Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. bewilligte Prozesskostenhilfe. Beschwerde der Staatskasse. Zulässigkeit der Beschwerde. Begründung. Nichtersichtlichkeit. Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Hilfsbedürftigen. Unbegründetheit der Beschwerde. kein Ausfüllen der Abschnitte E-J des Prozesskostenhilfeformulars. aktueller Bewilligungsbescheid des Sozialamtes. Sozialhilfeempfänger. keine Differenzierung zwischen vorläufiger oder endgültiger Bewilligung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Staatskasse kann ihre Beschwerde nach §§ 73a SGG, 127 Abs 3 ZPO auch in zulässiger Weise allein mit der Rüge begründen, dass die Partei möglicherweise Zahlungen auf die Prozesskosten zu leisten hat, wenn sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Hilfsbedürftigen - aus ihrer Sicht - nicht aus dem Beschluss und den Akten ergeben.
2. § 2 Abs 2 PKHFV stellt auf den aktuellen Bewilligungsbescheid des Sozialamtes ab, ohne danach zu differenzieren, ob dieser vorläufig oder endgültig ist.
Tenor
Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 28. August 2020 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein am 15. Juli 2020 anhängig gemachtes Klageverfahren, mit welchem der Kläger und Beschwerdegegner die Bewilligung eines höheren Grades der Behinderung (GdB) als des bisher bewilligten 50 GdB sowie der Merkzeichen G, B und H begehrt. Dem PKH-Antrag beigefügt war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdegegners, unterzeichnet von dessen gesetzlicher Betreuerin vom 29. Juni 2020. Diese verneinte sowohl eine Kostentragung durch eine Rechtsschutzversicherung als auch die Mitgliedschaft in einem Verein/einer Organisation, die die Kosten der Prozessführung trägt. Das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs gegenüber einer anderen Person wurde ebenfalls verneint. Die Abschnitte E-J des Prozesskostenhilfeformulars füllte sie nicht aus. Stattdessen waren beigefügt ein Bewilligungsbescheid des Landratsamtes S-R vom 13. Mai 2020 über die Änderung der vorläufigen Gewährung von laufenden Leistungen nach dem SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) und die Berechnungsbögen der SGB XII-Bewilligung für die Monate Mai bis August 2020.
Durch Beschluss vom 28. August 2020 hat der Vorsitzende der Kammer dem Kläger und Beschwerdegegner ab dem 15. Juli 2020 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsbestimmung bewilligt unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten.
Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hat die Beschwerdeführerin, welcher der Beschluss des Sozialgerichts Meiningen ausweislich eines Eingangsstempels am 8. Oktober 2020 zur Kenntnis gelangt ist, am 13. Oktober 2020 Beschwerde eingelegt. Sie bitte um vollständige Ergänzung des Punktes G des Formulars über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers. Das Formular weise darauf hin, dass auf die Angabe der Punkte E-J verzichtet werden könne, sofern das Gericht nichts anderes anordne. Aus hiesiger Sicht könne das Beschwerde- und Prüfungsrecht der Staatskasse nur dann vollumfänglich und entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ausgeübt werden, wenn die Angaben zu Punkt G vollständig abgegeben würden. In diesem Zusammenhang bitte sie auch um Einreichung der vollständigen und ungeschwärzten Kontoauszüge der Monate Juli 2020 bis einschließlich September 2020. Eine umfassende Prüfung der Bedürftigkeit sei erforderlich.
Der Beschwerdegegner hat sich bislang zum Verfahren nicht geäußert.
Der Vorsitzende der Kammer hat unter dem 27. Oktober 2020 der Beschwerde nicht abgeholfen. Die bloße Anforderung zusätzlicher Nachweise könne nicht im Wege der Beschwerde geltend gemacht werden. Die Anforderung weiterer Nachweise sei unbegründet. Für die Anforderung ungeschwärzter Kontoauszüge bestehe kein begründeter Anlass. Dem PKH-Antrag sei ein vollständiger SGB XII-Bescheid beigefügt gewesen. Daher sei ein Ausfüllen der Abschnitte E-J des Formulars nicht erforderlich gewesen. Abweichendes sei durch die Kammer nicht angeordnet worden.
II.
Die Beschwerde ist statthaft.
Gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine derartige andere Bestimmung ist für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe durch die Kammervorsitzenden der Sozialgerichte geregelt. So findet gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V .m. § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) die Beschwerde (nur) der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Danach ist aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Beschluss vom 28. August 20...