Zusammenfassung
Mit einer Zweitmeinung im Sinne des Krankenversicherungsrechts ist das Einholen einer unabhängigen, neutralen Meinung von einem Arzt zu verstehen, der selbst den planbaren Eingriff oder die geplante Behandlung nicht vornimmt.
Sozialversicherung: Der Rechtsanspruch gesetzlich Krankenversicherter auf eine ärztliche Zweitmeinung ist in § 27b SGB V geregelt. Die Zweitmeinungs-Richtlinie (Zm-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses konkretisiert den Anspruch auf Einholung einer Zweitmeinung und für welche planbaren Eingriffe dieser Anspruch besteht. Die gesonderte neue Abrechnungsmöglichkeit der ärztlichen Zweitmeinung im Rahmen der Gebührenordnungspositionen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs wird durch § 87 Abs. 2a Satz 9 SGB V geschaffen.
1 Rechtsanspruch auf ärztliche Zweitmeinung
Versicherte haben bei einer bestimmten Indikation zu einem planbaren Eingriff Anspruch darauf, eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einzuholen. Dabei wird geprüft, ob der geplante Eingriff medizinisch notwendig und sachgerecht ist.
Es geht hierbei um die Prüfung sog. mengenanfälliger planbarer Eingriffe, bei welchen der Verdacht einer medizinisch nicht notwendigen Mengenausweitung besteht.
Die Zweitmeinung wird als gesonderte Sachleistung in der vertragsärztlichen Versorgung gewährt.
2 Überprüfbare Eingriffe
Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt in der Zweitmeinungs-Richtlinie (Zm-RL), für welche planbaren Eingriffe der Anspruch auf die Zweitmeinung im Einzelnen besteht. Bisher besteht Anspruch auf eine ärztliche Zweitmeinung bei
- Mandeloperationen,
- Gebärmutterentfernung,
- arthroskopischem Eingriff an der Schulter,
- Implantation einer Knieendoprothese,
- Amputation beim diabetischen Fußsyndrom,
- kathetergestützten elektrophysiologischen Herzuntersuchungen und Ablationen am Herzen,
- Implantation eines Herzschrittmachers, eines Defibrillators oder eines CRT-Aggregats,
- Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung) sowie
- bei bestimmten Eingriffen an der Wirbelsäule.
3 Leistungserbringer für die Zweitmeinung
Nachfolgende Ärzte oder Institutionen sind berechtigt, eine Zweitmeinung zu erbringen:
- zugelassene Ärzte,
- zugelassene medizinische Versorgungszentren,
- ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen,
- zugelassene Krankenhäuser sowie
- nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Ärzte, die nur zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen.
Um eine besondere Expertise bei der Zweitmeinungserbringung zu sichern, legt der Gemeinsame Bundesausschuss indikationsspezifische Anforderungen an die
- Abgabe der Zweitmeinung zum empfohlenen Eingriff und
- Erbringer einer Zweitmeinung
fest.
Kriterien für die besondere Expertise sind:
- eine langjährige fachärztliche Tätigkeit in einem Fachgebiet, das für die Indikation zum Eingriff maßgeblich ist,
- Kenntnisse über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung zur jeweiligen Diagnostik und Therapie einschließlich Kenntnissen über Therapiealternativen zum empfohlenen Eingriff.
4 Informationspflicht des den Eingriff durchführenden Arztes
Der Arzt, der die Indikation für einen überprüfbaren Eingriff stellt, muss den Versicherten über das Recht aufklären, dass dieser eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einholen kann. Er muss den Versicherten auch auf die Informationsangebote über geeignete Leistungserbringer hinweisen. Die Aufklärung muss mündlich erfolgen. Ergänzend zur Aufklärung kann auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Versicherte in Textform erhält. Der Arzt hat dafür Sorge zu tragen, dass die Aufklärung in der Regel mindestens 10 Tage vor dem geplanten Eingriff erfolgt. In jedem Fall hat die Aufklärung so rechtzeitig zu erfolgen, dass der Versicherte wohlüberlegt entscheiden kann, ob er eine Zweitmeinung einholen möchte.
Außerdem hat der Arzt den Versicherten auf sein Recht auf Überlassung von Abschriften der Befundunterlagen aus der Patientenakte hinzuweisen. Die Abschriften sind erforderlich, um die Zweitmeinung einholen zu können.
5 Satzungsregelung
Die Krankenkasse kann in ihrer Satzung zusätzliche Leistungen zur Einholung einer unabhängigen ärztlichen Zweitmeinung vorsehen.