Rz. 14
Die Grundlagen der Nutzenbewertung hat der pharmazeutische Unternehmer zu erbringen. Abs. 1 Satz 3 verpflichtet ihn, die wesentlichen Daten zum Nutzen vorzulegen, über die er sowieso verfügt. Die Bewertung soll aufgrund dieser Daten erfolgen. Ein erheblicher Zusatzaufwand gegenüber dem bisherigen Verfahren entsteht i. d. R. nicht, da der pharmazeutische Unternehmer auch nach dem bisherigen Recht Stellungnahmen abgeben und eigene Belege übermitteln muss und dies zudem der üblichen Praxis in vielen EU-Mitgliedstaaten entspricht (BT-Drs. 17/2413 S. 20).
Rz. 15
Abs. 1 Satz 3 verpflichtet den pharmazeutischen Unternehmer, die Nachweise (Dossiers) einschließlich aller von ihm durchgeführten oder in Auftrag gegebenen klinischen Prüfungen spätestens zum Zeitpunkt des erstmaligen Inverkehrbringens als auch der Zulassung neuer Anwendungsgebiete des Arzneimittels an den Gemeinsamen Bundesausschuss elektronisch zu übermitteln. Grundsätzlich sind die Zulassungsstudien vorzulegen. Der pharmazeutische Unternehmer muss allerdings einen Zusatznutzen des Arzneimittels gegenüber der Vergleichstherapie belegen. Wenn die Zulassungsstudie hierfür nicht ausreicht, ist er verpflichtet, ergänzende Nachweise vorzulegen. Die Vorlagepflicht des Unternehmers erstreckt sich auf alle ihm bekannten und alle von ihm verantworteten Studien. Die Nachweise müssen insbesondere Angaben enthalten zu
- zugelassenen Anwendungsgebieten,
- medizinischem Nutzen,
- medizinischem Zusatznutzen im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie,
- Anzahl der Patienten und Patientengruppen, für die ein therapeutisch bedeutsamer Zusatznutzen besteht, beziehungsweise Nachweis, ob das Arzneimittel keine therapeutischen Alternativen im Anwendungsgebiet für zu bestimmende Patientengruppen hat, weil die Therapiealternativen medizinisch unzweckmäßig sind,
- Kosten der Therapie für die gesetzliche Krankenversicherung im Sinne von Jahrestherapiekosten,
- Beschreibung der Anforderung an eine qualitätsgesicherte Anwendung.
Rz. 16
Weitere, konkretisierende Angaben zum Inhalt des Dossiers des pharmazeutischen Unternehmers enthält § 4 AM-NutzenV. Nach § 5 Abs. 6 Satz 2 AM-NutzenV ist ferner im Dossier für alle eingereichten Unterlagen darzulegen, auf welcher Evidenzstufe die Nachweise erbracht werden. Die Regelung sieht in Satz 3 insgesamt 7 differenzierende Evidenzstufen vor.
Rz. 17
Das Dossier wird gemäß § 9 Abs. 1 AM-NutzenV gleichzeitig mit der Nutzenbewertung auf der Internetseite des Gemeinsamen Bundesausschusses veröffentlicht, sofern nicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, der Schutz des geistigen Eigentums oder der Schutz personenbezogener Daten dagegensprechen. Im Hinblick auf diese Offenlegung hat der pharmazeutische Unternehmer gemäß § 9 Abs. 2 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Dossier zu kennzeichnen.
Rz. 18
Spätester Zeitpunkt der Vorlage der Unterlagen ist nach Abs. 1 Satz 3 der Zeitpunkt der Meldung an die zuständige Bundesoberbehörde über das Inverkehrbringen nach § 29 Abs. 1b AMG. Das schließt es nicht aus, dass der pharmazeutische Unternehmer diese Unterlagen dem Gemeinsamen Bundesausschuss schon vor diesem Zeitpunkt vorlegen kann. Frühester Zeitpunkt ist hierbei dann der Zeitpunkt der Stellung des Zulassungsantrags bei der Zulassungsbehörde.
Rz. 19
Der pharmazeutische Unternehmer kann auf die Vorlage der Unterlagen verzichten. Den Gemeinsamen Bundesausschuss trifft nach § 5 Abs. 1 Satz 2 AM-NutzenV generell keine Amtsermittlungspflicht (BT-Drs. 17/2413 S. 21). Vielmehr gilt gemäß Abs. 1 Satz 5 dann der Zusatznutzen allerdings als nicht belegt, wenn der pharmazeutische Unternehmer die erforderlichen Nachweise trotz Aufforderung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nicht rechtzeitig oder nicht vollständig vorlegt. Als Konsequenz sah Abs. 5 Satz 1 generell vor, dass der pharmazeutische Unternehmer frühestens ein Jahr nach Veröffentlichung des Beschlusses nach Abs. 3 eine erneute Nutzenbewertung beantragen kann, wenn er die Erforderlichkeit wegen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse nachweist. Der durch das AMVSG nach in Abs. 1 Satz 5 eingefügte Satz 6 eröffnet dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Möglichkeit, die Begriffe "nicht vollständig" und "nicht rechtzeitig" in seiner Verfahrensordnung näher zu konkretisieren. Der Gemeinsame Bundesausschuss kann festlegen, dass nur solche Fälle erfasst sein sollen, in denen ein wesentlicher Teil des Dossiers fehlt, nicht aber Fälle, in denen lediglich für die Bewertung unwesentliche Teile des Dossiers nicht übermittelt wurden. Er kann näher eingrenzen, welche Teile er für wesentlich hält. Ferner kann er auch Bezug auf die Vorschriften zur Einreichung der Unterlagen in seiner Verfahrensordnung nehmen und hinsichtlich des Zeitpunkts beispielsweise festlegen, dass der pharmazeutische Unternehmer innerhalb einer angemessenen Frist fehlende Unterlagen nachzureichen hat. Künftig unterscheidet sich die Rechtsfolge in diesen Fällen von den Fällen, in denen ein Zusatznutzen aufgrund der vollständig eingereichten Unterlagen nic...