Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Anwaltsvergütung. Anrechnung. vorgerichtliche Geschäftsgebühr. spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens
Leitsatz (amtlich)
Eine vorgerichtlich entstandene Geschäftsgebühr (Beratungsgebühr) ist zur Hälfte auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. April 2008 - Az.: III ZB 8/08 und 22. Januar 2008 - Az.: VIII ZB 57/07; Thüringer LSG, Beschluss vom 16. Januar 2009 - Az.: L 6 B 255/08 SF; VG Ansbach, Beschluss vom 8. Oktober 2008 - Az.: AN 14 M 08.30348; a.A.: LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. März 2008 - Az.: L 1 B 21/07 AL; OLG München, Beschluss vom 30. August 2007 - Az.: 11 W 1779/07).
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 29. Oktober 2008 abgeändert und die zu erstattende Vergütung auf insgesamt 755,02 Euro festgesetzt.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Meiningen streitig (Az.: S 17 AS 1987/05), in dem sich die von der Beschwerdegegnerin vertretenen Kläger gegen die Höhe eines Leistungsbescheids der beklagten Arbeitsgemeinschaft SGB II für die Zeit vom 25. August bis 31. Dezember 2005 gewandt hatten. Die Beschwerdegegnerin war nach eigenen Angaben für sie bereits im Rahmen der Beratungshilfe tätig und hatte eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2503 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) erhalten.
Auf die Klageerhebung bewilligte das Sozialgericht Meiningen den Klägern mit Beschluss vom 6. April 2006 Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung ab 16. Dezember 2005 und ordnete die Beschwerdegegnerin bei. Mit gerichtlichem Vergleich wurde das Verfahren am 17. Juli 2006 beendet. Darin erklärte sich die beklagte Arbeitsgemeinschaft SGB II bereit, den Klägern zwei Drittel ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
In ihrer Kostenrechnung vom 8. August 2006 machte die Beschwerdegegnerin einen Betrag von insgesamt 815,94 Euro geltend. Abzüglich eines bereits gezahlten Vorschusses von 300,00 Euro sei noch eine Vergütung von 515,95 Euro zu erstatten. Unter dem 5. Oktober 2006 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle eine Zahlung von 443,30 Euro an und führte aus, die bereits aus der Staatskasse erhaltene Geschäftsgebühr in Höhe von 91,00 Euro nach Nr. 2603 VV RVG werde zur Hälfte angerechnet. Die Erstattung der beantragten Kopierkosten komme nur insoweit in Betracht, als diese zur sachgemäßen Bearbeitung erforderlich seien. Dies sei nur für 62 Kopien der Fall.
Auf die Erinnerung der Beschwerdegegnerin hat sich der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 6. März 2007 der Rechtsansicht der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts angeschlossen.
Mit Beschluss vom 29. Oktober 2008 hat das Sozialgericht die aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung im Tenor auf 815,94 Euro festgesetzt und die Beschwerde zugelassen. Die Erinnerung sei teilweise begründet, weil die Anrechnung der hälftigen Beratungshilfegebühr ohne Rechtsgrund erfolgt sei. Entsprechend dem Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 18. März 2008 - Az.: L 1 B 21/07 AL sei die Gebühr Nr. 2503 VV RVG nicht auf die Verfahrensgebühr des anschließenden Verfahrens anzurechnen. Die Erstattung der Kopierkosten komme nur für 104 statt, wie beantragt, 180 Kopien mit 33,10 Euro in Betracht. Daraus errechne sich eine Rechtsanwaltsvergütung vom 800,52 Euro.
Gegen den ihm am 6. November 2008 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 18. November 2008 Beschwerde eingelegt und zur Begründung auf seine Erinnerungserwiderung verwiesen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 29. Oktober 2008 aufzuheben und die Vergütung der Beschwerdegegnerin auf 793,21 Euro festzusetzen.
Die Beschwerdegegnerin hat sich zur Sache nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.
Mit Beschluss vom 16. Januar 2009 hat der Senatsvorsitzende nach Anhörung der Beteiligten das Verfahren dem Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen und den Beschwerdeführer mit Verfügung vom gleichen Tag auf die Unschlüssigkeit des ursprünglich gestellten Antrags hingewiesen. Sofern er sich auch gegen andere Positionen als die Nichtanrechnung der Beratungsgebühr wende, werde um eine genaue Bezeichnung und Auseinandersetzung mit der Ansicht der Vorinstanz gebeten. Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2009 hat der Beschwerdeführer seinen Antrag neu berechnet und ausgeführt, es werde "auch an der Zahl der durch die zuständige Urkundsbeamtin ermittelten notwendigen Kopien (62), welche nach Ziff. 7000 VV-RVG mit 26,80 € zu vergüten sind, festgehalten".
II.
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2009 - Az.: L 6 B 255/08 SF, 26. ...