Verfahrensgang
SG Suhl (Beschluss vom 28.08.2000; Aktenzeichen S 12 RJ 961/99) |
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Suhl vom28. August 2000 wird zurückgewiesen.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Tatbestand
I.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Ausschluss des Steuerberaters … von der Prozessvertretung der Beschwerdeführerin im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht (Az.: S 12 RJ 961/99).
Die Beklagte forderte auf Grund der Ergebnisse einer Betriebsprüfung mit Beitragsbescheid vom 16. Dezember 1998 von der Beschwerdeführerin – Betreiberin eines Getränkevertriebs – Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 16.638,20 DM nach. Dagegen legte diese durch Ihren bevollmächtigten Steuerberater Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Beitragsbescheides. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 1999 zurück. Dagegen erhob der Bevollmächtigte am 11. Oktober 1999 im Auftrag der Beschwerdeführerin beim Sozialgericht Suhl Klage (Az.: S 12 RJ 961/99).
Das Sozialgericht hat den Bevollmächtigten nach entsprechendem Hinweis mit Beschluss vom 28. August 2000 von der Prozessvertretung ausgeschlossen, weil seine Tätigkeit gegen Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) verstoße. Der Ausschluss betreffe nicht nur das Auftreten in der mündlichen Verhandlung, sondern auch schriftliche Prozesshandlungen.
Mit ihrer Beschwerde hat die Beschwerdeführerin vorgetragen, nach der Änderung des RBerG durch das 3. Gesetz zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 könnten auch öffentlich bestellte Steuerberater rechtliche Angelegenheiten übernehmen, die mit den Aufgaben des Steuerberaters in unmittelbarem Zusammenhang stünden. Der Bevollmächtigte habe die Lohnbuchhaltung der Klägerin erstellt und sie bei der Betriebsprüfung und im Widerspruchsverfahren unbeanstandet vertreten. Auch die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte akzeptiere das Auftreten von Steuerberatern im Widerspruchsverfahren.
Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichtes Suhl vom 28. August 2000 aufzuheben und ihren Bevollmächtigten zu ihrer Vertretung in dem Beitragsstreitverfahren zuzulassen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt und sich nicht geäußert.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht Suhl hat den Steuerberater … (nachfolgend: Bevollmächtigter) zu Recht insgesamt – also von der schriftlichen und mündlichen Prozessvertretung der Beschwerdeführerin – vor dem Sozialgericht Suhl ausgeschlossen.
Nach § 73 Abs. 6 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 157 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) sind mit Ausnahme der Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer Personen, die die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, als Bevollmächtigte und Beistände in der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen.
§ 157 Abs. 1 ZPO bezieht sich ausdrücklich allerdings nur auf das Auftreten in der mündlichen Verhandlung, nicht auf den Schriftverkehr mit den Gerichten (vgl. BSG in Breithaupt 1976, 523, 524; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Band 2, Stand: Januar 2000, § 73 Rdnr. 86) und kann dort auch nicht entsprechend angewandt werden (vgl. BSG, a.a.O.).
Außerhalb der mündlichen Verhandlung gilt jedoch eine Begrenzung nach dem RBerG. Eine Prozessvertretung im Widerspruch mit diesem Gesetz muss auch ohne ausdrückliche Vorschrift wegen gesetzwidrigem Verhalten im Verfahren außerhalb der mündlichen Verhandlung – mit Wirkung für die Zukunft – regelmäßig zurückgewiesen werden (vgl. BayObLG vom 21. Mai 1992 – Az.: 3Z BR 12/92, zitiert nach juris; Landessozialgericht ≪LSG≫ Rheinland-Pfalz in Breithaupt 1985, 357; Peters/Sautter/Wolf, a.a.O., § 73 Rdnr. 88; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz mit Erläuterungen, 6. Auflage 1998, § 73 Rdnr.11d m.w.N.; Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, Kommentar, Stand: Juli 2000, § 73 Rdnr. 128), denn ein Gericht kann nicht gezwungen werden, in einem laufenden Verfahren unerlaubte und als Ordnungswidrigkeit zu ahnende Handlungen (vgl. Art. 1 § 8 RBerG) zu dulden (vgl. BVerwGE 19, 339, 344). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an.
Der Bevollmächtigte ist als bestellter Steuerberater nicht Mitglied einer Rechtsanwaltskammer und besitzt keine Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor dem Sozialgericht als Prozessagent im Sinne von § 157 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Er besorgt auch geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten: Er hat die Beschwerdeführerin (außer bei der hier nicht relevanten Betriebsprüfung und in dem anschließenden Verfahren vor dem Finanzgericht ≪Az.: III 63/96≫) im Widerspruchsverfahren und bei der Klageerhebung gegen den Beitragsbescheid berufsmäßig vertreten (vgl. BSG in SozR 3-1300 § 13 Nr. 3). Erforderlich für ...