Rz. 12
Die Erkenntnis der gesellschaftlichen Entwicklung, dass in der familiären Struktur insbesondere bei Alleinerziehenden, bestimmte krankheitsbedingte Bedarfssituationen weit weniger als in der Vergangenheit aufgefangen werden, war für den Gesetzgeber Anlass, den Leistungsumfang mit dem Krankenhausstrukturgesetz 2015 (vgl. Rz. 2b) zu erweitern. Versicherte erhalten nunmehr gemäß Abs. 1 Satz 3 auch dann Haushaltshilfe ohne ein Kind im Haushalt, wenn ihnen die Weiterführung des Haushalts wegen schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit, insbesondere nach einem Krankenhausaufenthalt, nach einer ambulanten Operation oder nach einer ambulanten Krankenhausbehandlung, nicht möglich ist. Diese Leistung kann nach Abs. 1 Satz 3 längstens für die Dauer von 4 Wochen gewährt werden. Nach Satz 4 verlängert sich der Anspruch nach Satz 3 auf längstens 26 Wochen, wenn im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Anspruchsberechtigt sind damit insbesondere Personen, die bis zum Abschluss des Genesungsprozesses nicht in der Lage sind, sich zu versorgen und den Alltag zu bewältigen, entweder weil sie allein leben oder der Ehegatte oder der Lebenspartner bzw. Verwandte berufstätig sind. Dies trifft insbesondere auch auf Alleinerziehende zu, die aufgrund ihrer Erkrankung oder Verschlimmerung der Erkrankung nicht in der Lage sind, die hauswirtschaftliche Versorgung und Betreuung ihrer Kinder sicherzustellen.
Die gesetzliche Änderung ist im Zusammenhang mit der gleichzeitigen Einführung von § 37 Abs. 1a zu sehen. Nach der bis zu dieser Änderung geltenden Gesetzeslage entstand eine Lücke in der Deckung eines Versorgungsbedarfs, wenn dieser Bedarf die Dauer von 6 Monaten nicht überstieg und deswegen keine Leistung der sozialen Pflegeversicherung in Betracht kam. Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach § 37 konnten bis dahin nur zur Unterstützung der ärztlichen Behandlung entweder als Krankenhausvermeidungspflege oder als Sicherungspflege im Rahmen des ärztlichen Behandlungsplans erbracht werden.
Rz. 12a
Der Anspruch setzt nicht in jedem Fall voraus, dass zuvor eine stationäre oder ambulante Krankenhausbehandlung erfolgt ist. Voraussetzung ist lediglich eine schwere Erkrankung oder die akute Verschlimmerung einer Krankheit, die es dem/der Versicherten unmöglich macht, den Haushalt in wesentlichen Teilen selbstständig zu führen. Das Gesetz definiert nicht, was unter einer schweren Erkrankung zu verstehen ist. Aus dem Regelungszusammenhang und der Intention des Gesetzgebers, die Zeit, in der Personen allein nicht in der Lage sind, sich zu versorgen und den Alltag zu bewältigen, bis zum Abschluss des Genesungsprozesses zu überbrücken (vgl. BT-Drs. 18/6586 S. 101), wird zum einen deutlich, dass eine chronische Erkrankung ebenso wie permanente kognitive Beeinträchtigungen die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. Zum anderen muss die Erkrankung bzw. die akute Verschlimmerung derart ausgeprägt sein, dass sie der eigenständigen Haushaltsführung in den wesentlich dafür notwendigen Teilbereichen entgegensteht. Die Unfähigkeit nur für einzelne Haushaltsbereiche (z. B. Reinigen der Kleidung und/oder Wohnung) reicht nicht aus. Eine Leistungsverschiebung bezüglich der sozialen Pflegeversicherung oder der Eingliederungshilfe soll nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich ausgeschlossen sein.
Rz. 12b
Das PSG III (vgl. Rz. 2c) hat mit Wirkung zum 1.1.2017 den Anspruch nach Abs. 1 Satz 3 auf diejenigen Versicherten beschränkt, die nicht pflegebedürftig mit Pflegegrad 2, 3, 4 oder 5 i. S. d. SGB XI sind. Pflegebedürftigen des Pflegegrads 1 steht der Anspruch auf Leistungen der Haushaltshilfe nach wie vor zu. Der zeitgleich neu eingeführte Abs. 1 Satz 5 begründet allerdings wiederum einen Anspruch auf Haushaltshilfe zur Versorgung der Kinder. Damit ist klargestellt, dass die Pflegebedürftigkeit von Versicherten die Haushaltshilfe nach den Sätzen 3 und 4 zur Versorgung des Kindes nicht ausschließt. Dies ist konsequent, weil Leistungen nach dem SGB XI nur die hauswirtschaftliche Versorgung der Versicherten betreffen (vgl. hierzu amtliche Begründung in BT-Drs. 18/10510 S. 130).