Prof. Dr. Volker Wahrendorf
Rz. 73
Die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie – HilfsM-RL) in der Neufassung v. 21.12.2011/15.3.2012, zuletzt geändert am 22.11.2019, ist mit Wirkung zum 15.2.2020 in Kraft getreten. Zur Abgabe der Stellungnahme berechtigt sind nach Abs. 7a die in § 127 Abs. 9 Satz 1 genannten Organisationen der Leistungserbringer und die Spitzenorganisationen der betroffenen Hilfsmittelhersteller auf Bundesebene. Der mit Wirkung zum 11.5.2019 eingeführte Verweis auf § 127 Abs. 9 Satz 1 ist wegen der in § 127 erfolgten Umstellung der Absätze redaktionell angepasst worden.
Rz. 74
Als zur Stellungnahme berechtigte Organisationen hat der Gemeinsame Bundesausschuss die Bundesinnung der Hörgeräteakustiker (BIHA), den Bundesverband für Hörgeräte-Industrie e. V., den Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik, den Zentralverband Orthopädieschuhtechnik (ZVOS) – Bundesinnungsverband, den Bundesverband Medizintechnologie e. V., den Deutschen Apothekerverband e. V., die Europäische Herstellervereinigung für Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel (eurocom), SPECRARIS. Deutscher Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische Technologien e. V. und den Zentralverband der Augenoptiker (ZVA) – Bundesinnungsverband anerkannt.
Rz. 75
Im Abschnitt Allgemeines der Richtlinie sind das Ziel, die Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der med. Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln, und die Verbindlichkeit der Richtlinie für die Versicherten, die Krankenkassen und die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen und Leistungserbringer geregelt.
Nach der Begriffsbestimmung "Hilfsmittel" sind die gemäß den gesetzlichen Bestimmungen zu den Hilfsmitteln gehörenden Sehhilfen, Hörhilfen, Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel einschließlich der Zubehörteile aufgeführt, ohne die die Basisprodukte nicht oder nicht zweckentsprechend betrieben werden können.
Rz. 76
Hilfsmittel sind nur verordnungsfähig, wenn sie im Einzelfall erforderlich sind, den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens auszugleichen. Zulasten der Krankenkassen können Hilfsmittel nicht verordnet werden, wenn es sich um Leistungen
- zur Teilhabe am Arbeitsleben,
- zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft,
- der gesetzlichen Rentenversicherung,
- der gesetzlichen Unfallversicherung,
- nach dem Bundesversorgungsgesetz oder
- der sozialen Pflegeversicherung (Pflegehilfsmittel), die im Rahmen der stationären Pflege durch den Träger der Pflegeeinrichtung vorzuhalten sind, handelt.
Rz. 77
Neben Ausführungen zum Hilfsmittelverzeichnis (§ 139), welches bei der Hilfsmittelabgabe auch bezüglich der Qualitätsanforderungen an die Produkte und die zusätzlich zu erbringenden Leistungen zu beachten ist, sind in der Richtlinie Maßgaben der Krankenkassen (z. B. Möglichkeit der leihweise Überlassung des Hilfsmittels), allgemeine Verordnungsgrundsätze (z. B. dass der Vertragsarzt sich vor Verordnung des Hilfsmittels vom Zustand des Versicherten überzeugt und sich erforderlichenfalls über die persönlichen Lebensumstände informiert hat und dass die Notwendigkeit der Verordnung sich nicht allein aus der Diagnose ergibt, sondern unter Gesamtbetrachtung der funktionellen Störungen, der Beeinträchtigung der Aktivitäten, der noch verbliebenen Aktivitäten auf der Grundlage realistischer, für den Versicherten alltagsrelevanter Anforderungen zu ermitteln ist oder dass die Verordnung ausgeschlossen ist, wenn das Hilfsmittel Bestandteil einer neuen, nicht anerkannten Behandlungsmethode ist), Ausführungen zum Verordnungsinhalt (z. B. Bezeichnung des Hilfsmittels ggf. nach Maßgabe des Hilfsmittelverzeichnisses, Verwendung des vereinbarten Vordruckmusters mit Angabe aller für die individuelle Versorgung oder Therapie notwendigen Einzelangaben), zur Abgabe (z. B. Prüfung, ob Änderung oder Ergänzung der Hilfsmittelversorgung notwendig ist, falls der Lieferant den Vertragsarzt informiert, dass das Versorgungsziel nicht erreicht werden kann oder der Versicherte in vorab nicht einschätzbarer Weise auf das Hilfsmittel reagiert) und ärztlichen Abnahme von Hilfsmitteln (z. B. Prüfung durch den Vertragsarzt, ob das abgegebene Hilfsmittel seiner Verordnung entspricht und den vorgesehenen Zweck erfüllt) sowie Informationspflichten (z. B. notwendige Information des Versicherten durch Vertragsarzt und Krankenkasse über die relevanten Regelungen der Richtlinie wie Anpassung des Hilfsmittels, Unterweisung im Gebrauch des Hilfsmittels) enthalten. Im Anschluss daran enthält die HilfsM-RL die Besonderheiten zur Verordnung von Sehhilfen (Abschnitt B) und Hörhilfen (Abschnitt C).