Abschreibung von Mehrwerten für bewegliche Wirtschaftsgüter in der Ergänzungsbilanz
Mit Schreiben vom 19.12.2016 hat sich das BMF zur Abschreibung von Mehrwerten für bewegliche Wirtschaftsgüter in der Ergänzungsbilanz eines Mitunternehmers geäußert. Anlass ist das zur Thematik ergangene BFH-Urteil vom 20.11.2014 (IV R 1/11), das zum Verständnis der Verwaltungsaussagen zunächst kurz dargestellt wird.
Blick in den Urteilsfall
Im vorliegenden Fall hatte eine KG im Jahr 1985 ein Containerschiff erworben, das im Wesentlichen ihr Gesamthandsvermögen ausmachte. In den Jahren 1992 bis 1994 veräußerten mehrere Kommanditisten der Gesellschaft ihre Anteile an neue Investoren. Da die Kaufpreise höher lagen als die Buchwerte der Kapitalkonten der ausscheidenden Gesellschafter, erfasste die KG die übersteigenden Beträge in den Ergänzungsbilanzen der eingestiegenen Investoren als Mehrwerte gegenüber den in der Gesamthandsbilanz ausgewiesenen Wertansätzen für das Schiff. Die Abschreibung dieser Mehrwerte in den Ergänzungsbilanzen nahm die KG korrespondierend zu der Abschreibung in der Gesamthandsbilanz vor.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass für die Mehrwerte in den Ergänzungsbilanzen nicht die gleiche Abschreibungsmethode und die gleiche Restnutzungsdauer wie in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegt werden dürfen, wenn
- die zu erwartende tatsächliche Restnutzungsdauer (des Schiffs) wesentlich länger ist als die Restnutzungsdauer, die sich rein rechnerisch aus der in der Gesamthandsbilanz zugrunde gelegten Gesamtnutzungsdauer ergibt und
- der gezahlte Mehrbetrag erheblich ist.
Das Amt zog für die Abschreibung der Mehrwerte daher die Restnutzugsdauer heran, die für ein gebraucht erworbenes Seeschiff gilt, sodass sich die Abschreibungsdauer auf 5 bzw. 6 Jahre verlängerte und die Abschreibungsbeträge geringer ausfielen.
Der BFH entschied mit Urteil vom 20.11.2014, dass die in den Ergänzungsbilanzen aktivierten Mehrwerte für das Containerschiff nicht korrespondierend zu der Restnutzungsdauer und Abschreibungsmethode in der Gesamthandsbilanz abzuschreiben sind, sondern die Abschreibung in den Ergänzungsbilanzen
- nach der Restnutzungsdauer im Zeitpunkt des Anteilserwerbs erfolgen muss und
- jedem Anteilserwerber darüber hinaus das Recht zur Wahl der Abschreibungsmethode einzuräumen ist.
Hinweis: Diese „Entkopplung“ von der Gesamthandsbilanz rechtfertigte der BFH mit einem Gleichstellungsgedanken: Nach Gerichtsmeinung müssen die Anschaffungskosten in der Ergänzungsbilanz des Anteilserwerbers so fortgeführt werden, dass der Gesellschafter – soweit wie möglich – einem Einzelunternehmer gleichgestellt wird, dem Anschaffungskosten für entsprechende Wirtschaftsgüter entstanden sind.
Die Finanzverwaltung hat beschlossen, die Entscheidung in Kürze im Bundessteuerblatt II zu veröffentlichen. Damit werden die Finanzämter sie über den Einzelfall hinaus allgemein anwenden.
Aussagen des BMF
Das BMF greift die Urteilsgrundsätze mit Schreiben vom 19.12.2016 auf und weist darauf hin, dass der BFH zwar im Ergebnis der Ansicht des beklagten Finanzamts gefolgt ist, seine Aussagen aber so zu verstehen sein könnten, dass sich die eigenständigen Abschreibungsregeln nur auf die in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Anschaffungskosten (also nur auf den Mehrwert) beziehen, sodass die in der Gesellschaftsbilanz dargestellten Abschreibungsbeträge davon unberührt bleiben. Das BMF gibt deshalb ergänzende Hinweise und weist darauf hin, dass zur Berechnung der Abschreibungsbeträge in der Ergänzungsbilanz wie folgt zwischen Gesellschafterwechseln bei einer Mitunternehmerschaft und Einbringungsvorgängen nach § 24 UmwStG unterschieden werden muss.
Gesellschafterwechsel bei Mitunternehmerschaft
Das BMF verweist darauf, dass das tragende Argument des BFH für die Anwendung eigenständiger Abschreibungsregeln die Gleichstellung mit Einzelunternehmern ist. Erwirbt ein Einzelunternehmer einen Betrieb, dürfen die Wirtschaftsgüter höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Diese Kosten sind zudem die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung nach § 7 EStG.
Das BMF überträgt diese Grundsätze auf den Erwerb eines Mitunternehmeranteils bei gleichzeitiger Aufstellung einer positiven Ergänzungsbilanz und kommt zu dem Ergebnis, dass für die Abschreibung die auf das jeweils (anteilig) erworbene Wirtschaftsgut entfallenden (gesamten) Anschaffungskosten maßgebend sind. Zu diesen (gesamten) Anschaffungskosten gehört aber nicht nur ein in der Ergänzungsbilanz ausgewiesener Mehrwert, sondern auch der anteilige (auf den Erwerber entfallende) Buchwert, der in der Gesellschaftsbilanz ausgewiesen ist. Somit muss sich die eigene Abschreibung des Erwerbers des Mitunternehmeranteils nicht nur isoliert auf die ausgewiesenen Anschaffungskosten in der Ergänzungsbilanz beziehen, sondern auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfassen, die in der Gesellschaftsbilanz angesetzt sind. Das BMF verdeutlicht diese Aussagen anhand zweier Beispiele.
Hinweis: Das BMF weist darauf hin, dass die vom BFH herausgestellte Gleichbehandlung mit einem Einzelunternehmer auch zu beachten ist, wenn bei einem Mitunternehmerwechsel die Anschaffungskosten für das jeweilige Wirtschaftsgut unter dem (anteiligen) Buchwert der Gesellschaftsbilanz liegen. Danach sind für die dem Mitunternehmer zustehenden Abschreibungsbeträge ausschließlich seine eigenen Anschaffungskosten und die im Anschaffungszeitpunkt neu zu schätzende Restnutzungsdauer maßgebend. Die bei Abstockungen im Rahmen des § 24 UmwStG geltenden Grundsätze zur Ermittlung des Korrekturbetrags können in diesen Fällen nicht angewandt werden.
Einbringungsvorgänge nach § 24 UmwStG
Das BMF erklärt weiter, dass die im BFH-Urteil vom 20.11.2014 dargelegten Rechtsgrundsätze zu keinen Änderungen bei der Abschreibung von Mehr- oder Minderwerten in der Ergänzungsbilanz im Rahmen von Einbringungsvorgängen nach § 24 UmwStG führen (mit Ausnahme der Fälle des § 24 Abs. 4 i. V. m. § 23 Abs. 4 1. Halbsatz UmwStG). Es verbleibt in diesen Fällen bei der in der Ergänzungsbilanz (parallel zur Abschreibung in der Gesamthandsbilanz) vorzunehmenden gesellschafterbezogenen Korrektur der dem einbringenden Gesellschafter hinsichtlich seiner höheren oder geringeren Anschaffungskosten gegenüber der Gesamthandsbilanz zuzuordnenden zu niedrigen oder zu hohen Abschreibung.
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