Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufung des Unterhaltsschuldners auf Leistungsunfähigkeit während einer Umschulungsmaßnahme
Leitsatz (amtlich)
Für die Dauer einer vom Arbeitsamt bewilligten Umschulung kann sich der Unterhaltsschuldner ggü. minderjährigen Kindern nicht auf Leistungsunfähigkeit berufen, wenn er zuvor in seinem erlernten Beruf eine Weiterbildung von 1 Jahr und 9 Monaten erhalten hat, da es sich nicht um eine Ausbildung mit dem Ziel handelt, erstmals einen Berufsabschluss zu erlangen, sondern um eine Zweitausbildung.
Normenkette
BGB § 1603 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Worbis (Urteil vom 05.08.2004; Aktenzeichen F 295/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Worbis vom 5.8.2004 in Ziff. 1, 3 und 4 abgeändert.
II. Der Kläger wird verurteilt, in Abänderung des Vergleichs des AG - FamG - Worbis vom 13.6.2002 (Az. F 284/00) ab dem 1.10.2003 einen monatlichen Kindesunterhalt jeweils monatlich im voraus
a) für A.R., geboren am 22.9.1988, i.H.v. 167 EUR und
b) für J.R., geboren am 28.1.1996, i.H.v. 142 EUR zu zahlen.
III. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
IV. Von den Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger die Gerichtskosten zu 88 % und der Beklagte zu 1) zu 12 %. Der Kläger trägt 80 % der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) und der Beklagte zu 1) 12 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2). Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
V. Von den Kosten der I. Instanz tragen der Beklagte zu 1) die Gerichtskosten zu 21 %, der Beklagte zu 2) 19 % und der Kläger zu 60 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Beklagte zu 1) 21 % und der Beklagte zu 2) 19 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) trägt der Kläger 61 %, von denen des Beklagten zu 2) 59 %. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
VII. Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 4184 EUR festgesetzt [Beklagter zu 1): (12 × 210 EUR =) 2520 EUR + Beklagter zu 2): (12 × 147 EUR =) 1.764 EUR].
VIII. Der Streitwert für das Verfahren I. Instanz wird in Abänderung des Beschlusses des AG - FamG - Worbis vom 11.8.2004 auf 6.189 EUR festgesetzt
(Klage: Beklagter zu 1): [12 × 210 EUR =] 2.520 EUR Beklagter zu 2): [12 × 147 EUR =] 1.764 EUR Summe Klage: 4.284 EUR Widerklage: Beklagter zu 1]: 15 × [262 EUR - 210 EUR =] = 52 EUR = 780 EUR Beklagter zu 2]: 15 × [222 EUR - 147 EUR =] = 75 EUR = 1125 EUR Summe Widerklage: 1905 EUR).
IX. Dem Kläger wird für die Berufungsinstanz zur Rechtsverteidigung ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... bewilligt.
X. Den Beklagten wird für die Berufungsinstanz ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..., bewilligt.
Gründe
I. Der Kläger hat sich durch Vergleich vom 13.6.2002 (Az. F 284/00) vor dem AG Worbis verpflichtet, ab dem 1.1.2002 einen monatlichen Kindesunterhalt für A., geboren am 22.9.1988, i.H.v. 210 EUR und für J., geboren am 28.1.1996 i.H.v. 147 EUR zu zahlen.
In Ziff. 1 des Vergleiches heißt es: "Bei der Unterhaltsberechnung gehen die Parteien von einem unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen des Beklagten i.H.v. 1278 EUR aus. Sie haben weiter berücksichtigt, dass der Beklagte einem weiteren Kind V., geboren am 28.5.1999, ggü. unterhaltsverpflichtet ist".
Der Kläger hat die Beklagten in Abänderung des Vergleichs vor dem AG Worbis vom 13.6.2002 (Az. F 284/00) beginnend ab Oktober 2003 auf Wegfall seiner Unterhaltspflicht, die Beklagten haben den Kläger vor dem AG widerklagend auf den Mindestunterhalt i.H.v. je 262 EUR und 222 EUR ab dem 1.7.2003 in Anspruch genommen.
Der Kläger hat zum 31.3.2003 seine Arbeit bei einer Abrissfirma aufgegeben. Er absolviert vom 14.7.2003 bis 13.3.2006 eine Umschulung zum Altenpfleger und erhält ein wöchentliches Unterhaltsgeld i.H.v. 176,33 EUR.
Wegen der Einzelheiten der Antragstellung und des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien wird auf das Protokoll des AG vom 29.6.2004 (Bl. 76 ff. d.A.) und die schriftlichen Entscheidungsgründe vom 5.8.2004 (Bl. 79 ff. d.A.) Bezug genommen.
Das AG Worbis hat ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob der Kläger seine bisherigen Tätigkeiten aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann und ob der Beruf als Altenpfleger für den Kläger geeignet ist. Das betriebsmedizinische Gutachten vom 5.5.2004 (Bl. 32 ff. d.A.) kommt zu dem Ergebnis, "dass die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit in einer Abrissfirma zu glaubhaften gesundheitlichen Beschwerden führte und aus ärztlicher Sicht nicht mehr dauerhaft ausgeübt werden kann. Ein Einsatz als Lkw - Fahrer wäre dann problematisch, wenn am Arbeitsplatz besondere Beanspruchungen durch Heben und Tragen bei Be- und Entladevorgängen aufträten; eine prinzipielle diesbezügliche Nichteignung kann noch nicht festgestellt werden. Ob dem Kläger ein dauerhafter Verbleib im...