Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 44
Vergütungen für Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen/-zahnärztlichen Versorgung sind vom Ausgabenvolumen des Abs. 2 Satz 2 ausgenommen, ebenso ärztliche/zahnärztliche Leistungen oberhalb der ausreichenden, notwendigen, zweckmäßigen, in fachlich gebotener Qualität geleisteten und wirtschaftlich erbrachten vertrags(zahn)ärztlichen Leistungen. Diese Mehrleistungen gehören nicht zur vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung und werden, falls der Versicherte diese Leistungen nach korrekter Aufklärung durch den Vertragsarzt wünscht, zwischen dem Versicherten und dem Vertragsarzt vor der Erbringung grundsätzlich schriftlich vereinbart und als Privatleistungen unmittelbar mit dem Patienten abgerechnet. In der Regel handelt es sich um individuelle Gesundheitsleistungen (sog. IGEL-Leistungen), die in dem anstehenden Behandlungsfall nicht notwendig sind oder nicht zu den in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Nr. 4 aufgeführten Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten gehören, aber gleichwohl vom Vertragsarzt angeboten und vom Patienten nach entsprechender Aufklärung gewünscht werden können. Dazu gehören z. B. Augeninnendruckmessung, Ultraschallscreening oder PSA-Test. Erforderlich ist eine vorherige sorgfältige Aufklärung über den Nutzen und eine damit einhergehende freie Entscheidung des Patienten. Eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen kommt für IGEL-Leistungen, die öfter in der ärztlichen, aber auch in der zahnärztlichen Versorgung vorkommen können, grundsätzlich nicht in Betracht, sodass die vertrags(zahn)ärztliche Gesamtvergütung nicht tangiert ist. Der Versicherte sollte sich aber ggf. von seiner Krankenkasse beraten lassen, bevor er die Privatvereinbarung mit seinem Vertrags(zahn)arzt unterschreibt, weil alle notwendigen ärztlichen oder zahnärztlichen Leistungen im Krankheitsfall von seiner Krankenkasse übernommen werden und er die IGEL-Leistungen zu den (höheren) Sätzen der privat(zahn)ärztlichen Gebührenordnung zu zahlen hat. Dabei kann auch geprüft werden bzw. ist zu berücksichtigen, dass nach § 128 Abs. 5a Vertragsärzte gegen ihre vertragsärztlichen Pflichten verstoßen, wenn sie Versicherte zur Inanspruchnahme einer privatärztlichen Versorgung anstelle der ihnen zustehenden Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beeinflussen. Dies gilt auch für Vertragszahnärzte. Die im aktuellen Krankheitsfall nicht notwendige ärztliche/zahnärztliche Leistung schließt aber nicht zwangsläufig aus, dass die angebotene ärztliche/zahnärztliche IGEL-Leistung für den einzelnen Patienten durchaus sinnvoll sein kann. Manche Vertragsärzte bzw. -zahnärzte sehen allerdings in IGEL-Leistungen, die gelegentlich sogar medizinisch unwirksam oder umstritten sind oder für den Patienten nicht den erhofften medizinischen Erfolg bringen, die Möglichkeit, ihr im Durchschnitt ohnehin nicht geringes Einkommen aufzubessern.