Rz. 77
Ebenso wie der Pflegebereich Nr. 1 („Mobilität“) ist der Pflegebereich Nr. 4 („Selbstversorgung“) inhaltlich mit den vom bisherigen Begutachtungsinstrument erfassten Bereichen des § 14 Abs. 4 Nr. 1 und Nr. 2 i. d. F. bis zum 31.12.2016 vergleichbar. Sowohl im Rahmen der individuellen Pflegeplanung als auch im Hinblick auf die Begutachtung des Schweregrads der Beeinträchtigung der Selbständigkeit bzw. der (verbliebenen) Fähigkeiten kommt dem Pflegebereich der Selbstversorgung eine zentrale Bedeutung zu. Nach Maßgabe der Anlage 1 zu § 15 ist er mit einer Gewichtung von 40 % zu berücksichtigen.
Rz. 78
Wesentliches Beurteilungskriterium ist hier – wie z. B. auch im Rahmen des Pflegebereichs "Mobilität" –, ob die betroffene Person die jeweilige Verrichtung praktisch durchführen kann und in welchem Maße eine selbständige Umsetzung möglich ist. Zu differenzieren ist auch hier zwischen einer vollständigen Selbständigkeit, einer jedenfalls überwiegenden Selbständigkeit, einer überwiegenden Unselbständigkeit und einer vollständigen Unselbständigkeit. Ebenso ist es unerheblich, ob die Beeinträchtigungen der Selbständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer oder mentaler Funktionen bestehen oder ob Teilaspekte bereits in anderen Modulen bzw. Pflegebereichen berücksichtigt worden sind (Begutachtungs-Richtlinien S. 52).
Rz. 79
Im Rahmen dieses Pflegebereichs sind ggf. vorab besondere Bedarfsaspekte zu erfassen. So ist anzugeben, ob die Ernährung parenteral z. B. über einen Port, über eine perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG), eine perkutane endoskopische Jejunostomie (PEJ) oder eine nasale Magensonde, sowie ob sie über Pumpe, Schwerkraft oder als Bolusgabe erfolgt (Begutachtungs-Richtlinien S. 51).
Rz. 80
Darüber hinaus ist vorab festzustellen, ob Harn- und/oder Stuhlinkontinenz gegeben ist. Liegt eine Inkontinenz nicht vor, erfolgt insoweit keine weitere Bewertung.
Rz. 81
Im Rahmen dieser Vorabfeststellung ist maßgeblich, ob die Person Harndrang zu verspüren und sich so rechtzeitig zu äußern vermag, dass die Blasenentleerung geregelt werden kann. Dabei ist jegliche Art von unwillkürlichem Harnabgang zu berücksichtigen, unabhängig von der Ursache. Zu erfassen ist also vorrangig die Kontrolle der Blasenentleerung, die Steuerung der Blasenentleerung, die Vermeidung unwillkürlicher Harnabgänge, wobei dies im Bedarfsfall mit personeller Hilfe erfolgen kann. Die ggf. erforderliche Tätigkeit der Einmalkatheterisierung ist hingegen nicht unter diesem Bereich, sondern unter dem insoweit spezielleren Punkt F 4.5.10 ("Regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden") zu berücksichtigen. Hier ist lediglich anzugeben, ob und in welchem Umfang daneben eine Inkontinenz besteht (vgl. Begutachtungs-Richtlinien S. 51).
Dabei ist wie folgt zu differenzieren:
Rz. 82
Ständig kontinent: Keine unwillkürlichen Harnabgänge.
Überwiegend kontinent: Maximal einmal täglich unwillkürlicher Harnabgang oder Tröpfcheninkontinenz.
Überwiegend inkontinent: Mehrmals täglich unwillkürliche Harnabgänge, aber gesteuerte Blasenentleerung ist noch teilweise möglich.
Komplett inkontinent: Die Person ist komplett harninkontinent. Gesteuerte Blasenentleerung ist nicht möglich.
Rz. 83
Auch bezüglich einer etwaig vorliegenden Stuhlinkontinenz ist zu hinterfragen, ob die Person Stuhldrang zu verspüren und sich so rechtzeitig zu äußern vermag, dass die Darmentleerung – ggf. mit personeller Hilfe – geregelt werden kann. Zu bewerten ist auch hier lediglich die Fähigkeit, unwillkürliche Stuhlabgänge zu vermeiden (vgl. Begutachtungs-Richtlinien S. 52). Ähnlich wie bei der vorstehend aufgeführten Harninkontinenz ist wie folgt abgestuft zu bewerten:
Ständig kontinent: Keine unwillkürlichen Stuhlabgänge.
Überwiegend kontinent: Die Person ist überwiegend stuhlkontinent, gelegentlich unwillkürliche Stuhlabgänge oder nur geringe Stuhlmengen, sogenannte Schmierstühle.
Überwiegend inkontinent: Die Person ist überwiegend stuhlinkontinent, selten gesteuerte Darmentleerung möglich.
Komplett inkontinent: Die Person ist komplett stuhlinkontinent, gesteuerte Darmentleerung ist nicht möglich.
Rz. 84
Sofern einer Kontrolle des Harn- oder Stuhldrangs nicht mehr möglich oder aus anderen Gründen bereits eine entsprechende Katheterisierung erfolgt ist, bedarf es alternativ dieser Angabe. Hinzuzufügen ist dabei, ob – bzgl. der Harnentleerung – ein suprapubischer oder transurethraler Dauerkatheter oder Urostoma bzw. ob – bzgl. der Stuhlentleerung – ein Colo-, Ileostoma vorhanden ist (Begutachtungs-Richtlinien S. 52). Diese Feststellungen sind maßgeblich, um etwaige weitergehende Bewertungen u. a. zu F 4.4.11 (Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma) und zu F 4.4.12 (Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma) vornehmen zu können.
Die im Bereich Selbstversorgung aufgeführten Pflegekriterien werden wie folgt konkretisiert bzw. definiert:
Rz. 85
- Waschen des vorderen Oberkörpers (F 4.4.1)
Zu beurteilen ist insow...