Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen

Nachdem der BFH 2021 die bisher von der Finanzverwaltung vertretene Auffassung, dass bei sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten Gegenständen eine Dokumentation innerhalb der gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen gegenüber der Finanzverwaltung erfolgen muss, als zu eng angesehen hatte, passt die Finanzverwaltung jetzt den UStAE an.

In bestimmten Fällen hat der Unternehmer für bezogene Gegenstände ein Zuordnungswahlrecht. Er kann einen Gegenstand ganz, teilweise oder auch gar nicht seinem Unternehmen zuordnen. Die Zuordnungsentscheidung muss in geeigneter Weise dokumentiert werden. Während die Finanzverwaltung früher davon ausging, dass die Zuordnungsentscheidung bis zur gesetzlichen Abgabefrist von Jahressteuererklärungen gegenüber dem Finanzamt dokumentiert werden muss, hatte der BFH aufgrund von Entscheidungen des EuGH innerhalb der Abgabefrist nur eine nach objektiven Gesichtspunkten nachvollziehbare Dokumentation gefordert. Die Finanzverwaltung passt jetzt die Verwaltungsanweisungen an die Rechtsprechung an.

Die rechtliche Problematik

Erwirbt ein Unternehmer einen Gegenstand, den er sowohl für seine unternehmerischen Zwecke als auch für private Zwecke verwenden möchte, kann er den Gegenstand seinem Unternehmen vollständig zuordnen, gar nicht zuordnen oder auch nur teilweise zuordnen. Dieses Zuordnungswahlrecht gilt – anders als im Ertragsteuerrecht – sowohl für Immobilien als auch für bewegliche körperliche Gegenstände. Voraussetzung ist nur, dass die unternehmerische Verwendung mindestens 10 % der geplanten Verwendung beträgt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Wichtig: Ein Zuordnungswahlrecht (vgl. dazu Abschn. 15.2c Abs. 2 Nr. 2 UStAE) kann für einen Unternehmer nur dann bestehen, wenn der Gegenstand sowohl für unternehmerische als auch für private (nichtunternehmerische) Zwecke verwendet wird. Gegenstände, die ausschließlich unternehmerisch verwendet werden, stellen ohne Wahlrecht des Unternehmers "Unternehmensvermögen" dar. Gegenstände die ausschließlich oder zu mehr als 90 % nichtunternehmerischen Zwecken dienen, dürfen – ebenfalls ohne Wahlmöglichkeit durch den Unternehmer – dem "Unternehmensvermögen" insgesamt nicht zugerechnet werden. Werden Gegenstände für sog. "nichtwirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinn" (vgl. dazu Abschn. 2.3 Abs. 1a UStAE – dies sind insbesondere hoheitliche Tätigkeiten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder bestimmte Leistungen von Vereinen) neben einer unternehmerischen Verwendung genutzt, besteht kein Zuordnungswahlrecht, der Vorsteuerabzug ist schon auf der Leistungseingangsseite in einen abzugsfähigen und einen nicht abzugsfähigen Teil aufzuteilen. Dies gilt ebenfalls – und dies für alle Unternehmer – bei sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch verwendeten sonstigen Leistungen.
Ein "Zuordnungswahlrecht" im umsatzsteuerrechtlichen Sinn hat nichts mit den im Ertragsteuerrecht vorhandenen Fragen der Zuordnung von Gegenständen zum "notwendigen oder gewillkürten" Betriebs- oder Privatvermögen zu tun.

Möchte der Unternehmer die Zuordnung zu seinem Unternehmen vornehmen, war der BFH (Urteil v. 7.7.2011, V R 21/10, BStBl 2014 II S. 81 sowie BFH, Urteil v. 7.7.2011, V R 42/09, BStBl 2014 II S. 76) – zumindest nach der nachfolgenden Auslegung durch die Finanzverwaltung – davon ausgegangen, dass diese Zuordnung bis zur gesetzlichen Abgabefrist der Steuererklärungen (regelmäßig derzeit der 31.7. des Folgejahrs, soweit nicht eine gesetzliche Verschiebung der Abgabefrist vorliegt) gegenüber der Finanzverwaltung dokumentiert werden musste. War die Zuordnung bis zu diesem Stichtag nicht – durch Abgabe einer Voranmeldung oder der Jahressteuererklärung mit vollem Vorsteuerabzug oder einer anderen Information – gegenüber der Finanzverwaltung dokumentiert worden, ging die Finanzverwaltung davon aus, dass der Gegenstand dem Unternehmen nicht zugeordnet wurde. Der Vorsteuerabzug war in diesem Fall endgültig in vollem Umfang verloren und konnte auch nicht (anteilig) über eine Vorsteuerberichtigung geltend gemacht werden.

