Rz. 11
Primärpräventive Leistungen beziehen sich auf die Veränderung des individuellen Verhaltens und auf die Veränderung der Verhältnisse in den Lebenswelten der Versicherten. Dementsprechend werden als Leistungen erbracht:
- Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention nach Maßgabe von Abs. 5,
- Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten für in der gesetzlichen Krankenversicherung Versicherte nach § 20a und
- Leistungen zur Gesundheitsförderung in Betrieben (betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20b).
Mit den Leistungen sollen auch Menschen mit Behinderungen erreicht werden. Hinsichtlich der infrage kommenden Leistungsart steht der Krankenkasse Ermessen zu. Voraussetzung der Leistungserbringung ist in jedem Fall, dass die indizierte Leistung zertifiziert ist.
Rz. 11a
Der GKV-Spitzenverband hat in Zusammenarbeit mit den Verbänden der Krankenkassen auf Bundesebene unter Einbeziehung unabhängigen wissenschaftlichen Sachverstandes auch der Menschen mit Behinderung im aktuellen Leitfaden Prävention (https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/praevention_selbsthilfe_beratung/praevention_und_bgf/leitfaden_praevention/leitfaden_praevention.jsp) die inhaltlichen Handlungsfelder und qualitativen Kriterien für die Leistungen der Krankenkasse in der Primärprävention und betrieblichen Gesundheitsförderung festgelegt, die für die Leistungserbringung vor Ort verbindlich gelten. Die darin abgedeckten Leistungsdaten umfassen die individuelle verhaltensbezogene Prävention nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 und Abs. 5, die Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten nach § 20a sowie betriebliche Gesundheitsförderung nach § 20b und 20c. Die Krankenkassen dürfen Maßnahmen, die nicht den in diesem Leitfaden dargestellten Kriterien entsprechen, nicht durchführen oder fördern.
Für die individuelle verhaltensbezogene Prävention nach § 20 Abs. 4 Nr. 1 werden die folgenden Handlungsfelder und Präventionsprinzipien beschrieben:
Handlungsfeld Bewegungsgewohnheiten mit den Präventionsprinzipien
- Reduzierung von Bewegungsmangel durch gesundheitssportliche Aktivität
- Vorbeugung und Reduzierung spezieller gesundheitlicher Risiken durch geeignete Verhaltens- und gesundheitsorientierte Bewegungsprogramme
Handlungsfeld Ernährung mit den Provisionsprinzipien
- Vermeidung von Mangel- und Fehlernährung
- Vermeidung von und Reduktion von Übergewicht
Handlungsfeld Stressmanagement mit den Präventionsprinzipien
- Förderung von Stressbewältigungskompetenzen
- Förderung von Entspannung
Handlungsfeld Suchtmittelkonsum mit den Präventionsprinzipien
- Förderung des Nichtrauchens
- Gesundheitsgerechter Umgang mit Alkohol/Reduzierung des Alkoholkonsums
Rz. 12
Abs. 5 Satz 1 schafft eine besondere Regelung für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention. Bei diesen Leistungen nach Abs. 4 Nr. 1 handelt es sich um Leistungen, die sich an den einzelnen Versicherten richten und das Ziel verfolgen, Krankheitsrisiken durch die Beeinflussung des menschlichen Verhaltens zu reduzieren. Derartige Präventionskurse können nur erbracht werden, wenn deren Qualität in einem Verfahren nach Abs. 2 Satz 2 von einer Krankenkasse oder von einem mit der Wahrnehmung dieser Aufgabe beauftragten Dritten in ihrem Namen zertifiziert wurde. Mit der vorgesehenen Möglichkeit zu Beauftragung eines Dritten stellt der Gesetzgeber das bereits seit Januar 2014 von der überwiegenden Mehrzahl der Krankenkassen praktizierte Verfahren zur Zertifizierung von Präventionskursen durch einen privaten Dienstleister auf eine rechtliche Grundlage.
Rz. 13
Abs. 5 Satz 2 bestimmt einen besonderen Zugangsweg für Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention. Sofern im Rahmen einer Gesundheitsuntersuchung nach § 25 oder § 26 oder eine arbeitsmedizinischen Vorsorge schriftlich eine ärztliche Präventionsempfehlung abgegeben wird, ist diese bei der Entscheidung der Krankenkasse über eine Leistung zur verhaltensbezogenen Prävention zu berücksichtigen. Hierdurch soll es den Krankenkassen ermöglicht werden, mit passgenauen, auf den individuellen Präventionsbedarf des Versicherten abgestimmten Angeboten zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handels des Versicherten beizutragen (BT-Drs. 18/5261 S. 53). Durch die ärztliche Präventionsempfehlung wird der Ermessensspielraum der Krankenkasse hinsichtlich der Bedarfsprüfung eingeschränkt. Allerdings ist ein Arztvorbehalt für derartige Leistungen damit nicht verbunden, d. h., die Krankenkasse darf diese Leistungsarten im Rahmen ihres Ermessens auch auswählen, wenn keine entsprechende ärztliche Empfehlung vorliegt, die Leistung aber nach Abs. 2 Satz 2 zertifiziert ist. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat gemäß § 25 Abs. 4 Satz 4 und § 26 Abs. 2 Satz 2 das Nähere zur Ausgestaltung der Präventionsempfehlung zu regeln. Die datenschutzrechtliche Begleitregelung (Abs. 5 Satz 3 bis 4) ist von der Krankenkasse zu berücksichtigen. Die Einwilligung der Versicherten sowie ihre vorherige Infor...