Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Auslagenvergütung. Entschädigung eines Beteiligten für seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung bei Anordnung des persönlichen Erscheinens. Fahrtkostenerstattung. Mehrkosten bei Fahrt von/zu einem anderen Ort. Gebot der Kostendämpfung und Kostenminimierung

 

Orientierungssatz

1. Bei der Entscheidung über den Ersatz von Mehrkosten iS des § 5 Abs 5 JVEG sind der haushaltsrechtliche Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, der im Bereich des gesamten Kostenrechts, also auch der Entschädigung von Zeugen, Sachverständigen, Dritten, ehrenamtlichen Richtern und Beteiligten gilt, und das daraus resultierende Gebot der Kostendämpfung und Kostenminimierung zu berücksichtigen (vgl LSG Erfurt vom 27.9.2005 - L 6 SF 408/05).

2. Umstände in der Privatsphäre des Antragstellers können nicht dazu führen, dass die Staatskasse eine höhere Entschädigung als im Normalfall vom Gesetz vorgesehen leisten muss.

 

Tenor

Die Entschädigung des Erinnerungsführers anlässlich des Verhandlungstermins vom 9. Dezember 2015 wird auf 22,50 € festgesetzt.

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

 

Gründe

I.

Der Erinnerungsführer begehrte im Hauptsacheverfahren L 12 SF 1393/14 EK Schadensersatz wegen der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens. Durch Verfügung vom 3. November 2015 ordnete der Vorsitzende des 12. Senats des Thüringer Landessozialgerichts das persönliche Erscheinen des Erinnerungsführers zum Verhandlungstermin am 9. Dezember 2015 um 11:00 Uhr an.

Nach Zustellung dieser Verfügung mit Postzustellungsurkunde am 6. November 2015 teilte der Erinnerungsführer der Geschäftsstelle des 12. Senats mit Schreiben vom 11. November 2015 mit, dass er am Verhandlungstag aus der Sch.straße 28 in T. anreise. Er halte sich bis über den Jahreswechsel dort bei Bekannten auf. Es wurde angefragt, ob die Ladung aufrecht erhalten bleibt. Dem Kläger wurde durch gerichtliche Verfügung vom 24. November 2015 mitgeteilt, dass der Termin aufrecht erhalten bleibt. Am 9. Dezember 2015 nahm der Erinnerungsführer an der mündlichen Verhandlung von 11.25 Uhr bis 12.32 Uhr teil.

In seinem beim Thüringer Landessozialgericht am 4. März 2016 eingegangenem Antrag auf Erstattung vom 14. Dezember 2015 machte der Erinnerungsführer einen Gesamtbetrag von 696,70 € geltend (Fahrtkosten 332,70 € unter Zugrundelegung einer Fahrtstrecke von T. bis E. hin und zurück von 1.109 Kilometern, Zehrgeld 24,00 €, Haushaltführungsentschädigung 340,00 € ≪17 Stunden x 20,00 €≫). Er gab dabei an, am 9. Dezember 2015 seine Reise um 04:00 Uhr angetreten und diese um 21:06 Uhr beendet zu haben. Am 18. April 2016 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) eine Gesamtentschädigung in Höhe von 71,50 € fest. Zu gewähren sei eine Hausfrauenentschädigung nach einer Zeitspanne von 3,5 Stunden x 14,00 € in Höhe von 49,00 € und Fahrtkosten ausgehend von dem Wohnort I. in Höhe von 22,50 € (90 Kilometer x 0,25 €). Die Kilometerzahl von T. bis E. könne keine Berücksichtigung finden. Der Erinnerungsführer sei verpflichtet gewesen, den anderen Abreiseort mitzuteilen und auch zu begründen, warum die Anreise nur von dort aus möglich sei. Der Hauptwohnsitz liege in I..

Am 24. April 2017 hat der Erinnerungsführer sinngemäß einen Antrag auf richterliche Festsetzung gestellt und diesen trotz mehrfacher Ankündigung bis jetzt nicht begründet.

Der Erinnerungsführer beantragt sinngemäß,

die Entschädigung anlässlich des Verhandlungstermins am 9. Dezember 2015 auf 696,70 € festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner hält eine Entschädigung in Höhe von 34,75 € für angemessen. Einen Haushaltsführungsschaden könne der Erinnerungsführer nicht geltend machen. Es sei ferner nicht dargelegt, dass der Antragsteller am 9. Dezember 2015 kein Erwerbsersatzeinkommen bezogen habe. Es bestehe daher nur ein Anspruch auf Entschädigung des Zeitversäumnisses in Höhe von 12,25 € (3,5 Stunden je 3,50 €). Fahrtkosten seien nur in Höhe von 22,50 € zu entschädigen. Das Gericht habe dem Kläger nicht bestätigt, dass die Mehrkosten für die Anreise von T. nach E. übernommen werden. Mehrkosten seien nur dann zu ersetzen, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt gewesen sei. Dafür reiche das Verbringen des Jahreswechsels bei Bekannten ersichtlich nicht.

Die UdG hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat vorgelegt.

II.

Zuständig für die Entscheidung ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter des 1. Senats.

Auf die Erinnerung war die Entschädigung auf 22,50 € festzusetzen.

Nach § 4 Abs. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Feststellung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält (Satz 1).

Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persö...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge