0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz v. 28.5.2008 (BGBl. I S. 874) in Kraft getreten. Das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) v. 21.12.2015 (BGBl. I S. 2424) überführte mit Wirkung zum 1.1.2016 die Regelungen zur Pflegeberatung komplett in § 7a. Mit dem Dritten Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III) v. 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191), in Kraft seit 1.1.2017, wurde Abs. 4 Satz 4 geändert. Das Gesetz zur Fortschreibung der Vorschriften für Blut- und Gewebezubereitungen und zur Änderung anderer Vorschriften vom 18. 7. 2017 (BGBl I S. 2757) in Kraft ab 29.7.2017 ergänzte im Abs. 7 Satz 4.
1 Allgemeines
Rz. 2
Das Bestehen der Aufklärungs- und Auskunftspflicht der Pflegekassen nach § 7 hat dem Gesetzgeber nicht mehr ausgereicht, um dem Unterstützungsbedarf des Pflegebedürftigen und seiner Angehörigen in schwieriger, oft plötzlich eintretender Lebenssituation Rechnung zu tragen. Dem Ergebnis der bereits seit einiger Zeit zuvor geführten pflegefachlichen Diskussion über die Schaffung begleitender Strukturen zur Beratung und Unterstützung und zur besseren Koordinierung von Leistungsangeboten hat der Gesetzgeber unter anderem mit der Schaffung des § 7a Rechnung getragen. Ratsuchende sollen vor Ort schnell, unbürokratisch und unverzüglich feste Ansprechpartner für eine individuelle Beratung erhalten. Die Vorschrift verschafft dem Pflegebedürftigen einen (einklagbaren) Anspruch auf Pflegeberatung. Pflegeberatung beinhaltet ein allgemeines Fallmanagement. Sie ist zu trennen von der sog. Alltagsbegleitung, die von privaten Leistungsträgern angeboten wird.
Angesiedelt ist die Pflegeberatung bei den Pflegekassen. Die Entscheidungsbefugnis über Leistungen bei Pflegebedürftigkeit fällt damit zusammen mit der Koordinierungspflicht.
2 Rechtspraxis
2.1 Begriff und Aufgabe der Pflegeberatung
Rz. 3
Abs. 1 enthält eine Legaldefinition des Begriffes der Pflegeberatung. Danach ist Pflegeberatung die individuelle Beratung und Hilfestellung durch einen Pflegeberater oder eine Pflegeberaterin bei der Auswahl und Inanspruchnahme von bundes- oder landesrechtlich vorgesehenen Sozialleistungen sowie sonstigen Hilfsangeboten, die auf die Unterstützung von Menschen mit Pflege-, Versorgungs- oder Betreuungsbedarf ausgerichtet sind.
Auf die Pflegeberatung besteht ein Anspruch des Pflegebedürftigen. Ob er sie beantragt oder nicht, obliegt indes seiner freien Entscheidung ohne Sanktionsgefahren etwa nach § 66 SGB I. Der Anspruch richtet sich gegen die Pflegekasse. Hieran ändert der Umstand nichts, dass die Kasse nach Abs. 1 Satz 7 Aufgaben der Pflegeberatung, unter Beachtung der Regelungen des § 80 SGB X, ganz oder teilweise auf Dritte übertragen kann. Der Anspruch auf Pflegeberatung entsteht nicht erst mit der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XI, sondern nach Abs. 1 Satz 8 bereits mit der Stellung des Leistungsantrages, wenn erkennbar ein Hilfe- und Beratungsbedarf besteht.
Der Anspruch besteht seit dem 1.1.2009.
Rz. 4
Die Aufgabe von Pflegeberatung normiert Abs. 1 Satz 2 in 6 Ziffern. Im Zentrum des Aufgabenfeldes steht das individuelle Fallmanagement mit Feststellung und systematischer Erfassung des Hilfebedarfs des Pflegebedürftigen und Erstellung eines individuellen Versorgungsplans einschließlich Überwachung der Durchführung geplanten Versorgung. Die Sätze 3 bis 6 des Abs. 1 beinhalten Einzelregelungen zu dem Versorgungsplan.
Der Versorgungsplan soll keinen zwingenden und rechtsverbindlichen, sondern einen empfehlenden Charakter haben. Er ist dazu bestimmt, das Selbstbestimmungsrecht des Pflegebedürftigen zu stärken. Er hat nicht die Aufgabe, die dem Pflegebedürftigen zustehenden Leistungsansprüche disponibel zu machen, sondern stellt den individuellen Bedarf und das individuelle Leistungspaket in den Vordergrund (BT-Drs. 16/7439 S. 47).
2.2 Durchführung der Pflegeberatung
Rz. 5
Die Pflegeberatung wird von Pflegeberater/-innen der Pflegekasse oder einer sonstigen Beratungsstelle, z. B. Pflegestützpunkte i. S. d. § 7c (§ 92c bis 31.12.2015) durchgeführt. Auf Wunsch des Pflegebedürftigen erfolgt sie in häuslicher Umgebung bzw. in der Einrichtung, in welcher der Pflegebedürftige stationär betreut wird. Ebenfalls auf Wunsch des Pflegebedürftigen erfolgt die Pflegeberatung gegenüber Angehörigen oder sonstigen dritten Personen oder diese werden in die Beratung einbezogen.
Rz. 6
Die Pflegekasse erfüllt ihre Verpflichtung zur Pflegeberatung nach Maßgabe von Abs. 3 Satz 2 durch entsprechend qualifiziertes Personal. Der Gesetzestext nennt exemplarisch Pflegefachkräfte, Sozialversicherungsfachangestellte und Sozialarbeiter mit der jeweils erforderlichen Zusatzqualifikation. Zur Konkretisierung hat der Spitzenverband Bund der Pflegekassen die "Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes nach § 7a Abs. 3 Satz 3 SGB XI zur Anzahl und Qualifikation der Pflegeberaterinnen und Pflegeberater vom 29. August 2008" abgegeben.
Danach setzt Pflegeberatung eine ab...