Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Angemessenheitsprüfung. Einpersonenhaushalt in Thüringen. schlüssiges Konzept. Anforderungen an die Vergleichsraumbildung. Gesamtlandkreis als Vergleichsraum. Clusteranalyse mit Bildung von Wohnungsmarkttypen
Orientierungssatz
Will der Grundsicherungsträger bei der Festlegung der Angemessenheitsgrenzen für die Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 einen ganzen Landkreis als einheitlichen Vergleichsraum festlegen, so muss er Fragen der Erreichbarkeit des gesamten Kreisgebiets im Rahmen der abstrakten Angemessenheit und damit bei der Bildung des Vergleichsraum berücksichtigen. Er muss also untersuchen, welche Bereiche des Landkreises zusammengefasst als homogener Lebens- und Wohnbereich betrachtet werden können, wobei die räumlichen Entfernungen zueinander sowie die erforderlichen Pendelzeiten für die Homogenität eine erhebliche Bedeutung haben. Enthält das Konzept des Grundsicherungsträger keine Ausführungen zu diesen Fragen, sondern werden lediglich für das Gebiet des Landkreises drei verschiedene Wohnungsmarkttypen festgelegt, die aber keine Vergleichsräume darstellen sollen, und erfolgen auch im Gerichtsverfahren keine entsprechenden Erläuterungen, so sind die Anforderungen an das schlüssige Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG nicht erfüllt.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 27. April 2015 abgeändert.
Der Bescheid des Beklagten vom 13. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2012 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, für den Monat Dezember 2011 weitere 42,65 Euro und für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. März 2012 monatlich jeweils weitere 61,40 Euro zu zahlen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist nach einem Teilanerkenntnis der Beklagten die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 31. März 2012.
Zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten ließ der … (LK) durch A. & K. (…) ein Untersuchungskonzept “Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Kosten im …„ erstellen.
Diese Konzept (aus dem Januar 2011) ging bei der Ermittlung der Unterkunftskosten im Wesentlichen wie folgt vor:
“Der 1. Arbeitsschritt, die Clusteranalysen, habe zum Ziel, unterschiedliche Wohnungsmarkttypen innerhalb des … zu identifizieren und abzugrenzen. Diese Vorgehensweise sei notwendig, um den regionalen Besonderheiten des LK bezüglich der Mietpreisbildung gerecht zu werden. Der … bestehe aus unterschiedlichen Gemeinden, die zum Teil städtisch (verdichtete Siedlungsgebiete), zum Teil aber auch ländlich strukturiert (geringer verdichtet) seien. Diese Strukturen hätten zusammen mit anderen Faktoren einen Einfluss auf die Miethöhe. Für die regionalen Wohnungsmärkte bedeute dies, dass die Mieten in städtisch geprägten Gebieten in der Regel höher seien als in ländlichen Gebieten. Um einerseits Fehlleistungen zu vermeiden, andererseits aber auch der gesetzlichen Aufgabenstellung gerecht zu werden, die Leistungsempfänger mit entsprechendem Wohnraum zu versorgen, sei es notwendig, das Kreisgebiet möglichst differenziert zu betrachten. Nur so sei es möglich, einerseits die Leistungsempfänger adäquat zu versorgen, andererseits Leistungen so zu begrenzen, dass keine unerwünschten Wohnungsmarkteffekte induziert würden.
Aus finanziellen und erhebungstechnischen Gründen (z.B. zu geringes Wohnungsangebot) sei es nicht bzw. nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, für jede Gemeinde des Kreises, unabhängig von der Gemeindegröße (der LK bestehe aus 5 Verwaltungsgemeinschaften, 5 Städten und 2 Gemeinden unterschiedlicher Größe) eine separate Mietpreisübersicht zu erstellen. Daher lasse es der Gesetzgeber bei der Erstellung von Mietpreisübersichten zu, Raumeinheiten mit strukturell vergleichbaren Wohnungsmärkten zu gemeinsamen Wohnungsmarkttypen zusammenzufassen und für diese Wohnungsmärkte Vergleichsmieten zu ermitteln.
Auf der Basis der Datenauswertung sei für den LK eine Untergliederung in 3 Wohnungsmarkttypen vorgenommen worden:
… Wohnungsmarkttyp 1,
Verwaltungsgemeinschaft …, Stadt G., Stadt M., Verwaltungsgemeinschaft R., Verwaltungsgemeinschaft W., Wohnungsmarkttyp 2,
Stadt L., Gemeinde N., Verwaltungsgemeinschaft O. Sp., Verwaltungsgemeinschaft P.,, Einheitsgemeinde S., Stadt Sch. Wohnungsmarkttyp 3 (vgl. Blatt 5 des Konzeptes).
Um die regionalen Wohnungsmärkte des LK definieren zu können, seien eine Vielzahl von Indikatoren untersucht worden, die in der amtlichen Statistik verfügbar seien und von denen bekannt sei, dass diese einen Einfluss auf den regionalen Wohnungsmarkt ausübten.
Berücksichtigt worden seien nur Indikatoren der amtlichen Statistik, deren Herkunft und Datenqualität den methodischen Ansprüchen an Nachvollziehbarkeit und Reproduzierbarkeit gerecht würden (Siedlungsstruk...