Rz. 8
Die nach Abs. 1 Satz 1 zu schließenden Rahmenverträge erfordern zu deren Zustandekommen ein einheitliches und gemeinsames Handeln der Vertragsparteien. Damit wird zugleich klargestellt, dass für jedes Bundesland nur ein Rahmenvertrag abgeschlossen werden darf.
Ferner bedürfen Vertragsabschlüsse zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 56 SGB X i. V. m. § 126 BGB). Verstöße gegen dieses Formerfordernis führen gemäß § 58 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 125 BGB zur Nichtigkeit des Vertrags. Vertragsvereinbarungen sind aufgrund der Einfügung des Abs. 1 Satz 5 durch das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz seit 1.7.2023 von den Landesverbänden der Pflegekassen zu veröffentlichen.
Rz. 9
Ebenso wie die Versorgungsverträge (vgl. § 72 Abs. 2 Satz 2) sind die landesweiten Rahmenverträge nach § 75 für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich (Abs. 1 Satz 4), sodass damit flächendeckend landesweites materielles Pflegevertragsrecht geschaffen wird (vgl. auch BT-Drs. 12/5262 S. 138 f.).
Infolge der in Abs. 1 Satz 4 für die Vereinbarungen nach § 75 gesetzlich angeordneten Verbindlichkeit kommt den nach dieser Vorschrift abgeschlossenen (öffentlich-rechtlichen) Verträgen nach wohl herrschender Auffassung normative Wirkung zu (vgl. für viele Leitherer, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 3, SGB XI, § 75 Rz. 11 mit weiteren Literaturhinweisen). Verfassungsrechtliche Zweifel an der Zulässigkeit solcher Rahmenverträge mit Rechtsnormcharakter werden teilweise im Schrifttum angemeldet, soweit durch die Verbindlichkeitsregelung des Abs. 1 Satz 4 auch Einrichtungsträger in die Vertragsbeziehungen einbezogen werden, die nicht den als Vertragsparteien fungierenden Vereinigungen oder Gemeinschaften angehören (vgl. zu dieser sog. Außenseiterproblematik Leitherer, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 3, SGB XI, § 75 Rz. 12 mit weiteren Hinweisen; unbedenklich nach Ansicht von Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Band 3, SGB XI, § 75 Rz. 9). Eine vertretbare pragmatische Lösung wird in diesen Fällen daher zur Herstellung der Bindungswirkung darin gesehen, dass sich der betroffene Einrichtungsträger in dem mit ihm geschlossenen Versorgungsvertrag nach § 72 den Vereinbarungen des für ihn maßgebenden Rahmenvertrags unterwirft (so im Ergebnis Schumann, in: Udsching/Schütze, SGB XI, 6. Aufl., § 75 Rz. 13).
Aus der normativen Wirkung der Rahmenverträge folgt, dass der Inhalt der Rahmenvereinbarung der im Einzelfall abweichenden Individualabrede des Versorgungsvertrags nach § 72 vorgeht (vgl. Schumann, in: Udsching/Schütze, SGB XI, 6. Aufl., § 75 Rz. 13; ebenso Knittel, in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Band 3, SGB XI, § 75 Rz. 9).