Zusammenfassung
Verteilung ist die Zuweisung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers innerhalb Deutschlands auf ein Land durch das Bundesverwaltungsamt. Innerhalb eines Landes erfolgt die Verteilung auf ein Jugendamt durch das Landesjugendamt.
Sozialversicherung: § 42b SGB VIII regelt die Verteilung. Zu berücksichtigen ist dabei die VO (EU) Nr. 604/2013. Die Verteilung richtet sich nach der Aufnahmequote in § 42c SGB VIII (OVG Bremen, Beschluss v. 15.3.2021, 2 B 361/20).
1 Verfahren
Innerhalb von 2 Tagen nach Anmeldung zur Verteilung durch das Jugendamt bei der Landesstelle muss das Bundesverwaltungsamt das Land benennen, das zur Aufnahme verpflichtet wird.
Welches Land das ist, richtet sich nach der Aufnahmequote. Die Aufnahmequote ist bislang nach dem Königsteiner Schlüssel bestimmt. Im Rahmen dieser Quote gilt eine Rangregelung: Zuerst wird das Land benannt, zu dem das Jugendamt gehört, welches die vorläufige Inobhutnahme durchgeführt hat. Wenn dieses Land seine Aufnahmequote aber bereits erfüllt hat, wird das nächst gelegene Nachbarland benannt. Damit soll eine möglichst kontinuierliche Unterbringung erreicht werden.
Innerhalb des benannten Landes tritt wiederum die Landesstelle (i. d. R. das Landesjugendamt) in Aktion und weist den Minderjährigen innerhalb kürzester Frist (2 Werktage) einem Jugendamt zu.
Entscheidend für dessen Auswahl ist das individuelle Schutzbedürfnis des Minderjährigen. Dabei kann es zu einem "Bumerangeffekt" kommen, wenn das für die vorläufige Inobhutnahme zuständige Jugendamt gewählt wird. Ein Wunsch- und Wahlrecht besteht nicht, da dieses nur für Leistungen gilt, nicht aber für die sog. anderen Aufgaben.
Das Verteilungsverfahren ist ausgeschlossen, wenn das Kindeswohl gefährdet wird oder sonstige Gründe vorliegen.
Die Monatsfrist nach § 42b Abs. 4 Nr. 4 SGB VIII beginnt erst mit der Feststellung der Minderjährigkeit und nicht schon mit der vorläufigen Inobhutnahme.
2 Rechtsschutz
Die Entscheidungen des Bundesverwaltungsamts und der Landesstelle zur Verteilung sind Verwaltungsakte. Daher gelten die Regeln des Verwaltungsverfahrens, insbesondere zu Anhörung und Begründung. Wirksam wird die Entscheidung erst nach Bekanntgabe. Adressat der Bekanntgabe ist
- die Landesstelle für den Bescheid des Bundesamtes und
- das Jugendamt sowie der Minderjährige für die Zuweisungsentscheidung der Landesstelle. Bis zum 15. Lebensjahr erfolgt die Bekanntgabe zu Händen des gesetzlichen Vertreters.
Widerspruchsverfahren ist ausgeschlossen
Das Widerspruchsverfahren gegen die Verteilung ist ausgeschlossen. Eine Klage hat – abweichend von § 80 Abs. 1 VwGO, aber in Übereinstimmung mit § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO – keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für schon vor dem 1.11.2015 eingeleitete Verfahren.
Nach der Entscheidung des Jugendamts, dass eine keine (vorläufige) Verteilung erfolgt, ist die Anwendung des § 15a AufenthG nicht anwendbar.
3 Datenschutz
Bei der Bekanntgabe der Verteilung handelt es sich um Übermittlungen. Sie sind zulässig. Nur anvertraute Daten dürfen nicht weitergegeben werden. Ebenso ist die Datenerhebung im Einschätzungsverfahren zulässig.
4 Zuständigkeit
Für die bundesweite Verteilung ist das Bundesverwaltungsamt zuständig. Es hat seinen Sitz in Köln und an einigen Außenstellen.
Für die landesweite Verteilung ist i. d. R. das Landesjugendamt sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich bei mehreren Landesjugendämtern (nur NRW) nach Landesrecht.
Für die (endgültige) Inobhutnahme ist sachlich und örtlich das Jugendamt zuständig, das durch die Zuweisungsentscheidung des Landesjugendamts bestimmt wird.