Verfahrensgang

SG Nordhausen (Beschluss vom 26.04.2002; Aktenzeichen S 3 SF 1323/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom26. April 2002 aufgehoben und die Entschädigung für das neurologische Gutachten des Beschwerdegegners vom 8. Juni 2001 auf 1.303,80 DM (666,62 EUR) festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

 

Tatbestand

I.

In dem Klageverfahren A. L. ./. Landesversicherungsanstalt Thüringen (Az.: S 3 RJ 5/01) beauftragte der Vorsitzende der 3. Kammer des Sozialgerichts Nordhausen mit Beweisanordnung vom 4. Mai 2001 den Beschwerdegegner mit der Erstattung eines Gutachtens. Übersandt wurden ihm insgesamt 118 Blatt Gerichts- und Verwaltungsakten.

Der Beschwerdegegner erstellte sein neurologisches Gutachten unter dem 8. Juni 2001 auf insgesamt 18 Seiten. In der Kostenrechnung vom 22. August 2001 machte er insgesamt 1.453,78 DM geltend und ging dabei u.a. von 10 Stunden Sachverständigenaufwand zu einem Stundensatz von 90,00 DM aus. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 8 f. des Kostenhefts verwiesen.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle kürzte den Betrag auf insgesamt 1.303,80 DM. Er hielt einen Stundensatz von 75,00 DM für ausreichend.

Auf den Antrag auf richterliche Festsetzung hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 26. April 2002 die Entschädigung auf 1.453,78 DM (743,31 EUR) festgesetzt und ausgeführt, der Stundensatz von 90,00 DM sei angemessen, weil es sich bei dem Beschwerdegegner um einen Privatdozenten und Chefarzt eines Akademischen Lehrkrankenhauses der F.-S.-Universität J. handle. Es habe sich um eine schwierige wissenschaftliche Leistung auf neurologischem und psychiatrischen Gebiet gehandelt. Er habe auch komplizierte Zusammenspiele auf orthopädischem und internistischem Gebiet bewerten müssen.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und die Höhe des Stundensatzes gerügt.

Der Beschwerdeführer beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 26. April 2002 aufzuheben und die Entschädigung für das Gutachten vom 8. Juni 2001 auf 1.303,80 DM (666,62 EUR) festzusetzen.

Der Beschwerdegegner hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Thüringer Landessozialgericht zugeleitet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist nach § 16 Abs. 2 S. 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZSEG) zulässig und begründet.

Nachdem der Senat an den Antrag des Beschwerdeführers bzgl. der Höhe der Gesamtentschädigung gebunden ist und seiner Bewertung des Stundensatzes folgt, kann er dahingestellt lassen, ob der angesetzte Zeitaufwand tatsächlich zu erstatten war. Bedenken könnten deshalb bestehen, weil nach der Kostenrechnung für die Untersuchung 3 Stunden erforderlich waren. Es ist anhand der Aktenlage nicht ersichtlich, ob die allein nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu erstattenden besonderen Leistungen (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Mai 1999 – Az.: L 6 SF 426/98) in diesem Zeitansatz enthalten sind. Mangels Relevanz für die Höhe der Erstattung konnte der Senat auf entsprechende Ermittlungen verzichten.

Der Stundensatz kann nicht in der von der Vorinstanz angenommenen Höhe berücksichtigt werden.

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ZSEG in der hier relevanten Fassung bis Ende 2001 (= a.F.) betrug die Entschädigung eines Sachverständigen für jede Stunde der erforderlichen Zeit 50,00 DM bis 100,00 DM. Diese Gebühren ermäßigten sich nach Anlage 1 Kapitel III Sachgebiet A Abschnitt 3 Nr. 26 des Einigungsvertrages (EV) i.V.m. § 1 der Verordnung zur Anpassung der für die Kostengesetze in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet geltenden Ermäßigungssätze (Ermäßigungssatz-Anpassungsverordnung) vom 15. April 1996 (BGBl. I S. 604) um 10 v.H.

Für die Bemessung des Stundensatzes sind der Grad der erforderlichen Fachkenntnisse, die Schwierigkeit der Leistung, ein nicht anderweitig abzugeltender Aufwand für die notwendige Benutzung technischer Vorrichtungen und besondere Umstände maßgebend, unter denen das Gutachten zu erarbeiten war (§ 3 Abs. 2 Satz 2 ZSEG).

Die Rechtsprechung aller Kostensenate des Thüringer Landessozialgerichts seit 1995 geht davon aus, dass die Sachverständigenleistungen in vier Schwierigkeitsstufen entschädigt werden (vgl. u.a. Beschluss des Thüringer LSG vom 19. September 1995 – Az.: L 5 B 17/94):

Erste Stufe: Einfachste Leistungen und einfache Gutachten zu leicht überschaubaren Vorgängen (50,00 DM; im Beitrittsgebiet 45,00 DM).

Zweite Stufe: Leichte medizinische Gutachten, zu deren Erstattung wissenschaftliche Fachkenntnisse erforderlich sind, die Diagnose aber verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind (67,00 DM; im Beitrittsgebiet 60,00 DM).

Dritte Stufe: Mittelschwierige medizinische Gutachten, bei denen die Zuordnung der gesundheitlichen Störung zu einem Krankheitsbegriff (Diagnose) oder die Frage der Krankheitsursache (Ätiologie) oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere ...

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