4 RA 56/88, BSGE 65 S. 266), weil auch dann Versicherungspflicht oder -freiheit als Beschäftigter unmittelbar weiterbesteht. Die Vorschrift ist nicht anwendbar, wenn neben dem freiwilligen Wehr- oder vorübergehenden Zivildienstes oder gleichgestellter Zeiten noch eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt wird.
Rz. 9
Anwendung fand die Vorschrift bislang nur, solange Wehr- oder Zivildienst geleistet wird. Der Wehrdienst nach § 4 WPflG umfasste grundsätzlich den Grundwehrdienst und den daran anschließenden freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst (§§ 5, 6b WPflG), den Wehrdienst in Verfügungsbereitschaft (§ 5a WPflG), Wehrübungen (§ 6 WPflG) und den unbefristeten Wehrdienst im Verteidigungsfall bis zum Ablauf des Jahres, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird (§ 3 Abs. 5 WPflG). Durch Abs. 4 wird die Regelung über Wehrdienst auf die Heranziehung zu Dienstleistung...