Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Besetzung eines Vertragsarztsitzes (hier Fachgebiet der Orthopädie). Berufungsausschuss. Auswahl. Zulassungsbewerber
Orientierungssatz
1. Allein die Feststellung, dass zurzeit kein ungedeckter Versorgungsbedarf im Bereich der Orthopädie besteht, führt nicht dazu, dass der Vertragsarztsitz nicht mehr besetzt wird. Vielmehr hat der Berufungssausschuss den Bedarf an konservativen orthopädischen bzw konservierend chirurgischen Leistungen in Relation zu anderen orthopädischen Leistungen zu bestimmen. Er darf im Übrigen auch eine zukunftsorientierte und lenkende Entscheidung treffen.
2. Ein Auswahlbewerber darf gegenüber einem anderen Bewerber keine Vorteile aus einer rechtswidrigen Auswahlentscheidung erlangen. Erst recht darf er sich nicht auf eine ungesetzliche Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit berufen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Beklagten und der Beigeladenen zu 8. gegen das Urteil des Sozialgerichtes Gotha vom 13. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 8. tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren jeweils zur Hälfte. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Besetzung eines Vertragsarztsitzes auf dem Fachgebiet der Orthopädie.
Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen stellte im Januar 2011 fest, dass im Planungsbereich J. in der Arztgruppe der Orthopäden eine Überversorgung nicht mehr besteht. Mit Beschluss vom 26. Januar 2011 öffnete er den gesperrten Planungsbereich für eine Zulassung auf dem Gebiet der Orthopädie. Daraufhin wurde im Thüringer Ärzteblatt der Vertragsarztsitz ausgeschrieben und es bewarben sich unter anderem der Kläger und die Beigeladene zu 8.
Der 1961 geborene Kläger ist seit 1987 approbiert. Seit 1995 ist er Facharzt für Chirurgie und seit September 2005 besitzt er die Anerkennung als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Er war bis 2005 Arzt an der chirurgischen Klinik der … J. und von 2006 bis 2009 halbtags als Weiterbildungsassistent für Handchirurgie in der Praxis Dr. St., Diplommediziner G. tätig. Seit April 2009 war er dort als angestellter Arzt gemeinsam im Job - Sharing mit Dr. St. tätig. In die Warteliste für das Fachgebiet Orthopädie ist er seit September 2005 eingetragen. Bereits zuvor hatte er sich um eine Niederlassung auf dem Fachgebiet Chirurgie bemüht.
Die 1966 geborene Beigeladene zu 8. wurde im März 1994 approbiert. Sie schloss ihre Aus-bildung im Juni 1999 als Fachärztin für Orthopädie ab. Sie war bis April 2008 als Stationsärztin am R.-E.-W. in E./Thüringen tätig. Seit April 2008 arbeitete sie als in Teilzeit angestellte Ärztin in der orthopädischen Praxis Dr. W. in B. D. Zusätzlich war sie als angestellte Ärztin in anderen Einrichtungen tätig. Seit November 2007 ist sie in die Warteliste bei der Beigeladenen zu 7. eingetragen.
Mit Beschluss vom 19. April 2011 ließ der Zulassungsausschuss einen weiteren Bewerber zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu und lehnte die Anträge auf Zulassung des Klägers und der Beigeladenen zu 8. ab. Dabei stellte er als ausschlaggebend den Zeitpunkt der Facharztanerkennung und die Dauer der Eintragung in die Warteliste heraus sowie das Bekenntnis des ausgewählten Bewerbers zu seiner konservativen Tätigkeit und Osteologie und die Wahl des Vertragsarztsitzes J. - L. Sowohl der Kläger wie auch die Beigeladene zu 8. legten gegen die Entscheidung Widerspruch ein.
Nach mündlicher Verhandlung am 10. August 2011 hob der Beklagte den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 19. April 2011 auf und ließ den Kläger zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu. Den Widerspruch der Beigeladenen zu 8. wies er zurück.
Mit Urteil vom 11. Januar 2012 wies das Sozialgericht Gotha die Klage der Beigeladenen zu 8. ab. Auf deren Berufung hob das Thüringer Landessozialgericht mit Urteil vom 5. Dezember 2013 (Az.: L 11 KA 608/12) die Entscheidung des Sozialgerichts Gotha sowie die Nummern 3 und 5 des Beschlusses des Beklagten auf. Die besondere Gewichtung des Approbationsalters und der längeren fachärztliche Tätigkeit des Klägers sei fehlerhaft gewesen, weil beide Ärzte länger als fünf Jahre fachärztlich tätig gewesen seien. Das Votum der Ärzteschaft vor Ort lasse objektive Kriterien vermissen. Die Anerkennung des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie bei dem Kläger durch die Landesärztekammer Thüringen werde zwar nicht in Frage gestellt, der Beklagte hätte sich aber einen Überblick über die tatsächliche orthopädische Tätigkeit des Klägers verschaffen müssen. Bei einer erneuten Entscheidung seien die tatsächlichen Tätigkeiten der Bewerber zu berücksichtigen, der konkrete Versorgungsbedarf sei darzulegen und welcher Bewerber den Bedarf am besten abdecken werde. Die Auswahlentscheidung habe sich an objektiven Kriterien auszurichten. Das Bundessozialgericht wies mit Beschluss vom 2. J...