Rz. 3
§ 44a befasst sich mit dem Krankengeld, das der Lebensspender wegen einer spendenbedingten Arbeitsunfähigkeit beanspruchen kann. Erleidet nämlich ein Lebendspender von
- Körperorganen (z. B. Nieren, Teile der Leber oder andere nicht regenerierungsfähige Organe),
- Körpergeweben (z. B. Muskelgewebe, Knochenmark) oder
- Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen (z. B. Blutstammzellspende mittels Aphereseverfahren)
wegen einer spendenbedingten Arbeitsunfähigkeit einen Verdienstausfall, erhält er bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen von der Krankenkasse des konkreten Spendenempfängers Krankengeld nach § 44a. Dadurch soll die finanzielle Absicherung des Lebendspenders verbessert und der Anreiz für eine Spendenbereitschaft erhöht werden. Eingeschlossen sind auch Ausfallzeiten des potenziellen Spenders wegen erforderlicher Vor- oder Nachuntersuchungen – und zwar auch dann, wenn es nicht zur Spende kommt bzw. kam.
Rz. 4
Entsteht ein Verdienstausfall im Zusammenhang mit einer spendenbedingten Untersuchung, ohne dass diese selbst eine Arbeitsunfähigkeit bedingt, ist aus Anlass des ausgefallenen Nettoverdienstes kein Krankengeld zu zahlen. § 27 Abs. 1a Satz 2 verweist nämlich hinsichtlich des Verdienstausfallersatzes auf den Krankengeldanspruch nach § 44a – und § 44a fordert für die Zahlung von Krankengeld ausdrücklich das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit.
Rz. 5
Das bei Arbeitsunfähigkeit zu zahlende Krankengeld nach § 44a wird in der Praxis auch als "Spender-Krankengeld", "Transplantationskrankengeld" oder "Transfusionskrankengeld" bezeichnet. Im weiteren Text dieser Kommentierung wird vereinfacht von Spende bzw. Spender gesprochen und das Wort "Spender-Krankengeld" verwendet.
Rz. 6
Das Spender-Krankengeld wird
- bei Arbeitnehmern in Höhe von 100 % des ausgefallenen regelmäßigen Nettoarbeitsentgelts bzw.
- bei selbständig Tätigen in Höhe von 100 % des ausgefallenen Bruttoarbeitseinkommens
gezahlt. Damit ist dieses Krankengeld teils erheblich höher als das bei spendenunabhängiger Arbeitsunfähigkeit zu zahlende Krankengeld (vgl. 47 Abs. 1).
Allerdings gibt es eine Einschränkung: Das kalendertägliche Spender-Krankengeld ist in der Höhe auf den für den Kalendertag entfallenden Teil der in der Krankenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze begrenzt (§ 44a Satz 2). In dem Jahr 2024 beträgt somit das höchstmögliche Krankengeld für den Spender 172,50 EUR je Kalendertag (vgl. Rz. 58).
Rz. 7
Der Anspruch auf Zahlung des Spender-Krankengeldes richtet sich ausschließlich gegen die Krankenkasse des Spendenempfängers (Rz. 14 f.). Das Krankengeld des Spenders ist somit eine Nebenleistung der dem Organempfänger zugutekommenden Hauptleistung und wird als Teil der Krankenbehandlung für den Spendenempfänger behandelt. Es ist also egal, ob und bei welcher gesetzlichen Krankenkasse der Spender versichert ist.
Ist der Spendenempfänger privat krankenversichert, ist sein privates Krankenversicherungsunternehmen leistungs- bzw. erstattungspflichtig (vgl. Rz. 81).
Rz. 8
Bei Arbeitnehmern ist das Krankengeld nach § 44a nur zu zahlen, wenn der gesetzlich geregelte Anspruch auf Entgeltfortzahlung, der auch bei Spenden begründet ist (unverschuldete Arbeitsunfähigkeit; vgl. § 3a EFZG), nicht (mehr) besteht (vgl. Rz. 65 ff.).
Rz. 9
Solange der Spender einen Anspruch auf Krankengeld nach § 44a hat, ist dessen Anspruch auf das "normale", bei Arbeitsunfähigkeit zu zahlende Krankengeld i. S. d. § 44 ausgeschlossen (§ 44a Satz 4 HS 2). Das Krankengeld nach § 44a wird auch nicht auf die Krankengeldhöchstanspruchsdauer nach § 48 angerechnet (Folge aus § 44a Satz 4 HS 1).
Rz. 10
Treten wegen der Spende Komplikationen auf und verlängert sich dadurch die Arbeitsunfähigkeit des Spenders im Vergleich zu einem komplikationslosen Verlauf, wird der Anspruch auf Krankengeld nach § 44a durch die Zahlung von Verletztengeld verdrängt, weil spendenbedingte gesundheitliche Komplikationen beim Lebendspender als Versicherungsfall i. S.d. gesetzlichen Unfallversicherung gelten (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. b i. V. m. § 12a SGB VII).
Gleiches gilt, wenn wegen der Spende Folgeerkrankungen entstehen und zur Arbeitsunfähigkeit führen (Einzelheiten vgl. Rz. 63).