Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsgebühr im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Höhe der Verfahrens- und Terminsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Gebührentatbestand Nr 3103 VV RVG gilt nicht nur für Klageverfahren, sondern auch für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl LSG München vom 18.1.2007 - L 15 B 224/06 AS; vgl SG Aurich vom 9.5.2006 - S 25 SF 20/05 AS; entgegen SG Lüneburg vom 18.4.2007 - S 25 SF 34/06).

2. Grundsätzlich sind bei jeder Rahmengebühr die Kriterien des § 14 Abs 1 RVG gesondert zu prüfen (vgl LSG Erfurt vom 19.6.2007 - L 6 B 80/07 SF; vgl LSG Schleswig 2.9.2006 - L 1 B 320/05 SF SK).

 

Tenor

Die Beschwerden gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 10. September 2007 werden zurückgewiesen.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz vor dem Sozialgericht Gotha streitig (Az.: S 29 AS 2679/06 ER).

Die Beschwerdeführerin zu 1. ist Rechtsanwältin und vertrat die Antragstellerin bereits im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid der ARGE SGB II Weimar/Apolda (Antragsgegnerin), in dem diese Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 622,65 Euro bewilligt hatte. Gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 22. Juni 2006 erhob sie Klage (Az.: S 29 AS 2058/06) und beantragte am 8. August 2006, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ab 1. August 2006 Leistungen in Höhe von monatlich 783,04 Euro zu gewähren. In der nichtöffentlichen Sitzung am 3. November 2006 (Dauer lt. Niederschrift: 70 Minuten) erörterte die Kammervorsitzende den Sachverhalt mit den Beteiligten. Sie bewilligte der Antragstellerin mit Beschluss vom 6. November 2006 Prozesskostenhilfe ab 27. September 2006, ordnete die Beschwerdeführerin zu 1. bei und verpflichtete die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 7. November 2006 zur Zahlung von weiteren Leistungen vom 27. bis 30. September 2006 in Höhe von 21,39 Euro und vom 1. bis 31. Oktober 2006 in Höhe von 160,39 Euro. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Die Antragsgegnerin habe ein Drittel der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen.

In ihrem Kostenerstattungsantrag vom 13. November 2006 begehrte die Beschwerdeführerin zu 1. die Erstattung folgender Gebühren:

Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG

250,00 Euro

zzgl. Erhöhung um 20 v.H.

 50,00 Euro

Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG

200,00 Euro

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG

 20,00 Euro

Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG (65 km x 2 x 0,30 Euro) 

 39,00 Euro

Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG

 20,00 Euro

579,00 Euro

16 v.H. Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG

  92,64 Euro

671,64 Euro

Unter dem 29. November 2006 wandte die Antragsgegnerin ein, nach der “ständigen LSG-Rechtsprechung„ sei für das Antragsverfahren lediglich ein Anteil von einem Drittel des Beitragsrahmens anzusetzen.

Mit Verfügung vom 3. Januar 2007 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die zu erstattende Gebühr auf 339,88 Euro fest. Im Zeitpunkt der Beiordnung habe die Beschwerdeführerin zu 1. den Erörterungstermin wahrgenommen, zwei Schriftsätze gefertigt und die Antragstellerin beraten. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien so unterdurchschnittlich, dass die Mittelgebühr nicht gerechtfertigt sei. Auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Antragstellerin sei im Vergleich zu anderen Sozialrechtsstreitigkeiten unterdurchschnittlich.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin zu 1. am 8. Januar 2007 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, aufgrund der existentiellen Wichtigkeit des Verfahrens für die Antragstellerin und einer mehr als durchschnittlichen anwaltlichen Tätigkeit sei für die Verfahrens- und die Terminsgebühr die Mittelgebühr zuzüglich einer Erhöhung um 20 v.H. angemessen. Nicht nachvollziehbar sei die Kürzung des Abwesenheitsgeldes auf 15,00 Euro. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

Der Beschwerdeführer zu 2. hat unter dem 21. Mai 2007 beantragt, die zu zahlende Vergütung auf 345,68 Euro festzusetzen. Die Kriterien des § 14 RVG seien in gleicher Gewichtung heranzuziehen. Die Angelegenheit sei für die Antragstellerin durchschnittlich bedeutend gewesen, ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse seien weit unterdurchschnittlich. Angesichts der Fertigung von drei Schriftsätzen und Teilnahme an dem Erörterungstermin erscheine die anwaltliche Tätigkeit hinsichtlich des Umfangs und der Schwierigkeit unterdurchschnittlich.

Mit Beschluss vom 10. September 2007 hat das Sozialgericht die aus der Staatskasse zu leistende Vergütung auf 513,88 Euro festgesetzt und die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Zu erstatten sei die Verfahrensgebühr nach Nr. 3103 VV RVG in Höhe von 170,00 Euro. Aufgrund des regelmäßig niedrigeren Aufwandes sei auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86 b Abs. 2 SGG entsprech...

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