Zusammenfassung
Die Vorschriften zur Zuständigkeit regeln, welcher Verwaltungsträger welche Aufgaben erledigen muss. Dies beinhaltet immer 2 Aspekte:
- Mit der örtlichen Zuständigkeit wird der räumliche Bereich umschrieben, in dem ein Verwaltungsträger tätig ist.
- Die sachliche Zuständigkeit definiert die Aufgaben, für die er verantwortlich ist.
Für die Verwaltung wird so zum einen unnötige Doppelarbeit vermieden. Zum anderen hängt die Frage der Finanzierung einer Leistung davon ab, in wessen Zuständigkeit sie fällt. Aus Sicht des Bürgers stellen die Regeln zur Zuständigkeit sicher, dass es einen Ansprechpartner für sein Begehren gibt.
Sozialversicherung: Die sachliche Zuständigkeit regelt § 85 SGB VIII. Für die örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 86 ff. SGB VIII. Spezifische Regelungen für bestimmte Aufgaben treffen die §§ 87 ff. SGB VIII. Die Kostenerstattung zwischen den örtlich zuständigen Trägern regeln die §§ 89 bis 89h SGB VIII. Ist ein kostenerstattungspflichtiger örtlicher Träger nicht vorhanden, so sind die Kosten vom überörtlichen Träger nach § 89b Abs. 2 SGB VIII zu erstatten.
1 Sachliche Zuständigkeit
Bei der Prüfung der Zuständigkeit ist zuerst die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsträgers zu prüfen, dann erst kann seine örtliche Zuständigkeit bestimmt werden.
1.1 Örtlicher Träger
Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII werden in der Regel vom örtlichen Träger erbracht ("Allzuständigkeit"). Wer örtlicher Träger ist, bestimmen seit der Föderalismusreform die Länder. Meistens sind dies die Landkreise bzw. kreisfreien Städte. Mit der sachlichen Zuständigkeit geht auch die Pflicht einher, die Kosten zu tragen.
Klarheit oft erst vor Gericht
In der Praxis sind die Zuständigkeiten oft nicht auf Anhieb eindeutig zu bestimmen. Daher muss unter den verschiedenen Verwaltungsträgern oft gerichtlich geklärt werden, wer zuständig war und damit die Kosten zu tragen hat. Diese Streitigkeiten fallen in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte.
1.2 Überörtlicher Träger
Der überörtliche Träger ist nur dann zuständig, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Diese Sachverhalte sind abschließend aufgezählt.
Zum Teil können die Bereiche, die in der Verantwortung des überörtlichen Trägers fallen, auf den örtlichen Träger übertragen werden.
Das Gesetz regelt weitere Ausnahmen, die landesrechtliche Besonderheiten in Bayern betreffen.
Welche Stelle der überörtliche Träger der Jugendhilfe ist, bestimmt jedes Bundesland selbst.
Unterschiedliche Organisationsformen einzelner Länder
Die einzelnen Länder haben sich für unterschiedliche Organisationsformen entschieden, z. B.:
- Baden-Württemberg hat als überörtlichen Träger den Kommunalverband für Jugend und Soziales (KVJS).
- Brandenburg hat mit dem Landesjugendamt eine Landesoberbehörde eingerichtet.
- In Schleswig-Holstein ist das Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit der überörtliche Träger.
1.2.1 Weisungsrecht
Die überörtlichen Träger der Jugendhilfe haben vor allem beratende und koordinierende Aufgaben. Sie haben kein Weisungsrecht gegenüber den örtlichen Trägern.
1.2.2 Konkurrierende Zuständigkeiten
Manchmal sind mehrere Leistungsträger für denselben Sachverhalt zuständig, z. B. neben dem Jugendamt auch das Sozialamt. Für solche Konkurrenzfälle existieren in der Regel spezifische Vorschriften.
2 Örtliche Zuständigkeit
Das Gesetz unterscheidet die Zuständigkeit für Leistungen von der für andere Aufgaben.
Der richtige Ansprechpartner für Leistungen nach dem SGB VIII ist zunächst dort zu finden, wo die Eltern bzw. die jungen Volljährigen ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Das Gesetz regelt detailliert
alle denkbaren Konstellationen, z. B. wenn die Eltern getrennt leben oder das Kind nicht bei den Eltern lebt.
Für bestimmte Aufgaben, z. B. das Vormundschaftswesen, trifft das SGB VIII spezifische Regelungen.
Erstversorgung
Steht die örtliche Zuständigkeit nicht fest oder bleibt der zuständige örtliche Träger untätig, gibt es eine Pflicht zum vorläufigen Handeln ("Erstversorgung").
Zuständigkeit nicht disponibel
Die Regelungen des SGB VIII zur Zuständigkeit sind nicht disponibel, können also nicht zwischen den Verwaltungsträgern ausgehandelt werden. Auch das Wunsch- und Wahlrecht des Leistungsberechtigten vermag die Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit nicht zu umgehen, denn es richtet sich nur an den örtlich zuständigen Träger. Der Landesgesetzgeber darf nach den Vorschriften des Grundgesetzes zur Einrichtung von Behörden landesspezifische Regelungen treffen.