An dieser starren Zuordnungsfrist bestanden aber spätestens seit einem Urteil des EuGH (Urteil v. 25.7.2018, C-140/17 (Gmina Ryjewo), UR 2018 S. 687) erhebliche Zweifel, sodass der BFH (Beschluss v. 18.9.2019, XI R 3/19, BStBl 2021 S. 112 und Beschluss v. 18.9.2019, XI R 7/19, BStBl 2021 II S. 118) dazu den EuGH angerufen hatte. Der EuGH (Urteil v. 14.10.2021, C-45/20 (E) und EuGH, Urteil v. 14.10.2021, C-46/20 (Z), BFH/NV 2021 S. 1629) hatte – anders als dies noch der Generalanwalt in seiner Schlussempfehlung (Generalanwalt Tanchev, Schlussanträge v. 20.5.2021 zur Rs. C-465/20 und C-46/20) vorgeschlagen hatte – starre Zuordnungsfristen nicht grundsätzlich aus unionsrechtlichen Gründen verworfen. Nationale Gerichte (also der BFH) müssen über die Frage der Frist für eine Dokumentation der Zuordnungsentscheidung entscheiden. Dabei sei zu beachten, dass die Zuordnungsentscheidung als solche eine materielle Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, die Dokumentation gegenüber der Finanzverwaltung aber eine formelle Voraussetzung darstellt. Nach den schon früher vom EuGH aufgestellten Grundsätze darf ein Verstoß gegen die formellen Anforderungen jedoch grundsätzlich nicht zum Verlust des Rechts auf Vorsteuerabzug führen. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Verstoß gegen die formellen Anforderungen den sicheren Nachweis verhindert, dass die materiellen Anforderungen erfüllt wurden. Ein reiner Verstoß gegen die Dokumentationsfrist darf den Unternehmer aber nicht daran hindern, den sicheren Nachweis dafür zu erbringen, dass eine Zuordnungsentscheidung zum Zeitpunkt des Erwerbs der Wirtschaftsgüter getroffen wurde. Die Möglichkeit, das Abzugsrecht allerdings ohne jede zeitliche Beschränkung auszuüben, würde dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwiderlaufen. Der BFH müsse deshalb prüfen, ob im Hinblick auf das Ziel der Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit eine Zuordnungsfrist verhältnismäßig ist. Dabei sollte der BFH berücksichtigen, dass die Finanzverwaltung auch andere Sanktionsmaßnahmen gegen säumige Steuerpflichtige hat und dass dem Vorsteuerabzug als solchem im Unionsrecht eine herausragende Bedeutung zukommt.

In der Folge hatte der BFH (Urteil v. 4.5.2022, XI R 28/21, BFH/NV 2022 S. 878; Urteil v. 4.5.2022, XI R 29/21, BFH/NV 2022 S. 881 sowie Urteil v. 29.9.2022, V R 4/20, BFH/NV 2023 S. 358) in den Fällen, in denen innerhalb der Zuordnungsfrist erkennbar geworden ist, dass anhand objektiver Anhaltspunkte der Steuerpflichtige einen Gegenstand dem Unternehmen zugeordnet hat, entschieden, dass es nicht zusätzlich erforderlich ist, dass er die erfolgte Zuordnung der Finanzverwaltung innerhalb der Frist des § 149 Abs. 2 Satz 1 AO mitteilt. Für die Dokumentation der Zuordnung ist nach der klaren Aussage des BFH keine fristgebundene Mitteilung an das zuständige Finanzamt erforderlich.

Hinweis: Die Zuordnungsentscheidung muss immer zeitnah zum Leistungsbezug getroffen werden. Die Dokumentation der Entscheidung muss anhand objektiver Kriterien innerhalb der gesetzlichen Abgabefrist für die Jahressteuererklärung vorgenommen worden sein. Nicht notwendig ist die Dokumentation gegenüber der Finanzverwaltung innerhalb dieser Frist.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Wichtig: Das BMF-Schreiben ändert und ergänzt Abschn. 15.2c UStAE.

Die Finanzverwaltung hatte schon früher in Abschn. 15.2c UStAE zu den Grundsätzen der Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen Stellung genommen. An diesen Grundsätzen haben sich inhaltlich keine Änderungen ergeben. Umfassend überarbeitet wurden die Ausführungen zur Frage der Dokumentation der Zuordnungsentscheidung und deren Konsequenzen.

Wichtig: Ob – und wenn ja, in welchem Umfang – der Unternehmer eine Leistung seinem Unternehmen zuordnen kann, ist durch das BMF-Schreiben nicht verändert worden. Es geht lediglich um die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung.
Die Zuordnungsentscheidung als solche stellt eine sog. "innere Tatsache" dar, diese muss in geeigneter Weise dokumentiert werden.

Die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung erfolgt regelmäßig durch die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs. Hat der Unternehmer den zulässigen Vorsteuerabzug zeitnah in seiner Voranmeldung geltend gemacht, ist darin eine ausreichende Dokumentation zu sehen. Nur in den Fällen, in denen entweder keine Aufnahme in der Voranmeldung erfolgen kann (z. B., wenn der Unternehmer keine Voranmeldungen abgeben muss und die Jahressteuererklärung auch nicht bis zur gesetzlichen Regelabgabefrist abgegeben worden ist), oder trotz Abgabe von Voranmeldungen eine Vorsteuerabzugsberechtigung nicht (in voller Höhe) möglich ist, muss durch andere objektiv erkennbare Beweisanzeichen die Zuordnungsentscheidung dokumentiert werden.

