0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist mit Art. 1, Art. 79 Abs. 1 des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheitsreformgesetz – GRG) v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477) mit Wirkung zum 1.1.1989 in Kraft getreten.
Mit Art. 1 Nr. 11, Art. 7 Abs. 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) v. 15.12.2008 (BGBl. I S. 2426) wurde mit Wirkung zum 1.1.2009 in Abs. 2 der Satz 3 angefügt.
1 Allgemeines
Rz. 1a
Die Vorschrift regelt, in Übernahme der früheren Regelungen in §§ 324, 326 RVO, die Genehmigungsbedürftigkeit von Krankenkassensatzungen. Da sich die Genehmigungsbedürftigkeit von Satzungen bereits aus § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ergibt (vgl. Komm. dort), hat die Vorschrift insoweit lediglich deklaratorischen Charakter (so auch die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 11/2237 S. 218). Eigenständige Regelungen werden in § 195 jedoch getroffen, soweit es die Festlegung der Genehmigungsbehörde und die mögliche aufsichtsbehördliche Anordnung von Änderungen einer bereits inhaltlich genehmigten Satzung betrifft. Die Regelung gilt kraft Verweisung auch für die Satzung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als landwirtschaftlichen Krankenkasse (§ 26 Abs. 1 KVLG).
Rz. 1b
Mit Wirkung zum 1.1.2009 wurde in Abs. 2 mit Satz 3 die Regelung angefügt, dass Klagen gegen Maßnahmen der Aufsichtsbehörden wegen Änderungsbedarfs der Satzung (Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 3) keine aufschiebende Wirkung haben. Die Änderung sollte die Effektivität des aufsichtsrechtlichen Vorgehens steigern, wenn es darum geht, die Satzung einer Krankenkasse in Übereinstimmung mit höherrangigem Recht zu bringen, weil die Satzung in diesem Zeitraum ihre Informationsfunktion für die Versicherten nur unzureichend erfüllen kann (so Begründung BT-Drs. 16/9559 S. 24).
2 Rechtspraxis
2.1 Genehmigungsbedürftigkeit der Satzung (Abs. 1)
Rz. 2
Abs. 1 stellt in Übereinstimmung mit § 34 Abs. 1 SGB IV klar, dass auch die Satzungen der Krankenkassen als Träger der Sozialversicherung und trotz deren Selbstverwaltung der Genehmigung bedürfen. Bei dem Erlass einer Satzung oder deren Änderung handelt es sich um einen Rechtsetzungsakt selbständiger staatlicher Verwaltungsträger zur hoheitlichen Regelung der eigenen oder gesetzlich vorgeschriebenen Angelegenheiten. Nicht nur die erstmalige Satzung, z. B. bei der Errichtung oder Vereinigung von Krankenkassen nach §§ 144, 147, 152, 157 oder 171a, sondern auch deren spätere Änderungen bedürfen der Genehmigung. Derartige nachfolgende Satzungsänderungen können insbesondere durch spätere Rechtsänderungen (vgl. zu einem solchen Fall: BSG, Urteil v. 2.7.2013, B 1 KR 23/12 R, SozR 4-2500 § 173 Nr. 4), je nach deren Inhalt, möglich, notwendig oder zulässig werden. Aber auch (zumindest höchstrichterliche) Rechtsprechung zur Auslegung von Ermächtigungsnormen kann Anlass für eine erforderlich werdende Änderung einer Satzung sein.
Rz. 3
Die Genehmigung der Satzung ist formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für diese selbst und für dort getroffene inhaltliche Regelungen im Verhältnis zu Betroffenen. Eine ungenehmigte Satzung kann daher keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen (vgl. BSG, Urteil v. 26.2.1992, 1 RR 8/91, BSGE 70 S. 149) oder für die Gewährung von Satzungsleistungen sein. Die Satzung bedarf zur Wirksamkeit weiterhin der öffentlichen Bekanntmachung (§ 34 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) nach der Genehmigung, damit sie als untergesetzliche Rechtsnorm Geltung beanspruchen kann.
Rz. 4
Die Genehmigung der Satzung durch die Aufsichtsbehörde ist zugleich ein Akt der Staatsaufsicht und der Rechtsaufsicht darüber, dass die Satzung verfahrensrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen ist, den durch § 194 und andere Vorschriften bestimmten Mindestinhalt hat und deren inhaltliche Bestimmungen nach Auffassung der Genehmigungsbehörde von einer gesetzlichen Ermächtigung gedeckt ist, sich zudem im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung hält (vgl. § 194 Abs. 2 Satz 2 und Komm. dort) und nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung findet im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die Satzung/Satzungsänderung nicht statt und darf auch nicht stattfinden (vgl. Gesetzesbegründung in BT-Drs. 11/2237 S. 218; BSG, Urteil v. 24.4.2002, B 7/1 A 4/00 R, BSGE 89 S. 227). Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens hat die Aufsichtsbehörde von der vom Verwaltungsrat der Krankenkasse beschlossenen Satzung oder deren Änderung auszugehen. Eine eigene Änderungskompetenz für die Satzung im Rahmen der Genehmigung steht der Aufsichtsbehörde jedoch nicht zu (vgl. Brackmann, BKK 1982 S. 353). Unzureichende oder unbestimmte Satzungsbeschlüsse zur Satzungsänderung können nur als solche abgelehnt werden, wenn der Verwaltungsrat nach entsprechendem Hinweis nicht durch einen neuen oder geänderten Satzungsentwurf diese Mängel beseitigt. Die Genehmigung von Satzungsregelungen oder -änderungen, die nicht dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen, dürfen von der Aufsichtsbehörde abgelehnt werden (BSG, Urteil v. 19.9.2007, B 1 A 4/06 R, NZS 200...