Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtzeitige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten zur Weiterzahlung von Krankengeld

 

Orientierungssatz

1. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht nach § 46 S. 1 Nr. 2 SGB 5, falls stationäre Behandlung nicht stattgefunden hat, nur aufgrund ärztlicher Feststellung. Für den Umfang des Versicherungsschutzes ist demgemäß auf den Tag abzustellen, der dem Tag nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt.

2. Lagen zum Zeitpunkt der Vorstellung des Versicherten beim Arzt wegen des Bezugs von Übergangsgeld nach § 192 Abs. 1 Nr. 3 SGB 5 die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft nicht mehr vor, so ist dieser bei der Krankenkasse nach § 10 SGB 5 ohne Anspruch auf Krankengeld versichert, § 44 Abs. 2 Nr. 1 SGB 5.

3. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind grundsätzlich vom Versicherten zu tragen.

4. Es ist nicht Sache der Krankenkasse, den Versicherten rechtzeitig vor Ablauf des schon festgestellten Arbeitsunfähigkeitszeitraumes auf die besondere gesetzliche Regelung und deren im Regelfall gravierende Folgen hinzuweisen.

 

Normenkette

SGB V § 46 S. 1 Nr. 2, § 192 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 190 Abs. 2 Nr. 12, § 44 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 5, §§ 10, 19 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 20. März 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld ab dem 12. Juli bis 2. Dezember 2012 streitig.

Die 1964 geborene Klägerin war bei der Beklagten aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses bis zum 31. Dezember 2011 pflichtversichert. Seit dem 20. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt; seit dem 1. Januar 2012 bezog sie Krankengeld. Vom 6. Juni bis 11. Juli 2012 nahm sie eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Dr. B. B.-Klinik wahr und bezog Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV Bund). Am 26. Juni 2012 prellte sich die Klägerin dort beim Sport das linke Kniegelenk. Eine Untersuchung durch die diensthabende Stationsärztin ergab keine äußerlich erkennbaren Veränderungen. Die Behandlung erfolgte durch Kühlung, eine elastische Binde und Voltarensalbe. Einen Durchgangsarzt habe die Klägerin nicht in Anspruch nehmen wollen. Laut ärztlicher Kurzmitteilung der Dr. B. B.-Klinik vom 9. Juli 2012, dem Entlassungsschein und dem Rehabilitationsentlassungsbericht vom 17. Juli 2012 wurde sie am 11. Juli 2012 arbeitsfähig entlassen. Während der Rehabilitation habe Arbeitsfähigkeit bestanden. Die Klägerin habe sich mit der sozialmedizinischen Einschätzung einverstanden erklärt.

Der Facharzt für Chirurgie Dr. Sch. stellte am 13. Juli 2012 rückwirkend ab 12. Juli 2012 bis voraussichtlich 12. August 2012 Arbeitsunfähigkeit der Klägerin wegen ICD-10-GM (Version 2012) S83.6 (Verstauchung und Zerrung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile des Knies) fest. Mit Folgebescheinigung stellte Dr. Sch. am 30. Juli 2012 Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich 16. September 2012 fest. Am 14. August 2012 wandte sich die Klägerin telefonisch an die Beklagte und teilte mit, dass sie am 4. September 2012 operiert werde. Die Beklagte übersandte ihr einen Auszahlschein für Krankengeld, auf dem Dipl.-Med. R. am 14. August 2012 Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Wegen der Feststellung der Arbeitsfähigkeit im Rehabilitationsentlassungsbericht vom 17. Juli 2012 wandte sich die Klägerin an die Dr. B. B.-Klinik. Sie hätte nicht "arbeitsfähig" entlassen werden dürfen, weil sie dann keinen Anspruch auf Krankengeld habe und sie in ihrem Zustand beim Arbeitsamt nicht vermittelbar sei. Sie bitte um Änderung im Entlassungsbericht auf "arbeitsunfähig". Die Klägerin überreichte der Beklagten den geänderten Entlassungsbericht der Dr. B. B.-Klinik vom 24. August 2012, wonach ab dem 26. Juni 2012 aufgrund des Unfalls Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bestehe Leistungsfähigkeit für sechs Stunden und mehr. Sie sei arbeitsunfähig aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme entlassen worden. Am 13. September 2012 wandte sich die Klägerin telefonisch an die Beklagte und fragte nach einer Entscheidung bezüglich ihres Krankengeldanspruchs an.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 2012 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab dem 12. Juli 2012 ab. Während der Zeit des Bezuges von Krankengeld und des Bezuges von Übergangsgeld sei die Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erhalten geblieben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) müsse die Arbeitsunfähigkeit für den Fortbestand der versicherungspflichtigen Mitgliedschaft lückenlos nachgewiesen werden. Da Arbeitsunfähigkeit über den 11. Juli 2012 hinaus durch Dr. Sch. erst am 13. Juli 2012 bescheinigt worden sei, sei dies nicht der Fall und die versicherungspflichtige Mitgliedscha...

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