0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Diese Vorschrift wurde durch Art. 1 PflegeVG v. 26.5.1994 (BGBl. I S. 1014) eingeführt und ist am 1.1.1995 in Kraft getreten. Abs. 1 Satz 3 wurde wegen der durch das 1. SGB XI-ÄndG vorgenommenen Umgestaltung des § 43 redaktionell hinsichtlich der Verweisung auf diesen durch Art. 1 Nr. 7 des 1. SGB XI ÄndG v. 14.6.1996 (BGBl. I 830) geändert. In Abs. 1 Satz 2 wurde durch Art. 20 Nr. 8 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen v. 19.6.2001 (BGBl. I S. 1046) der Begriff "Behinderte" durch "behinderte Menschen" ersetzt.
Abs. 2 Satz 1 bis 3 wurden wegen wiederholter Umgestaltung von Zuständigkeit und Bezeichnung des verantwortlichen Bundesministeriums redaktionell angeglichen durch die Siebente ZuständigkeitsanpassungsVO v. 29.10.2001 (BGBl. I S. 2785), die Achte ZuständigkeitsanpassungsVO v. 25.11.2003 (BGBl. I S. 2304) sowie durch die Neunte ZuständigkeitsanpassungsVO v. 31.10.2006 (BGBl. I S. 2407).
Abs. 1 Satz 1 bis 3 wurden durch Art. 8 Nr. 5 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) v. 26.3.2007 (BGBl. I S. 378) mit Wirkung zum 1.7.2008 zu dem Zweck überarbeitet, die geänderte Organisationsstruktur der Verbände der Kranken- und Pflegekassen zu berücksichtigen sowie die Zielsetzung der Regelung deutlicher zu fassen (BT-Drs. 16/3100 S. 445).
1 Allgemeines
Rz. 2
Diese Vorschrift enthält nicht nur eine Ermächtigung, sondern eine zwingende Verpflichtung zum Erlass von Richtlinien durch den Spitzenverband Bund der Pflegekassen. Damit bundesweit eine einheitliche Rechtsanwendung hinsichtlich der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit (§ 14), der Abgrenzung der Pflegestufen (§ 15), des Verfahrens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (§ 18) und der Beurteilung von Härtefallregelungen (vgl. § 36, Abs. 4 und § 43 Abs. 3) erreicht wird, schreibt § 17 den Erlass von bundesweiten Richtlinien vor, die bei der Anwendung und Auslegung des Gesetzes zu beachten sind, den Pflegekassen verbleibt insofern kein eigener Regelungsspielraum .
Rz. 3
Im Zusammenhang mit der Feststellung der Pflegebedürftigkeit und der Zuordnung zu einer bestimmten Pflegestufe ergeben sich zwischen den Pflegekassen durch § 18 und dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) vielfältige Beziehungen. So ist den Pflegekassen zwingend vorgeschrieben, durch den MDK prüfen zu lassen, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welche Stufe der Pflegebedürftigkeit vorliegt. Der MDK wiederum ist verpflichtet, das Ergebnis seiner Begutachtung der Pflegekasse mit ergänzenden Hinweisen mitzuteilen (§ 18 Abs. 6). Dieses Beziehungsgeflecht erfordert eine Reglementierung der gegenseitigen Rechte und Pflichten in Richtlinien.
Rz. 4
Im Einzelnen hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen unter Beteiligung des MDK aufgrund dieser Vorschrift folgende Richtlinien erlassen:
- Richtlinien über die Abgrenzung der Merkmale der Pflegebedürftigkeit und der Pflegestufen sowie zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit v. 7.11.1994 i. d. F. v. 11.5.2006 (Pflegebedürftigkeits-Richtlinien – PflRi) und
- Richtlinien zur Anwendung der Härtefallregelungen v. 10.7.1995 i. d. F. v. 28.10.2005 (Härtefall-Richtlinien – HRi).
Hinzu kommen als Ergänzung der Pflegebedürftigkeits-Richtlinien die
- Richtlinien zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit v. 8.6.2009 i. d. F. v. 16.4.2013 (Begutachtungs-Richtlinien – BRi) aufgrund des § 53a.
2 Rechtspraxis
2.1.1 Merkmale der Pflegebedürftigkeit
Rz. 5
Neben den bereits in § 14 Abs. 2 aufgeführten Krankheiten und Behinderungen enthalten die Pflegebedürftigkeits-Richtlinien ergänzend konkretisierende Merkmale zum Begriff der Hilfebedürftigkeit. So wird unter Pkt. 3.3 ausgeführt, dass die Pflegebedürftigkeit darauf beruhen muss, dass die Fähigkeit, bestimmte Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auszuüben, eingeschränkt oder nicht vorhanden ist. Maßstab der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit sind daher ausschließlich die Fähigkeiten zur Ausübung dieser Verrichtungen und nicht Art oder Schwere vorliegender Erkrankungen (wie z. B. Krebs oder Aids) oder Schädigungen (wie z. B. Taubheit, Blindheit, Lähmung). Eine Hilfebedürftigkeit ist auch dann gegeben, wenn die Verrichtung zwar motorisch ausgeübt werden kann, jedoch die Notwendigkeit der Verrichtung nicht erkannt oder nicht in sinnvolles zweckgerichtetes Handeln umgesetzt werden kann, z. B. bei Störungen der zeitlichen oder räumlichen Orientierung des Antriebs oder der Psyche (Pkt. 3.3 PflRi). Ferner finden sich in den Pflegebedürftigkeits-Richtlinien (PflRi) unter Pkt. 3.4. ergänzende Erläuterungen der in § 14 Abs. 4 aufgezählten Verrichtungen, unter Pkt. 3.2 wird der Begriff der "Pflegebedürftigkeit auf Dauer" definiert, außerdem wird eine Abgrenzung von nicht bei der Ermittlung des Hilfebedarfs berücksichtigungsfähigen Leistungen und Maßnahmen vorgenommen (Pkt. 3.5.4).
Rz. 6
Die Hilfe bei den maßgeblichen gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens muss...