1 Allgemeines
Rz. 1
Mit dieser Rechtsvorschrift wird grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, die Vereinbarung der Pflegesätze i. S. d. § 85 einer landesweit tätigen Pflegesatzkommission zu übertragen.
2 Rechtspraxis
2.1 Bildung und Funktion regional oder landesweit tätiger Pflegesatzkommissionen
Rz. 2
Mit der Bildung von Pflegesatzkommissionen, die nach ihrer eigenen Entscheidung regional oder landesweit tätig werden, ist den Vertragsparteien nach § 85 Abs. 2 die Funktion und Verantwortung im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen entzogen. An ihre Stelle tritt die Pflegesatzkommission in folgender Zusammensetzung:
- Landesverbände der Pflegekassen,
- Verband der privaten Krankenversicherung e. V.,
- die überörtlichen oder ein nach Landesrecht bestimmter Träger der Sozialhilfe und
- die Vereinigungen der Pflegeheimträger im Land.
Die Vereinigungen der Pflegeheimträger können sowohl solche freigemeinnütziger als auch öffentlich-rechtlicher oder privater Einrichtungen sein.
Die Landesverbände der Pflegekassen (§ 52) erfüllen ihre Aufgaben gemeinsam und können demzufolge auch in der Pflegesatzkommission nur zusammen votieren. In den Pflegesatzverhandlungen wird auf dieser Basis – mit dem Ziel, sog. Kommissionsvereinbarungen abzuschließen –, i. d. R. auch über Entgelte für Unterkunft und Verpflegung beraten.
Rz. 3
Für ihr Tätigwerden bedarf es der Zustimmung des betroffenen Pflegeheimträgers.
Rz. 4
Die Vorschrift knüpft an die frühere Praxis der Pflegesatzverhandlungen nach dem inzwischen nicht mehr in Kraft befindlichen § 93 Abs. 2 BSHG an. Sie ermöglicht – abweichend vom Pflegesatzverfahren nach § 85 – sozusagen "kollektive" Pflegesatzverhandlungen in Pflegesatzkommissionen. Pflegesatzparteien sind dann nicht das einzelne Pflegeheim und die vor Ort betroffenen Leistungsträger, sondern deren Verbände und Vereinigungen im Land.
Rz. 5
Da die Vereinigungen der Pflegeheimträger i. d. R. nicht befugt sind, für ihre Mitglieder verbindliche Rechtsgeschäfte einzugehen, können in der Pflegesatzkommission die Pflegesätze nur für solche Pflegeheime ausgehandelt werden, die diesem Verfahren vorher ausdrücklich zugestimmt haben.
Rz. 6
Im Übrigen finden die Grundregeln des Pflegesatzverfahrens nach § 85 Abs. 3–7 entsprechende Anwendung, darunter die Prospektivität der Pflegesätze, die Mehrheitsentscheidungen, die Fristen zur Verhandlung als auch die Konfliktlösung durch die unabhängige Schiedsstelle.
2.2 Vereinbarungen von Regional- oder Gruppenpflegesätzen
Rz. 7
Die Möglichkeit, Gruppenpflegesätze zu vereinbaren, war in früheren Zeiten auch im Krankenhausbereich möglich und üblich. Durch eine in den Jahren immer mehr zunehmende Differenzierung in Diagnostik und Therapie (auch Op-Verfahren) als auch durch Rechtsänderungen sind Gruppenpflegesätze in der Krankenhauslandschaft gänzlich verschwunden.
Rz. 8
In Pflegeheimen besteht die pflegerische Versorgung überwiegend in der Grundpflege, die im Großen und Ganzen gleichartig und damit homogen ist. Aus diesem Grund bietet Abs. 2 den Pflegesatzkommissionen die Möglichkeit zum Abschluss von Gruppenpflegesätzen.
Dabei werden Gruppen strukturgleicher Pflegeheime, die nach einheitlichen Gesichtspunkten bewertet werden können, zusammengeführt und gemeinsam verhandelt.
Solche Gruppenpflegesätze sind nicht nur geeignet, innerhalb der Gruppe und im Verhältnis zu anderen Pflegeheimen als Maßstab für eine wirtschaftliche und leistungsfähige Versorgung der Pflegebedürftigen zu dienen; sie bieten darüber hinaus – als Durchschnittspflegesätze – den Pflegeheimen in der Gruppe erhöhte Chancen und Anreize, Gewinne zu erzielen, die für eine wirtschaftliche Betriebsführung kennzeichnend sind.
Allerdings hat der Gesetzgeber Mitte des Jahres 1996 (1. SGB XI-ÄndG) die Möglichkeiten zur Vereinbarung einheitlicher Pflegesätze für mehrere Pflegeheime eingegrenzt; sie dürfen nicht mehr über den örtlichen Zuständigkeitsbereich eines Landkreises hinausgehen. Der Verhandlungsbezirk kann wohl kleiner sein, wie z. B. eine kreisangehörige Gemeinde oder ein Bezirk in einer kreisfreien Stadt.
Wenn auch einheitliche Pflegesätze oder Gruppenpflegesätze die oben genannten Vorteile bieten, so gilt das nach Auffassung des Gesetzgebers nur, wenn der Einzugsbereich und die Zahl der zusammengefassten Einrichtungen nicht zu groß sind; dies liegt im Interesse einer leistungsgerechten Vergütung und der Förderung des Wettbewerbs.
Im Übrigen stellt die Vorschrift des Abs. 2 Satz 1 ein Korrektiv zu der Vereinbarung von einheitlichen Preisen dar. Sie lässt ein Abweichen von den vereinbarten Preisen oder Pflegesätzen zu (Abs. 2 Satz 2).
Die neue Vorschrift ist eine "anderweitige Bestimmung" i. S. d. § 84 Abs. 4 Satz 2.
2.3 Abschluss von Rahmenvereinbarungen
Rz. 9
Der Abschluss von Rahmenvereinbarungen zur Sicherstellung einer wirksamen und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgung obliegt der Selbstverwaltung auf Landesebene (vgl. § 75). Vereinbarungen dieser Art können auch die Grundregeln des Pflegesatzverfahrens und die hiermit verbundenen Abwicklungsfragen kollektiv und landesweit beinhalten. Falls aufgrund solcher rahmenvertraglichen Vereinbarungen diesbezüglich Bindungen für das einzelne Pflegeheim eingetreten sind, haben – heimindividuelle – Rahmenvere...