Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigung des Verfahrensbeteiligten bei Anordnung des persönlichen Erscheinens in einem Gerichtstermin. Entschädigung. Erstattung von Fahrtkosten. Taxi. Tagegeld. Begleitperson. Zeitversäumnis

 

Orientierungssatz

1. Ist das persönliche Erscheinen des Klägers zu einem Gerichtstermin angeordnet worden, so hat er u. a. Anspruch auf Fahrtkostenersatz nach § 5 JVEG.

2. Ist dieser nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis, so kommt nach § 5 Abs. 1 JVEG die Erstattung der Fahrtkosten bis zur Höhe der ersten Wagenklasse in Betracht. Sind die tatsächlichen Taxikosten geringer ausgefallen, so sind die tatsächlich entstandenen Kosten zu erstatten. Unerheblich ist hierbei, wenn sie eigentlich nicht wegen besonderer Umstände notwendig gewesen wären.

3. Zusätzlich ist dem Verfahrensbeteiligten eine Entschädigung für Zeitversäumnis von 3.- €. je Stunde zu gewähren, soweit weder für einen Verdienstausfall noch für Nachteile bei der Haushaltsführung eine Entschädigung zu gewähren ist.

 

Normenkette

JVEG §§ 5, 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1, § 20; SGG § 191

 

Tenor

Die Entschädigung des Erinnerungsführers anlässlich des Erörterungstermins am 13. August 2012 wird auf 152,00 Euro festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Der erwerbslose Erinnerungsführer begehrte im Hauptsacheverfahren (L 6 R 34/12) Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Mit Verfügung vom 21. Juli 2012 lud ihn der zuständige Berichterstatter des 6. Senats zum Erörterungstermin am 13. August 2012 um 11:00 Uhr und ordnete das persönliche Erscheinen an. Nach der Niederschrift fand der Termin von 10:58 bis 11:42 Uhr statt.

In seinem "Antrag auf Erstattung der Fahrtkosten" begehrte der Erinnerungsführer einen Gesamtbetrag von 240,00 Euro (Fahrtkosten mit dem Taxi 140,00 Euro, Tagegeld 25,00 Euro, Kosten für eine Begleitperson 75,00 Euro). Auf die Anfrage der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zur Erforderlichkeit von Taxifahrt und Begleitperson verwies der Erinnerungsführer unter dem 4. September 2012 auf die Unterlagen des Sozialgerichts Meiningen. Dort habe er nie Schwierigkeiten mit der Kostenerstattung gehabt. In ärztlicher Behandlung sei er nur bei seinem Hausarzt. Unter dem 19. September 2012 wies die Urkundsbeamtin 63,50 Euro an und führte aus, die pauschale Erstattung von Kosten einer Begleitperson komme nicht in Betracht. Tagegeld könne erst ab 8 Stunden Abwesenheit vom Aufenthaltsort gezahlt werden. Angesichts des Gutachtens des Dr. D. vom 15. März 2011 bestehe keine Einschränkung der Wegefähigkeit. Somit seien Fahrtkosten in Höhe von 0,25 Euro für 254 notwendige Kilometer zu erstatten.

Am 4. Februar 2013 hat der Erinnerungsführer vorgetragen, mangels Fahrerlaubnis könne er nicht selbst fahren. Öffentliche Verkehrsmittel könne er wegen seiner bestehenden Ängste nicht benutzen.

Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,

die Entschädigung anlässlich des Erörterungstermins am 13. August 2012 auf 240,00 Euro festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner hat keinen Antrag gestellt, mit Schriftsatz vom 8. April 2013 aber vergleichsweise eine Entschädigung von 75,50 Euro vorgeschlagen. Diesen Vorschlag hat der Erinnerungsführer in der ihm gesetzten Frist nicht angenommen.

Die Urkundsbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen (Verfügung vom 14. Februar 2013) und sie dem Senat vorgelegt.

II.

Auf die Erinnerung wird die Entschädigung auf 152,00 Euro festgesetzt.

Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Sie erhalten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).

Dem Erinnerungsführer stehen Fahrtkosten in Höhe der beantragten 140,00 Euro für das Taxi zu. Er kann nicht auf die Erstattung von 0,25 Euro für jeden gefahrenen Kilometer nach § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 JVEG verwiesen werden, denn er ist nach eigenen Angaben nicht im Besitz der Fahrerlaubnis. Angesichts der Tatsache, dass bereits Dr. D. erwähnt hat, dass er seit mehreren Jahren nicht mehr Auto gefahren sei, erscheint dies nachvollziehbar. Dann käme eigentlich die Erstattung der Fahrtkosten für die Benutzung öffentlich regelmäßig verkehrender Beförderungsmittel bis zur Höhe der ersten Wagenklasse in Betracht (§ 5 Abs. 1 JVEG), die nach der Internetseite der Deutschen Bahn auf der...

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