Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausabrechnung. Kodierung. Atemunterstützung eines Erwachsenen über das HFNC-System. keine maschinelle Beatmung iSd Nr 1001h DKR 2010
Leitsatz (amtlich)
Die Atemunterstützung eines erwachsenen Patienten über das HFNC-System stellt keine maschinelle Beatmung iSd Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) 2010 1001h dar. Eine Entwöhnung iSd DKR 2010 1001h setzt eine strukturierte Behandlung voraus.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. Juni 2015 aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt 8/10, die Beklagte 2/10 der Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Krankenhausvergütung.
Die Klägerin betreibt ein nach § 108 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, in dem die bei der Beklagten versicherte C. L. (im Folgenden: Versicherte, geboren 1965) vom 17. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010 wegen der Hauptdiagnose C34.1 L (bösartige Neubildung: Oberlappen) und anderer Diagnosen stationär behandelt wurde. Am 21. Dezember 2009 wurde sie operiert. Am 31. Dezember 2009 war eine erneute Operation in Form einer Restpneumonektomie notwendig. Um 22:00 Uhr erfolgten notfallmäßig eine Intubation sowie eine maschinelle Beatmung. Die invasive Beatmung wurde am 1. Januar 2010 um 16:00 Uhr beendet und die Versicherte wurde nichtinvasiv beatmet. Die Therapie wurde bis zum 7. Januar 2010 um 14:00 Uhr fortgesetzt.
Die Klägerin stellte der Beklagten mit Rechnung vom 25. Februar 2010 unter Berücksichtigung der gesetzlich vorgesehenen Zuschläge 38.557,23 € (Fallpauschale - German Diagnosis Related Group Version 2009 ≪G-DRG≫ A13A ≪Beatmung ≫ 95 und ≪ 250 Stunden mit hochkomplexem Eingriff oder intensivmed. Komplexbeh. ≫ 1656 Punkte oder ≫ 1104 Punkte mit komplexer OR-Prozedur oder mit kompl. Konstellation, bestimmter OR-Prozedur und Alter ≪ 16 Jahre oder bei Lymphom und Leukämie) in Rechnung. Die Rechnung beinhaltet die Hauptdiagnose ICD-10-GM (= German Modification, im Folgenden: ICD-10) C34.1 L (Bösartige Neubildung: Oberlappen), weitere Nebendiagnosen und Prozeduren. Die Beklagte zahlte zunächst am 23. März 2010 den in Rechnung gestellten Betrag und beauftragte den M. D. der Krankenversicherung T. (MDK) mit der Überprüfung des Behandlungsfalles hinsichtlich der Notwendigkeit der vollstationären Behandlung für die Dauer vom 17. Dezember 2009 bis zum 31. Januar 2010 sowie der Korrektheit der von der Klägerin angegebenen Beatmungsdauer. Der MDK bestätigte in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. März 2010 die Notwendigkeit der stationären Behandlung; die Beatmungsdauer könne nicht bestätigt werden. Die ermittelte Beatmung betrage 18 Stunden. Daraus ergebe sich eine niedriger bewertete DRG. Die Versicherte sei postoperativ jeweils extubiert worden, daher seien die Beatmungszeiten im Rahmen der Operationen nicht zu zählen. Am 31. Dezember 2009 sei sie gegen 22:00 Uhr reintubiert und bis zum 1. Januar 2010 16:00 Uhr beatmet worden. Dies ergebe 18 Beatmungsstunden. Die anschließende Optiflow-Therapie sei nur im Rahmen eines Weanings (Entwöhnung) zur Beatmungszeit zu zählen. Ein Weaning habe hier nicht vorgelegen. Zutreffend sei die DRG E01B. Die Beklagte verrechnete daraufhin am 26. Mai 2010 einen Betrag in Höhe von 3.011,02 € und am 27. Mai 2010 einen Betrag in Höhe von 21.294,61 € mit unstreitigen Forderungen der Klägerin.
Am 4. Februar 2013 hat die Klägerin Klage auf Zahlung von 24.305,63 € nebst Zinsen erhoben. Zur Begründung der Kodierung der DRG A13A führte die Klägerin aus, nach zunächst komplikationsfreien Eingriffen habe sich die respiratorische Situation der Versicherten postoperativ verschlechtert. Es sei eine respiratorische Insuffizienz aufgetreten, so dass am 31. Dezember 2009 notfallmäßig um 22:00 Uhr eine Intubation und die anschließende maschinelle Beatmung erforderlich geworden seien. Die Trachea sei intubiert und die Versicherte invasiv beatmet auf die Intensivstation verlegt worden. Um eine Langzeitbeatmung möglichst zu vermeiden, sei die invasive Beatmung am 1. Januar 2010 um 16:00 Uhr beendet und die Versicherte nichtinvasiv mittels Maskenbeatmung weiter beatmet worden. Diese Flow-CPAP-Therapie sei kontinuierlich bis zum 7. Januar 2010 um 15:00 Uhr fortgesetzt worden. Erst dann sei die respiratorische Situation so stabilisiert gewesen, dass die kontinuierliche nichtinvasive Beatmung beendet werden konnte. Am 11. Januar 2010 habe die Versicherte auf die Normalstation verlegt werden können. Allein streitig sei zwischen den Beteiligten, ob es sich bei der im Anschluss an die invasive Beatmung erforderlichen kontinuierlichen Flow-CPAP-Therapie über Nasenmaske um eine maschinelle Beatmung im Sinne der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR Version 2010) gehandelt habe. Die Beklagte meine, die Flow-CPAP-Therapie sei nur im Rahmen einer Entwöhnung berücksichtigungsfähig; eine Entwöhnung habe hier jedoch nicht vorgelegen. Die Ver...