4.1 Abhilfeverfahren
In der ersten Stufe des Widerspruchsverfahrens wird der angefochtene Bescheid von der Stelle überprüft, die ihn erlassen hat. Wird hierbei der Widerspruch des Versicherten "für begründet" erachtet, so ist ihm abzuhelfen.
Diese erste Stufe gibt der Verwaltung Gelegenheit,
- ihr Handeln aufgrund eines konkreten Vorbringens des Betroffenen zu überprüfen,
- den Betroffenen über die Sach- und Rechtslage zu informieren.
Stellt der Versicherungsträger fest, dass der Widerspruch ggf. auch nur zum Teil begründet ist, so hilft er ihm ab. D. h., er erlässt einen neuen Bescheid, mit dem die Fehler des ursprünglichen Bescheids korrigiert werden.
Sofern dem Widerspruch nur zum Teil abgeholfen werden konnte, muss das Widerspruchsverfahren fortgeführt werden.
In der Praxis kommt es jedoch vor, dass der Widerspruchsführer zuvor angeschrieben wird und unter Darlegung der Rechtsauffassung und Umfang der beabsichtigten Abhilfe gebeten wird mitzuteilen, ob er den Widerspruch im Übrigen zurücknimmt.
Abgrenzung zur Abänderung
Wenn der Verwaltungsakt während des Vorverfahrens abgeändert wird, wird auch der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens. Daher wird er der Stelle unverzüglich mitgeteilt, die über den Widerspruch zu entscheiden hat.
Die Abänderung beendet das Vorverfahren nicht. Im Gegensatz zur Abhilfe, sofern diese in vollem Umfang erfolgt.
4.2 Widerspruchsbescheid
Wenn und soweit nach Überprüfung des Bescheids durch die Verwaltung
- weder Abhilfe möglich ist
- noch der Betroffene auf die Fortführung des Verfahrens durch Rücknahme des Widerspruchs verzichtet, weil er durch Aufklärung über die Rechtslage nicht zufriedengestellt worden ist,
tritt das Verfahren in die zweite Stufe, das Bescheidverfahren. Diese Stufe wird von der Widerspruchsstelle durchgeführt. Die Widerspruchsstelle ist in Angelegenheiten der Sozialversicherung die "von der Vertreterversammlung bestimmte Stelle". Sie überprüft den angefochtenen Bescheid ein weiteres Mal und erlässt einen "Widerspruchsbescheid". Der Widerspruchsbescheid enthält neben der Entscheidung und der Begründung dieser Entscheidung wiederum eine Rechtsbehelfsbelehrung, die den Bescheidempfänger darüber informiert, dass er gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim zuständigen Sozialgericht erheben kann. Dies setzt allerdings die Zulässigkeit einer Klage voraus. Die Unzulässigkeit einer Klage kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass der Widerspruch verfristet eingelegt wurde und Möglichkeiten – wie z. B. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – ausscheiden. Das Sozialgericht, bei dem die Klage einzureichen ist, wird in der Rechtsbehelfsbelehrung genannt. Der mit dem Widerspruch angefochtene Verwaltungsakt/Bescheid wird – ggf. in der Form, die er im Widerspruchsverfahren erhalten hat/in Gestalt des Widerspruchsbescheides – bindend, wenn gegen den Widerspruchsbescheid keine Klage erhoben wird.
4.3 Aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs
Widerspruch und Anfechtungsklage haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung erfasst grundsätzlich auch rechtsgestaltende und feststellende Verwaltungsakte sowie Verwaltungsakte mit Drittwirkung.
Keine aufschiebende Wirkung
Die aufschiebende Wirkung entfällt jedoch in den Fällen, in denen die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherungsträger sichergestellt werden muss. Deshalb haben Widerspruch und Klage keine aufschiebende Wirkung, wenn es um Entscheidungen über die Pflicht zur Zahlung bzw. die Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten geht.
Die aufschiebende Wirkung verhindernde Regelung des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gilt jedoch nicht bei Verwaltungsakten, durch welche festgestellt werden sollte, ob eine Beschäftigung vorliegt. Dies ergibt sich unmittelbar aus § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB IV. Die aufschiebende Wirkung in diesen Fällen gilt nicht nur für Statusentscheidungen der Deutschen Rentenversicherung Bund im Rahmen eines Anfrageverfahrens nach § 7a Abs. 1 SGB IV. Vielmehr gilt sie auch für die Statusentscheidung der Krankenkasse, wenn diese die zuständige Einzugsstelle ist. Das Gleiche gilt für Entscheidungen der Rentenversicherungsträger im Rahmen von Betriebsprüfungen. Von den angefochtenen Entscheidungen gehen somit zunächst keine Rechtswirkungen aus. Das hat zur Folge, dass vom Auftraggeber zunächst keine GSV-Beiträge zu zahlen und keine Meldungen zur erstatten sind. Die Sozialversicherungsträger haben jedoch im Gegenzug zunächst keine Leistungen zu erbringen.
Eintreten der Rechtsfolge
Diese Rechtsfolge der aufschiebenden Wirkung tritt auch dann ein, wenn allein der Auftraggeber gegen den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Einzugsstelle oder eines Rentenversicherungsträgers Rechtsmittel eingelegt hat. Selbst eine Konstellation, in der sogar der Auftragnehmer mit dem Eintritt der Versicherungspflicht einverstanden war, änder...