Rz. 8
Leistungsauslösender Tatbestand für die häusliche Pflege i. S. d. § 24g ist die Notwendigkeit der häuslichen Pflege wegen der Schwangerschaft und der Entbindung. Die häusliche Pflege grenzt sich zur häuslichen Krankenpflege des § 37 dadurch ab, dass der Versicherungsfall Krankheit nicht vorliegt (z. B. bei Schwangerschaftsbeschwerden). Deshalb kann im Rahmen der häuslichen Pflege auch keine Behandlungspflege in Betracht kommen.
Nach der bisherigen herrschenden Auffassung konnte die Leistung i. S. d. § 24g außer bei der Entbindung bzw. wegen der Folgen der Entbindung (z. B. Schwächung der Mutter) nur wegen Schwangerschaftsbeschwerden in Betracht kommen. Schwangerschaftsbeschwerden liegen vor, wenn durch die Schwangerschaft Störungen des Organismus eingetreten sind, die bei Schwangerschaften und im unmittelbaren Zusammenhang mit der Entbindung durchaus üblich sind und über das gewöhnliche Maß nicht hinausgehen (BSG, Urteil v. 15.9.1977, 6 RKa 6/77). Zu den typischen Schwangerschaftsbeschwerden zählen unter anderem Schwangerschaftsdiabetes, Blutarmut (Anämie), Genitalinfektionen, Kreislaufbeschwerden, Muttermundschwäche, psychische Probleme wegen der Schwangerschaft, Rückenschmerzen, Übelkeit und Wadenkrämpfe. Sobald die Schwangerschaftsbeschwerden bzw. die Folgen der Entbindung "Krankheitswert" erreichen, ist nur noch Raum für Leistungen nach § 37.
Der Autor ist der Meinung, dass sich die Abgrenzung nicht an dem Begriff der Schwangerschaftsbeschwerden orientieren sollte. Ist aufgrund eines körperlichen oder seelischen Zustandes, der im inneren Zusammenhang mit der Schwangerschaft oder der Entbindung steht, neben der ärztlichen Betreuung und der Dienstleistungen der Hebamme (§ 24d; z. B. Wochenbettbetreuung) lediglich die Grundpflege (Inhalt vgl. Rz. 3) notwendig, hat die Versicherte einen Anspruch auf die häusliche Pflege i. S. d. § 24g – und zwar auch dann, wenn z. B. die Schwangerschaftsbeschwerden über das gewöhnliche Maß hinaus gehen. Wird jedoch daneben auch die Behandlungspflege erforderlich, wechselt die Anspruchsgrundlage von § 24g zu § 37. Für die Praxis bedeutet das:
- Muss eine schwangere Frau wegen Bindegewebsschwäche dauernd liegen, um eine drohende Fehlgeburt zu vermeiden, kommt nach § 24g nur die allgemeine Grundpflege (Betten, Lagern usw., vgl. Rz. 3), nicht aber die Behandlungspflege (Injektionen, Verbandswechsel, Katheterisierung, Einreibungen, Verabreichung von Einläufen und Spülungen usw.) in Betracht.
- Werden jedoch neben der Grundpflege trotz Leistungen der Hebamme und trotz ärztlicher Betreuung Leistungen der Behandlungspflege notwendig, besteht unter den in § 37 aufgeführten Voraussetzungen Anspruch auf häusliche Krankenpflege. Das gilt auch dann, wenn die Notwendigkeit der Behandlungspflege letztendlich durch die Schwangerschaft/Entbindung begünstigt oder sogar begründet wurde (z. B. Präeklampsie). Das bedeutet dann gleichzeitig, dass von der Versicherten für die Zeit der Behandlungspflege eine Zuzahlung gemäß § 37 Abs. 5 zu entrichten ist (10 % der Kosten sowie 10,00 EUR je Verordnung). Die Grundpflege im Rahmen der häuslichen Pflege (§ 24g) ist dagegen für die Versicherte zuzahlungsfrei (vgl. Rz. 14). Bedarf die Versicherte wegen der Folgen der Schwangerschaft/Entbindung nur der Grundpflege und nicht mehr der Behandlungspflege, lebt der zuzahlungsfreie Anspruch nach § 24g wieder auf.