Rz. 92
Der Kreis der anspruchsberechtigten Personen wird nach § 1 Abs. 4 nur erweitert, wenn die Eltern ihr Kind nicht betreuen können. Die genannten Verwandten und Angehörigen sind nur berechtigt, Elterngeld zu beziehen, wenn es den Eltern unmöglich ist, das leibliche oder angenommene Kind zu betreuen (Ersatzberechtigte). Ob eine Betreuung unmöglich ist, muss ggf. durch die zuständige Elterngeldstelle geklärt werden. Da gesetzlich bestimmte Gründe das Unvermögen zur Betreuung verursachen müssen, können – entsprechend substanziierte Anhaltspunkte vorausgesetzt – medizinische Ermittlungen durch die Behörde angezeigt sein.
Rz. 93
Die Vorschrift nennt abschließend die Gründe, aus denen den Eltern die Betreuung unmöglich sein muss. Die Unmöglichkeit zur Betreuung muss ursächlich auf einer schweren Krankheit, einer Schwerbehinderung oder dem Tod der Eltern beruhen. Diese Gründe müssen in der Person beider Elternteile vorliegen. Die Verwandten sind anstelle der Eltern nur berechtigt, wenn beide Eltern gestorben sind oder beide wegen schwerer Krankheit oder Schwerbehinderung gehindert sind, ihre Kinder selbst zu betreuen. Das Elterngeld steht also – soweit möglich – den Eltern selbst zu.
Rz. 94
Eine schwere Krankheit liegt vor, wenn ein regelwidriger Zustand von Körper, Geist oder Seele gegeben ist, der nach seiner Art und Schwere die Betreuung und Erziehung des Kindes ausschließt. Diese schwere Krankheit schließt die Betreuung aus, wenn entweder die Erkrankung des betreuenden Elternteils so ist, dass dieser die Betreuung nicht mehr leisten kann, oder wenn die Erkrankung ansteckend ist oder aus anderen Gründen eine Betreuung zum Wohl des Kindes nicht in Betracht kommt. Soweit Zweifel bestehen, ob eine schwere Krankheit vorliegt und wie schwer eine solche ist, hat die zuständige Elterngeldstelle den Sachverhalt durch Heranziehung ärztlicher Unterlagen oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu klären (§ 12 Abs. 1 BEEG, § 26 Abs. 1 BEEG, § 20 SGB X).
Rz. 95
Der Begriff der Schwerbehinderung ist im Vergleich zu dem der schweren Krankheit gesetzlich bestimmt. Nach § 2 Abs. 2 SGB IX sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen durch die Versorgungsverwaltung (§ 152 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) ein Grad der Behinderung von mindestens 50 festgestellt ist.
Rz. 96
Gleichstellung ist keine Schwerbehinderung
Eine Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen (§§ 2 Abs. 3, 151 Abs. 2, 3 SGB IX) reicht nicht aus, da sich die Gleichstellung auf die Anwendung besonderer Schutzregelungen für den Arbeitsmarkt bezieht.
Rz. 97
Liegt eine Schwerbehinderung vor, was durch Vorlage des entsprechenden Schwerbehindertenausweises zu belegen ist, muss diese darüber hinaus ursächlich ("wegen") dazu beitragen, dass der betroffene Elternteil die Betreuung des Kindes nicht übernehmen kann. Ob die Schwerbehinderung diese Folgen hat, ist bei entsprechenden Anhaltspunkten ggf. durch die Elterngeldstelle zu ermitteln.
Rz. 98
Sind beide Eltern verstorben, können an ihrer Stelle die in § 1 Abs. 4 bezeichneten Verwandten und Angehörigen Elterngeld in Anspruch nehmen, wenn sie außer der Elternschaft die weiteren Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen.
Rz. 99
Andere – insbesondere wirtschaftliche – Gründe sowie sonstige Härtefälle sind nach dem abschließend gefassten Wortlaut der Vorschrift nicht zu berücksichtigen. Demnach ist nicht ausreichend, wenn die Betreuung wegen anderweitiger Verpflichtungen der Eltern beruflicher oder privater Natur unzumutbar ist. Das Gesetz verlangt objektive Hinderungsgründe. Das Elterngeld soll gerade dem betreuenden Elternteil eine ausreichende wirtschaftliche Absicherung bieten, die es ihm ermöglicht, die Betreuung selbst zu übernehmen.