2.1 Arzneimittelvereinbarung (Abs. 1)

 

Rz. 16

Der Abs. 1 regelt die Verpflichtung zum Abschluss einer Arzneimittelvereinbarung mit zeitlichen Vorgaben. Die Überschreitung des 30.11. bei einer späteren Veröffentlichung ist irrelevant. Es kommt allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses an (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 12.2.2007, L 10 B 35/06 KA ER). Der eigentliche Inhalt der verpflichtenden Vereinbarung ist in Satz 2 aufgeführt. Satz 4 enthält eine Mitteilungspflicht zum Ausgabenvolumen an den Bund der Krankenkassen. Satz 5 öffnet die Möglichkeit für abweichende oder über Satz 2 hinausgehende Regelungen. Darin wird eine Verstärkung des Wettbewerbs unter den Krankenkassen gesehen (Schröder, in: BeckOGK SGB V, § 84 Rz. 2). Die regionale Arzneimittelvereinbarung dient nach Abs. 1 Satz 1 zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Leistungen nach § 31, was hier gleichbedeutend ist mit der gesetzlich gebotenen Qualität und der ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung, die über die Steuerung der Ausgabenentwicklung der Leistungen nach § 31 umgesetzt werden.

 

Rz. 17

Die Übertragung der Steuerung der Ausgabenentwicklung der nach § 31 veranlassten Leistungen auf die gemeinsame Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen wird daran deutlich, dass nach Abs. 1 für jeden der 17 KV-Bereiche bis zum 30.11. für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit allen nach § 31 von den Vertragsärzten veranlassten Leistungen zu schließen ist. Die Arzneimittelvereinbarung umfasst nach Satz 2 das Ausgabenvolumen der verordneten bzw. veranlassten Leistungen nach § 31, die Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele sowie Kriterien für Sofortmaßnahmen, falls das vereinbarte Ausgabenvolumen während des laufenden Kalenderjahres überschritten werden sollte. Aufgrund dieser unbestimmten Parameter, welche die Partner auf Landesebene auf der Grundlage der Rahmenvorgaben der Bundesebene (vgl. Abs. 7) erst im Rahmen ihrer schriftlichen Arzneimittelvereinbarung konkretisieren, wird die Ausgabenentwicklung der nach § 31 von Vertragsärzten verordneten Leistungen i. S. einer qualitativ vollwertigen, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse (vgl. § 72 Abs. 2) im folgenden Kalenderjahr gesteuert.

 

Rz. 18

Für diese prospektive Arzneimittelvereinbarung besteht nach der eindeutigen Formulierung des Abs. 1 Satz 1 (vgl. "treffen") Abschlusszwang, d. h., im Nichteinigungsfall würde statt der Partner das Schiedsamt nach § 89 entscheiden (vgl. Abs. 1 Satz 3). Aus der vertragsärztlichen Schiedsamtsregelung nach § 89 ist dabei der Verfahrensgrundsatz übernommen worden, dass die bisherige, auf das Kalenderjahr bezogene Vereinbarung grundsätzlich solange weiter gilt, bis eine neue Vereinbarung abgeschlossen oder im Wege einer schiedsamtlichen Entscheidung festgesetzt worden ist. Damit kann bei der gemeinsamen Arzneimittelvereinbarung in einem KV-Bereich kein vertragsloser Zustand eintreten, egal aus welchen Gründen eine neue Vereinbarung bisher nicht zustande gekommen ist.

 

Rz. 19

Partner der Arzneimittelvereinbarung sind auf Krankenkassenseite die für den jeweiligen KV-Bereich zuständigen Landesverbände der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, die nach § 212 Abs. 4 für die knappschaftliche Krankenversicherung die Aufgaben eines Landesverbandes wahrnimmt. Bei der Verhandlung über das Zustandekommen der Arzneimittelvereinbarung sind die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen zu gemeinsamem und einheitlichem Handeln verpflichtet (vgl. Abs. 1 Satz 1), sodass nach Kassenarten unterschiedliche Arzneimittelvereinbarungen in einem KV-Bereich nicht vorkommen können. Im Konfliktfall auf Krankenkassenseite würde die Mehrheitsentscheidung auf Landesebene nach § 211a zum Zuge kommen. Für die Ersatzkassen, die keine Landesverbände kennen, handelt bei gemeinsam und einheitlich abzuschließenden Verträgen auf Landesebene ein gemeinsam bestellter Bevollmächtigter mit Abschlussbefugnis (vgl. § 212 Abs. 5).

Andererseits ist die KV Partnerin, für deren Bereich die Arzneimittelvereinbarung geschlossen werden soll. Diese im Vertragsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung bekannte Rechtskonstruktion bewirkt, dass die Arzneimittelvereinbarung automatisch die Krankenkassen/Ersatzkassen bindet, die den vertragschließenden Landesverbänden der Krankenkassen angehören bzw. im Ersatzkassenbereich auf Landesebene durch den Bevollmächtigten vertreten werden, und parallel für die Vertragsärzte bzw. angestellten Ärzte in zugelassenen medizinischen Versorgungszentren und ermächtigten ärztlichen Einrichtungen gilt, die der vertragschließenden KV als Mitglieder angehören, für die nach § 95 Abs. 3 und 4 die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung verbindlich sind. Damit sind auch die ärztlichen Leistungserbringer an ...

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