Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit der Beschwerde. Ausschluss einer Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe bei Zulassungsbedürftigkeit der Berufung in der Hauptsache. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Meldepflicht. Rechtswidrigkeit von Meldeaufforderungen. Begründetheit der Beschwerde. hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung. Anwendbarkeit des § 59 SGB 2 iVm § 309 SGB 3 nicht nur auf Arbeitslose
Leitsatz (amtlich)
1. Wenn sich der Leistungsberechtigte gegen eine Meldeaufforderung nach § 59 SGB II iVm § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) wendet, handelt es sich nicht um eine Klage, die iS von § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen darauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft (entgegen LSG Essen vom 29.1.2015 - L 7 AS 1306/14). Die Bedeutung der Meldeaufforderung erschöpft sich nicht in der Vorbereitung einer späteren Sanktion.
2. § 59 SGB II iVm § 309 Abs 2 SGB III setzt nicht voraus, dass der Hilfebedürftige tatsächlich keinerlei Erwerbstätigkeit nachgeht, mithin arbeitslos ist.
Normenkette
SGB II §§ 59, 7; SGB III § 309 Abs. 2; SGG § 73a Abs. 1 S. 1, § 131 Abs. 1 S. 3, § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b; SGB X § 31; ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. Februar 2016 (Ablehnung von Prozesskostenhilfe) wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung.
Die 1967 geborene Klägerin, ihr 1957 geborener Ehemann und die 1998 geborene Tochter beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Die Klägerin ist seit 2013 im Haupterwerb selbstständig im Bereich Dienstleistungen im Internet, Webdesign und Kundenbetreuung tätig. Sie erzielte hieraus Einkommen in schwankender, nicht bedarfsdeckender Höhe.
Mit Schreiben vom 22. April 2014 lud der Beklagte die Klägerin zu einem Termin am 19. Mai 2014 im Jobcenter L. N. ein. Die Sachbearbeiterin Frau R. wolle mit ihr über die aktuelle berufliche Situation sprechen. Der Bescheid enthielt eine Belehrung über die Rechtsfolgen, die bei einem Nichterscheinen zum Termin eintreten. So wurde die Klägerin u.a. darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass sie ohne wichtigen Grund der Einladung nicht Folge leiste, das ihr zustehende Arbeitslosengeld II um 10 Prozent des für sie maßgebenden Regelbedarfs zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II für die Dauer von drei Monaten gemindert werde. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Bescheid verwiesen.
Am 29. April 2014 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 22. April 2014 Widerspruch. Sie sei hauptberuflich selbstständig und in Vollzeit tätig. Daher müsse sie auch in den Büro- und Telefonzeiten erreichbar sein. Sie sei ständig bemüht das Einkommen zu steigern und führe fast täglich Gespräche mit potenziellen Kunden. Ihr Bestreben liege darin, das Einkommen aus der jetzigen selbstständigen Tätigkeit zu erzielen und nicht darin, sich um weitere Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bemühen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Einladung sei rechtzeitig vor dem Meldetermin erfolgt, sodass die Klägerin in der Lage gewesen sei, sich auf den Termin einzustellen. Das Einkommen decke weder den Bedarf der Klägerin, noch den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft. Sie habe sich daher zu bemühen, evtl. durch Aufnahme einer anderen Beschäftigung, das Einkommen zu erhöhen.
Den Termin am 19. Mai 2014 nahm die Klägerin dennoch wahr.
Die Klägerin hat am 23. Mai 2014 Klage vor dem Sozialgericht Nordhausen erhoben und begehrt die Feststellung, dass die Aufforderung zum Meldetermin am 19. Mai 2014 rechtswidrig gewesen ist.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss vom 16. Februar 2016 mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Begehrens abgelehnt. Die erhobene Feststellungsklage biete mangels Rechtsschutzbedürfnisses keine Aussicht auf Erfolg.
Dagegen hat die Klägerin unter dem 24. Februar 2016 Beschwerde eingelegt. Sie erhalte regelmäßig Meldeaufforderungen. Eine Sanktion könne sie wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht riskieren, weshalb sie den Meldeaufforderungen grundsätzlich nachkomme. Dabei entstehe regelmäßig Streit, ob von ihr eine Eingliederungsvereinbarung zu unterschreiben sei. Der Rechtsweg könne ihr nicht nur dann zugestanden werden, wenn sie gewollt der Meldeaufforderung nicht nachkomme, um eine Sanktion zu erhalten, um sodann im Rahmen der rechtlichen Prüfung dieser die Zulässigkeit der zugrundeliegenden Meldeaufforderung zu prüfen.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 16. Februar 2016 (S 27 AS 1158/14) aufzuheben und ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin K. zu gewähren.
Der Beschwerdegegner...