Rz. 9
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 wird Elterngeld als Basiselterngeld oder als Elterngeld Plus gewährt. Satz 1 hat eine klarstellende Funktion, indem er die möglichen Bezugsvarianten des Elterngeldes nennt.
Rz. 10
Basiselterngeld und Elterngeld Plus kann nach § 4 Abs. 1 Satz 2 ab dem Tag der Geburt bezogen werden. Hintergrund der Regelung ist der besondere Betreuungsbedarf des Neugeborenen in den ersten Lebensmonaten. Der Begriff der Geburt ist im Zusammenhang mit § 1 BGB zu sehen. Abzustellen ist somit auf den Zeitpunkt der Vollendung der Geburt bzw. der Entbindung.
Rz. 11
Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 kann Basiselterngeld bis zur Vollendung des 14. Lebensmonats des Kindes bezogen werden. Das BEEG enthält keine Regelungen zur Fristberechnung. Über die Verweise in § 26 Abs. 1 BEEG und § 26 SGB X sind die §§ 187 ff. BGB entsprechend anwendbar. Der Anspruch beginnt damit am Tag der Geburt (§ 187 Abs. 2 BGB) und endet an dem Tag, der der Vollendung des 14. Lebensmonats vorangeht (§ 188 Abs. 2 BGB).
Das Kind von F und M wird am 8. August geboren. Haben F und M bereits einen Anspruch auf Elterngeld ab dem 8. August?
Lösung
Der 1. Anspruchstag ist im vorliegenden Fall in der Tat der 8. August, da dieser Tag nach § 26 Abs. 1 BEEG i. V. m. § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 187 Abs. 2 Satz 1 BGB bei der Festlegung des Anspruchsbeginns zu berücksichtigen ist. Denn ist für den Anfang einer Frist der Beginn eines Tages der maßgebliche Zeitpunkt, wird dieser bei der Berechnung der Frist bereits einbezogen. Das Gleiche gilt nach § 26 Abs. 1 BEEG i. V. m. § 26 Abs. 1 SGB X i. V. m. § 187 Abs. 2 Satz 2 BGB vom Tag der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters. Der erste Lebensmonat endet nach § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 7. Septembers.
Rz. 12
Die mögliche Bezugsdauer des Elterngeld Plus ist nach § 4 Abs. 1 Satz 4 bis zur Vollendung des 32. Lebensmonats, solange es ab dem 15. Lebensmonat in aufeinander folgenden Lebensmonaten von zumindest einem Elternteil in Anspruch genommen wird. Es ist auch weiterhin möglich, erst ab dem 15. Lebensmonat Elterngeld Plus zu beziehen. Wie beim Basiselterngeld auch, ist die Bezugszeit auf die Summe der maximal zu beziehenden Monaten begrenzt. Das bedeutet, dass ein Verbrauch von Elterngeldmonaten eintreten kann, auch wenn kein Basiselterngeld oder Elterngeld Plus vor dem 15. Lebensmonat bezogen wird. Die Bezugszeit von 32 Lebensmonaten ergibt sich aus der Summe der maximal zu beziehenden Elterngeldmonate. Sie errechnet sich wie folgt: 12 Monate Basiselterngeld + 2 Partnermonate = 14 Monate Basiselterngeld oder 28 Monate Elterngeld Plus + weitere 4 Monate Elterngeld Plus in Form des Partnerschaftsbonus = 32 Monate.
Rz. 13
Hinsichtlich des zeitlichen Rahmens für die Inanspruchnahme von Elterngeld schafft § 4 Abs. 1 Satz 5 eine Erweiterung. Die Norm widmet sich angenommenen Kindern und Kindern i. S. d. § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BEEG und trägt dem Umstand Rechnung, dass adoptierte Kinder i. d. R. nicht bereits am Tag ihrer Geburt in den Haushalt der Adoptivfamilie aufgenommen werden. § 4 Abs. 1 Satz 5 ermöglicht daher den Bezug von Elterngeld ausgehend von der Aufnahme des Kindes bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres. Der Gesetzgeber honoriert damit, dass der Beginn des Zusammenlebens mit der Aufnahme des Kindes – unabhängig vom Zeitpunkt der Geburt – i. d. R. ebenfalls mit besonderen Anforderungen verbunden ist.
F und M adoptieren das am 17.5.2015 geborene Kind K. Die Aufnahme in den Haushalt bei F und M erfolgt am 4.1.2021. F beantragt Elterngeld für 12 Monate. Kann ihrem Antrag entsprochen werden?
Lösung
Der Geburtstag des K ist hier zunächst zu vernachlässigen, da ein Fall des § 4 Abs. 1 Satz 5 vorliegt und somit auf den Tag der Aufnahme bei F und M abzustellen ist. (Basis-)Elterngeld wäre daher grds. für die Zeit vom 4.1.2023 bis 3.1.2024 (12 Monate) zu bewilligen. Zu beachten ist jedoch, dass K am 17.5.2023 sein 8. Lebensjahr vollendet. Aufgrund der Rahmenfrist des § 4 Abs. 1 Satz 5 endet der Bezugszeitraum mit der Vollendung des 8. Lebensjahres. Elterngeld ist somit lediglich für die Zeit vom 4.1.2023 bis 16.5.2023 zu bewilligen, im Übrigen ist der Antrag abzulehnen.
Die Möglichkeit, in den Fällen des § 4 Abs. 1 Satz 5 Elterngeld bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres des Kindes beziehen zu können, kann zu einem zweifachen Bezug von Elterngeld führen. Ein solcher Fall ist denkbar, wenn Elterngeld vor der Adoption bereits durch die leiblichen Eltern in Anspruch genommen wurde und nach Aufnahme des adoptierten Kindes in den Haushalt erneut Elterngeld beantragt wird. Dies lässt – in Fortsetzung der Praxis zum Erziehungsgeld – einen neuen Anspruch entstehen, der weder vollständig noch teilweise durch die vorherige Inanspruchnahme des Elterngeldes durch die leiblichen Eltern verbraucht wird.
Der Gesetzgeber hat in Bezug auf das Anspruchsende eine Rahmenfrist vorgesehen, die eine unmittelbare zeitliche Grenze darstellt. Vollendet daher das in den Haushalt aufgenommene Ki...