Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Versicherten auf Rente wegen voller Erwerbsminderung

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB 6 besteht nicht, wenn der Versicherte noch sechs Stunden arbeitstäglich zumindest leichte körperliche Tätigkeiten verrichten kann. Dabei ist die Benennung einer Verweisungstätigkeit nicht erforderlich.

2. Bei einer gleichwohl getätigten Benennung einer Verweisungstätigkeit kommt diejenige eines Pförtners an einer Nebenpforte in Betracht. Hierbei handelt es sich um eine leichte körperliche Arbeit, die überwiegend im Sitzen und in geschlossenen Räumen verrichtet wird und für körperlich Behinderte geeignet ist. Es stehen ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung, die nicht nur betriebsintern, sondern auch über den allgemeinen Arbeitsmarkt durch Stellenausschreibungen besetzt werden.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 22. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. November 2009 hat.

Der im … geborene Kläger ist gelernter Facharbeiter für Lagerwirtschaft und war zuletzt im September 1992 in diesem Beruf tätig. Danach war er, unterbrochen durch drei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Bereich der Landschaftspflege, arbeitslos.

Im Januar 2008 beantragte er bei der Beklagten erstmals die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung (u.a.) eines orthopädischen Sachverständigengutachtens des Dipl.-Med. A. vom 6. März 2008 lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 26. März 2008 ab und wies den dagegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 2008 zurück.

Den Überprüfungsantrag des Klägers vom August 2008 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Oktober 2008 ab.

Im Oktober 2009 beantragte der Kläger erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Nach Einholung eines chirurgischen Sachverständigengutachtens des Dr. H. vom 18. Juli 2010 (Diagnosen: Osteochondrose und Retrospondylose der Halswirbelsäule mit Diskose der Segmente C5/6 und C6/7; ausgeheilte TossyI-Verletzung der rechten Schulter, ausgeheilte Kreissägenverletzung am rechten Daumen mit Versteifung des Grundgelenks und eingeschränkter Beweglichkeit im Endgelenk; Parästhesie am rechten Daumen; femoropatellare Chondropathie des rechten Kniegelenks; Innenmeniskusläsion rechts; Achillodynie rechts; trophische Störungen der Haut am linken Sprunggelenk; Pankreatitis äthyltoxischer Genese 2005; Steatosis hepatis; Leistungsbild: leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit vollschichtig in allen Schichtformen und in wechselnden Körperhaltungen; keine anspruchsvollen handwerklichen Arbeiten mit der rechten Hand) lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13. August 2010 ab. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gab sie am 10. Dezember 2010 ein Anerkenntnis dahingehend ab, dass bei dem Kläger Berufsunfähigkeit ab 12. Oktober 2009 vorliegt und ihm ab November 2009 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gewährt wird. Den darüber hinausgehenden Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2011 zurück.

Mit seiner am 31. Januar 2011 vor dem Sozialgericht Nordhausen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und ergänzend vorgetragen, er könne keine drei Stunden täglich arbeiten. Mit dem Gutachten des Orthopäden Dr. E. sei er nicht einverstanden.

Das SG hat u.a. ein orthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. E. vom 8. September 2011 mit ergänzender Stellungnahme vom 26. Januar 2012 eingeholt. Dr. E. hat in seinem Gutachten ein chronisches lumbales pseudoradikuläres vertebragenes Schmerzsyndrom ohne neurologische Defizite, ein chronisches zervikobrachiales vertebragenes Schmerzsyndrom ohne Funktionseinschränkung, eine Funktionsminderung des rechten Daumens nach Verletzung mit Sensibilitätsstörungen, eine Reizung der rechten Achillessehne sowie einen Bluthochdruck diagnostiziert und eingeschätzt, dass der Kläger damit noch vollschichtig leichte bis mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, im Stehen, Gehen mit Unterbrechung, ohne häufiges Bücken, ohne Absturzgefahr, ohne Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne Feinmotorik der rechten Hand sowie ohne längeres Halten von Gegenständen verrichten könne. Tätigkeiten als Poststellenmitarbeiter oder Warenaufmacher/Versandfertigmacher seien mit dem Leistungsbild des Klägers noch vereinbar. In der ergänzenden Stellungnahme vom 26. Januar 2012 hat Dr. E. ausgeführt, dass die vom Kläger vorgelegten Ergebnisse einer röntgenologischen sowie einer MRT-Untersuchung des linken Handgelenks nicht geeignet seien, eine Funktionsstörung desselben zu bedingen.

Mit Urteil vom 22. Mai 2012 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger könne mit dem noch vorhanden...

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