Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 11
Finden die Krankenkassen in dem Bezirk einer KV keinen Vertragspartner, der die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllt, haben sie zur flächendeckenden Sicherstellung des Angebots nach Abs. 1 Verträge mit einem oder mehreren der in Satz 4 genannten Vertragspartner zu schließen. Das Besondere hierbei ist, dass kein Anspruch auf einen Abschluss besteht und die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots auszuschreiben ist (Satz 5), was auf praktische Schwierigkeiten stoßen wird. Allgemein ist davon auszugehen, dass eine Ausschreibung für Verträge mit qualifizierten Gemeinschaften (Satz 1), das sind die primären Vertragspartner, nicht erfolgen wird, weil die Krankenkassen im Fall des Abs. 1 keine Auswahlmöglichkeiten haben (Klückmann, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 73b Rz. 14).
Rz. 12
Ist der Vertrag mit einer Gemeinschaft der Allgemeinmediziner geschlossen oder geht es um die HzV von Kindern und Jugendlichen, können Versorgungsverträge auch mit anderen Leistungserbringern abgeschlossen werden wie z. B. mit
- Allgemeinmedizinern, die sich nicht von der Gemeinschaft vertreten lassen,
- hausärztlich tätigen Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung,
- Kinder- und Jugendärzten,
- Gemeinschaften dieser Leistungserbringer,
- Trägern von Einrichtungen, die eine HzV durch vertragsärztliche Leistungserbringer anbieten, welche an der hausärztlichen Regelversorgung teilnehmen (Managementgesellschaften) oder
- einer KV, soweit die Gemeinschaften der vertragsärztlichen Leistungserbringer die KV zum Vertragsabschluss ermächtigt haben.
Es handelt sich um nachrangige Verträge. Die KV hat kein originäres Recht zum Vertragsabschluss, sondern muss sich von einem Berufsverband ermächtigen lassen. Damit können die KVen die Verhandlungen nicht an sich ziehen. Sie schließen nach einer Ermächtigung den Vertrag in eigenem Namen für die Gemeinschaft (Matthäus, in: jurisPk-SGB V, § 73b Rz. 66). Das Wort Ermächtigung spricht gegen eine Mandatierung (Klückmann, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 73b Rz. 13a).
Rz. 13
Die Worte in Abs. 4 Satz 3 "können abgeschlossen werden" stellen es in das Ermessen der einzelnen Krankenkasse, ob sie über den Vertrag nach Abs. 4 Satz 1 hinaus einen weiteren Versorgungsvertrag zur Durchführung der HzV schließen will bzw. schließen muss, weil z. B. die flächendeckende Sicherstellung bisher nicht erreicht ist oder weil die HzV von Kindern und Jugendlichen, welche bei einer Krankenkasse versichert sind und häufig in ärztlicher Behandlung stehen, einen speziell auf diese Versicherten bezogenen hausarztzentrierten Versorgungsvertrag erfordern.
Diese nachrangigen Versorgungsverträge können aber auch abgeschlossen werden, wenn die Krankenkassen im Bezirk einer KV keinen Vertragspartner finden, der mindestens die Hälfte der im KV-Bezirk zugelassenen Allgemeinmediziner vertritt, oder wenn ein solcher Vertragspartner zum Vertragsabschluss mit einer bestimmten Krankenkasse nicht bereit sein sollte. In diesen Fällen kann die Krankenkasse unter den vorgenannten Leistungserbringern wählen, mit wem bzw. mit wie vielen Leistungserbringern sie hausarztzentrierte Verträge schließen möchte (vgl. schon Rz. 11).
Ihre Entscheidung hängt aber immer u. a. davon ab, dass die HzV flächendeckend anzubieten ist und, falls mehrere Leistungserbringer für die HzV infrage kommen, dass die Krankenkasse ihre Aufforderung zur Abgabe eines Angebots unter Bekanntgabe objektiver Auswahlkriterien auszuschreiben hat. Anders als die Gemeinschaft der Allgemeinmediziner haben Managementgesellschaften i. S. d. Nr. 3 oder eine ermächtigte KV i. S. d. Nr. 4 keinen eigenen Rechtsanspruch auf Vertragsabschluss, sodass sie deshalb auch kein Schiedsverfahren anstreben können. Im Fall einer KV könnten aber die sie ermächtigenden Gemeinschaften der Leistungserbringer selbst den Rechtsanspruch auf den Vertragsabschluss geltend machen, weil sie nach Nr. 4 zu den unter Nr. 2 aufgeführten potenziellen Vertragspartnern gehören.
Rz. 14
Eine Vorlagepflicht der Verträge über die HzV bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, wie sie nach § 71 zur Beachtung des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität z. B. für den kollektiven Vertrag über hausärztliche Versorgung nach § 73 besteht, gab es anfangs ebenfalls nicht, wohl auch, um die neue Versorgungsstruktur erst einmal in Gang zu bringen und nicht von Anfang an durch aufsichtsrechtliche Kontrollmaßnahmen zu verzögern. Gleichwohl war es in der Folgezeit insbesondere den mitgliedermäßig erstarkten Landesverbänden des Deutschen Hausärzteverbandes e. V. gelungen, als Gemeinschaften der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte i. S. d. Abs. 4 Satz 1 mit einzelnen Krankenkassen in einigen Bundesländern solche Zusatzvergütungen für die HzV zu vereinbaren, die über Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen weit hinausgingen und schließlich sogar zu Beitragserhöhungen hätten führen können.
Rz. 15
Die mit Wirkung zum 22.9.2010 gültige Fassung des Abs. 8 unterstreicht, dass die Vergütungen für Leistungen der HzV, die über die Leistungen der hau...