Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer Auf- bzw Verrechnung nach § 51 bzw § 52 SGB 1 nach Erteilung einer Restschuldbefreiung

 

Leitsatz (amtlich)

Nach Erteilung der Restschuldbefreiung ist eine Aufrechnung/Verrechnung nach §§ 51, 52 SGB I grundsätzlich nicht mehr möglich.

 

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 25. Januar 2018 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladene trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Verrechnung der Altersrente des Klägers mit einer Beitragsforderung inklusive Säumniszuschlägen bzw. ob diese Beitragsforderung nach Abschluss des Insolvenzverfahrens des Klägers mit erteilter Restschuldbefreiung im Wege der Verrechnung rechtlich durchgesetzt werden kann.

Der im Jahre 1946 geborene Kläger hat den Beruf eines Maurers erlernt. Vom Frühjahr 2003 bis August 2005 betrieb er als Selbständiger ein Trockenbauunternehmen. Aus dieser Tätigkeit rühren die Beitragsforderungen der Beigeladenen her.

Das AG G. eröffnete mit Beschluss vom 29. August 2005 - IN 517/05 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers. Die Beigeladene meldete ihre Forderung zur Tabelle an. Eine Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gemäß § 174 Abs. 2 InsO meldete sie nicht an.

Auf seinen Antrag bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 1. Mai 2009 Altersrente für schwerbehinderte Menschen.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2011 ermächtigte die Beigeladene die Beklagte zur Verrechnung einer Beitragsforderung inklusive Säumniszuschläge über 13.435,45 Euro. Es handele sich um Beiträge für die Jahre 2003 bis 2005, die zwischen dem 17. Mai 2004 und 15. Mai 2006 fällig geworden seien. Die Beitragsbescheide seien bestandskräftig geworden. Zu diesem Zeitpunkt lag der Nettozahlbetrag der Altersrente bei 1.188,77 Euro (ohne Zuschuss zur privaten Krankenversicherung).

Mit Schreiben vom 10. März 2011 hörte die Beklagte den Kläger zu einem beabsichtigten hälftigen Einbehalt der Altersrente i.H.v. monatlich 534,39 Euro zugunsten der Beigeladenen an. Der Kläger solle seine wirtschaftlichen Verhältnisse und diejenigen seiner Ehefrau offenlegen. Er könne sich auch an den Träger zur Grundsicherung wenden und eine Bedarfsbescheinigung vorlegen. Der Kläger antwortete, seine Altersrente liege unter der Pfändungsfreigrenze und werde nicht von der Insolvenzmasse erfasst. Im Übrigen werde er durch den Einbehalt aber auch hilfebedürftig. Allein der Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung liege bei 368,76 Euro. Mit Bescheid vom 9. Mai 2011 behielt die Beklagte ab Juli 2011 i.H.v. 594,39 Euro ein. Die behauptete Hilfebedürftigkeit habe der Kläger nicht durch eine Bedarfsbescheinigung unterlegt.

Mit Bescheid vom 4. Juli 2011 reduzierte der Beklagte den Einbehalt ab 1. Juli 2011 auf 439,43 Euro und berücksichtigte dabei die monatlichen Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung.

Der Kläger legte dagegen Widerspruch ein und reichte eine Bescheinigung der Stadt G - Sozialamt - vom 26. Juli 2011 zu den Akten hiernach verfügten der Kläger und seine Ehefrau über überschießendes Einkommen im Sinne der §§ 82 ff. SGB XII i.H.v. 392,55 Euro. Entsprechend dieser Bescheinigung behielt der Beklagte mit Bescheid vom 8. August 2011 von der Rente einen Betrag i.H.v. 392,55 Euro ab 1. August 2011 ein. Den weitergehenden Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31. Oktober 2011 zurück.

Die anschließende Klage wies das Sozialgericht Altenburg mit Gerichtsbescheid vom 9. Mai 2012 - S 14 R 4214/11 ab.

Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Erfurt - L 6 R 1055/12 erteilte das Amtsgericht G. dem Kläger mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 - 8 IN 517/05 Restschuldbefreiung. Nach einem Erörterungstermin vor dem Berichterstatter reduzierte die Beklagte den monatlichen Einbehalt mit Bescheid vom 30. April 2014 ab Mai 2014 auf 100 Euro monatlich. Nach Hinweis des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2014 auf fehlende Ermessensausübung nahm die Beklagte die angefochtenen Bescheide zurück. Der Kläger nahm das Anerkenntnis an und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Im November 2014 erstattete die Beklagte dem Kläger die während der Verrechnung einbehaltene Altersrente i.H.v. 10.675,53 Euro.

Mit Schreiben vom 19. November 2014 hörte die Beklagte den Kläger zu einem monatlichen Einbehalt von 100 Euro an und verwies erneut auf das Beibringen einer Bedarfsbescheinigung. Der Kläger antwortete unter dem 24. November 2014, die Beklagte habe in der Verhandlung vom 30. September 2014 anerkannt, dass eine Verrechnung nicht möglich sei. Es möge sein, dass die Beitragsforderung der Beigeladenen rechtskräftig festgestellt sei. Ebenso rechtskräftig sei aber Restschuldbefreiung erteilt worden. Die Beitragsforderung sei nicht mehr durchsetzbar. In der Folge schlüsselte die Beigeladene ihre Forderungen mit Schreiben vom 28. April 20...

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