2.1 Finanzierungsgrundsätze (Abs. 1)
Rz. 5
Der Finanzbedarf der Krankenkassen wird durch Beiträge und sonstige Einnahmen nach dem Prinzip der Globaldeckung aufgebracht (Hesral in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 220, Rz. 17). Die Vorschrift korrespondiert mit dem in § 3 enthaltenen Gebot der solidarischen Finanzierung. Zu den Beiträgen gehören auch die Zusatzbeiträge (§ 242).
Rz. 6
Liquiditätsengpässe aufgrund von Einnahme- und Ausgabeschwankungen werden durch Betriebsmittel und Rücklagen ausgeglichen (§§ 81, 82 SGB IV, §§ 259ff. SGB V). Satz 2 verbietet, Darlehen zur Finanzierung der Aufgaben aufzunehmen.
2.1.1 Beiträge
Rz. 7
Beiträge werden von Mitgliedern und Arbeitgebern entrichtet (§ 3 Satz 2). Berechnungsgrundlage sind die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds. Familienversicherte Angehörige sind beitragsfrei versichert (§ 3 Satz 3). Der Beitrag ist eine zweckgebundene Einnahme, um die Kosten der Versicherung zu decken. Er orientiert sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Mitglieder und ist unabhängig vom individuellen Versicherungsrisiko (z. B. aufgrund des Alters, Geschlechts oder Gesundheitszustands). Dieses Versicherungsprinzip wird durch solidarische Elemente wie die beitragsfreie Familienversicherung oder verschiedene Härteausgleiche ergänzt. Zu den Beiträgen gehören auch die Zusatzbeiträge (§ 242).
Rz. 8
Die Krankenkassen stellen in einem Haushaltsplan fest, welche Mittel erforderlich sind, um die erforderlichen Ausgaben zu decken (§ 67 SGB IV; Haushaltshoheit). Wenn die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht ausreichen und eine Finanzierungslücke entsteht, dann ist ein Zusatzbeitrag zu erheben (§ 242).
2.1.2 Sonstige Einnahmen
Rz. 9
Bei den sonstigen Einnahmen handelt es sich insbesondere um Säumniszuschläge (§ 24 SGB IV), Zinsen, Erstattungszahlungen anderer Träger (§§ 102f. SGB X), übergegangene arbeitsvertragliche Ansprüche (§ 115 SGB X) und übergegangene Schadenersatzansprüche (§ 116 SGB X) und Einnahmen aus Finanzausgleichen nach §§ 265 ff. SGB V.
Rz. 10
Zuzahlungen (§ 61) sind keine sonstigen Einnahmen. Es handelt sich nicht um Einnahmen, weil die Zuzahlungen nicht direkt an die Krankenkasse fließen, sondern diese teilweise von Kosten entlasten. Die sonstigen Einnahmen sowie die Bundesbeteiligung sind für die Finanzierung der Krankenversicherung von nachgeordneter Bedeutung.
2.1.3 Verbot der Darlehensaufnahme
Rz. 11
Wegen der Beschränkung auf Beiträge und sonstige Einnahmen zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung sind Kredite kein zulässiges Finanzierungsinstrument (§ 220 Abs. 1 i. V. m. § 21 SGB IV). Davon wurde eine zeitlich befristete Ausnahme zugelassen, um Beitragserhöhungen im Beitrittsgebiet zu vermeiden (§ 222 in der bis zum 31.12.2011 gültigen Fassung). Den Krankenkassen als Träger der öffentlichen Verwaltung ist es verboten, Darlehen zur Finanzierung ihrer Aufgaben aufzunehmen (BSG, Urteil v. 3.3.2009, B 1 A 1/08 R). Der Grundsatz gilt seit dem 1.1.2012 als Generalklausel (Abs. 1 Satz 2). Spezialgesetzliche Darlehensregelungen bleiben davon unberührt (z. B. Darlehen von einem Landesverband aus der Gesamtrücklage nach § 262 Abs. 4 Satz 2).
Rz. 12
Das Verbot betrifft auch Liquiditätsdarlehen zur Vermeidung einer vorfälligen Auflösung von Geldanlagen (BSG, Urteil v. 3.3.2009, B 1 A 1/08 R), die kurzfristig laufen und innerhalb desselben Haushaltsjahres ausgeglichen werden. Ebenso verboten ist eine kreditunterstützte Anlagestrategie.
Rz. 12a
Mittel sind so anzulegen, dass eine ausreichende Liquidität gewährleistet ist (§ 80 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Inhaltlich enthalten die weiteren Vorgaben für die Betriebsmittel und die Rücklage in den §§ 81, 82 SGB IV sowie in den §§ 260, 261 keine abweichenden Regelungen. Die Mittel müssen im erforderlichen Umfang bereitgehalten und so angelegt werden, dass sie ohne Darlehensaufnahme (§ 220 Abs. 1 Satz 2) für ihren Zweck verfügbar sind. Liquidität und Sicherheit der Geldanlage haben daher Vorrang vor der Erzielung von Zinserträgen.
Rz. 13
Darlehensverträge, die entgegen dem Kreditaufnahmeverbot abgeschlossen werden, sind trotz des Verstoßes gegen § 220 Abs. 1 Satz 2 wirksam. Das Kreditaufnahmeverbot stellt kein Verbotsgesetz i. S. v. § 134 BGB dar (Mack, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 220 Rz. 22). Bei der Vorschrift handelt es sich vielmehr ausschließlich um haushaltsrechtliches Innenrecht. Daher begründet allein der Verstoß gegen das Kreditaufnahmeverbot für eine Krankenkasse weder einen Rückabwicklungs- noch einen Schadensersatzanspruch gegen eine kreditgebende Bank.
2.1.4 Ausnahmen vom Verbot der Darlehensaufnahme
Rz. 13a
Im Einzelfall ist eine Darlehensaufnahme zulässig, um Grundstücke für Eigeneinrichtungen zu erwerben oder Eigeneinrichtungen zu errichten, zu erweitern oder Gebäude umzubauen (Satz 3). Die Ausnahmeregelung betrifft bestandsgeschützte Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140, die bereits am 1.1.1989 bestanden haben und weiterbetrieben werden.
Rz. 13b
Die Darlehensaufnahme soll den Krankenkassen einen sinnvollen Betrieb von bestandsgeschützten Eigeneinrichtungen ermöglichen und gleiche Wettbewerbsbedingungen ge...