Rz. 85

Für die Verordnung von Arzneimitteln im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung gilt der allgemeine Wirtschaftlichkeitsgrundsatz, der den Vertragsarzt verpflichtet, unter gleich wirksamen Arzneimitteln das preisgünstigste zu verordnen. In der Praxis existieren schon lange Vergleichslisten, die dem Vertragsarzt als Orientierungshilfen dienen. Der damals zuständige Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen, der inzwischen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss abgelöst worden ist, hatte bereits mit Wirkung zum 1.4.1999 Arzneimittel-Richtlinien verabschiedet, die härtere und präzisere Regeln für die wirtschaftliche Verordnungsweise und einen darauf gründenden Verordnungsausschluss bzw. eine Verordnungseinschränkung für bestimmte Arzneimittel vorsahen. Durch Beschluss des LG Hamburg v. 31.3.1999 war die Veröffentlichung jedoch untersagt worden, sodass diese Richtlinien nicht rechtswirksam geworden sind. Der Gesetzgeber, der unbedingt eine Neuordnung des für die gesetzliche Krankenversicherung gültigen Arzneimittelbereichs anstrebt, hatte mit Wirkung zum 1.1.2000 in § 71 die Kompetenzen der Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen, insbesondere die Rechtswirkung der Beschlüsse und der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses abgesichert. Die Richtlinie über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie – AM-RL, i. d. F. v. 18.12.2008/22.1.2009, veröffentlicht im BAnz 2009 Nr. 49a) ist zuletzt am 16.5.2019 geändert worden und gilt ab 16.5.2019 (veröffentlicht im BAnz AT 31.5.2019 B2).

 

Rz. 86

Der Vertragsarzt bestimmt und verantwortet im Übrigen das Arzneimittel einschließlich Verordnungsmenge und Preis. Nach § 9 Abs. 1 Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) hat die Verordnung von Arzneimitteln den Regeln der ärztlichen Kunst und den Grundsätzen einer rationalen Arzneimitteltherapie zu entsprechen. Arzneimittel mit nicht ausreichend gesichertem therapeutischen Nutzen dürfen nicht zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Der therapeutische Nutzen i. S. der Richtlinie besteht in einem nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse relevanten Ausmaß der Wirksamkeit bei einer definierten Indikation. Die arzneimittelrechtliche Zulassung ist dabei eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für die Verordnungsfähigkeit in der vertragsärztlichen Versorgung. Vor der Verordnung von Arzneimitteln ist nach § 8 Abs. 3 AM-RL zu prüfen, ob

  1. eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt,
  2. angesichts von Schweregrad der Gesundheitsstörung Maßnahmen i. S. einer gesundheitsbewussten Lebensführung ausreichend sind,
  3. anstelle der Verordnung von Arzneimitteln nichtmedikamentöse Therapien in Betracht zu ziehen sind,
  4. angesichts von Art und Schweregrad der Gesundheitsstörung eine Arzneimittelverordnung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung medizinisch notwendig ist und
  5. angesichts von Art und Schweregrad der Gesundheitsstörung und der bei ihrer Behandlung zu erwartenden therapeutischen Effekte zweckmäßige und wirtschaftliche Arzneimittel zur Verfügung stehen,
  6. bei alkoholhaltigen Arzneimitteln zur oralen Anwendung insbesondere bei Kindern sowie bei Personen mit Lebererkrankungen, mit Alkoholkrankheit, mit Epilepsie, mit Hirnschädigung oder Schwangeren alkoholfreie Arzneimittel zur Verfügung stehen, die zur Behandlung geeignet sind.

Verordnet der Vertragsarzt ein bestimmtes Arzneimittel, muss der Apotheker dieses abgeben (§ 11 Abs. 3 AM-RL). Seit Inkrafttreten des Arzneimittelausgaben-Begrenzungsgesetzes ist Regelfall geworden, dass der Apotheker anstelle des verordneten Arzneimittels ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel aussucht (Aut idem-Regelung). Will der Vertragsarzt, dass im Einzelfall nur ein bestimmtes Arzneimittel abgegeben werden soll, muss er jetzt auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz kennzeichnen, dass die Aut idem-Regelung ausgeschlossen ist (vgl. § 73 Abs. 5 Satz 2).

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