Wichtig: Werden Gegenstände ausschließlich unternehmerisch genutzt oder wird bei unternehmerisch und nichtunternehmerisch (privat) genutzten Gegenständen aufgrund der Zuordnungsentscheidung der Vorsteuerabzug in vollem Umfang in einer regulären Voranmeldung geltend gemacht, brauchen keine weiteren Überlegungen über eine Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung angestellt werden.

Wenn sich eine Zuordnungsentscheidung nicht aus einem (rechtzeitig) geltend gemachten Vorsteuerabzug ableiten lässt, müssen andere nach außen hin objektiv erkennbare Beweisanzeichen herangezogen werden. Solche "anderen objektiv erkennbaren Beweisanzeichen" sind nach der Zusammenstellung der Finanzverwaltung (Abschn. 15.2c Abs. 17 Satz 6 UStAE):

  • Kauf oder Verkauf des Gegenstands unter Firmennamen,
  • betriebliche Versicherung des Gegenstands,
  • bilanzielle und ertragsteuerrechtliche Behandlung des Gegenstands (siehe dazu auch BFH, Urteil v. 7.7.2011, V R 42/09, BStBl 2014 II S. 76),
  • Abschluss von Verträgen, um mit dem Gegenstand Ausgangsumsätze zu erzielen (z. B. Einspeisevergütungsverträge zu Photovoltaikanlagen, Mietverträge u. ä. (BFH, Urteil v. 4.5.2022, XI R 29/21, BFH/NV 2022 S. 881)),
  • Ersatzbeschaffung vergleichbarer, bisher dem Unternehmen zugeordneter Gegenstände,
  • Angaben in den Bauantragsunterlagen oder Bauplänen, die auf eine unternehmerische Nutzung schließen lassen, jedenfalls dann, wenn weitere Beweisanzeichen (BFH, Urteil v. 4.5.2022, XI R 28/21, BFH/NV 2022 S. 878) hinzukommen. Dies kann z. B. die Ummeldung des Unternehmens an die Adresse des errichteten Gebäudes sein.

Hinweis: Das Unterlassen des Vorsteuerabzugs ist ein gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Das Fehlen eines Vorsteuerabzugs in der Voranmeldung für den Zeitraum, in dem der Gegenstand erworben wurde, lässt für sich genommen aber nicht den Schluss zu, dass sich der Steuerpflichtige dafür entschieden hat, den betreffenden Gegenstand nicht seinem Unternehmen zuzuordnen (Abschn. 15.2c Abs. 17 UStAE sowie EuGH, Urteil v. 14.10.2021, C-45/20 (E) und EuGH, Urteil v. 14.10.2021, C-46/20 (Z), BFH/NV 2021 S. 1629).

Ergibt sich bei einem Zuordnungswahlrecht die Zuordnung nicht aus der Voranmeldung und auch nicht aus anderen objektiv erkennbaren Beweisanzeichen, ist weiterhin eine ausdrückliche Mitteilung über die Zuordnung des Gegenstands an das Finanzamt notwendig.

Wichtig: Eine solche ausdrückliche Mitteilung über die Zuordnung wie auch der Nachweis durch andere objektiv erkennbare Beweisanzeichen müssen innerhalb der gesetzlichen Abgabefrist (i. d. R. der 31.7. des Folgejahrs) für Jahressteuererklärungen vorliegen. Eine Fristverlängerung – unabhängig, ob individuell genehmigt oder für Berufsträger aufgrund von gesetzlichen Vorgaben – ist in diesem Fall unbeachtlich.

Liegen die Voraussetzungen nicht vor, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gegenstand dem Unternehmern vollständig zugeordnet wurde, der Vorsteuerabzug ist dann ausgeschlossen bzw. auf den Teil des Gegenstands beschränkt, für den sich eine Zuordnungsentscheidung nachweisen lässt. Eine später vorgenommene Zuordnung oder Erhöhung des Anteils des dem Unternehmen zugeordneten Teils des Gegenstands führt für den Vorsteuerabzug aus dem Kauf, innergemeinschaftlichen Erwerb oder der Einfuhr des Gegenstands nicht zu einer nachträglichen Vorsteuerabzugsberechtigung, auch nicht über die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.

Ein Zeugenbeweis oder eine Parteivernehmung stellen keine objektiven Beweisanzeichen zur Annahme einer Zuordnung dar (BFH, Urteil v. 4.5.2022, XI R 29/21, BFH/NV 2022 S. 881).

Konsequenzen für die Praxis

Die Finanzverwaltung aktualisiert die Vorschriften im UStAE zur Frage der Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung für "gemischt" genutzte Gegenstände. Die Anpassung war notwendig, da die bisher von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung nicht mit den aktuellen Urteilen des EuGH und des BFH vereinbar waren.

Diese systematisch wichtige Rechtsfrage betrifft aber nur die Erwerbe von Gegenständen, die nicht ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendet werden. Für bezogene sonstige Leistungen besteht grundsätzlich kein Zuordnungswahlrecht und ausschließlich für unternehmerische Zwecke verwendete Gegenstände sind ohne Ausübung eines Wahlrechts zwingend dem Unternehmen zugeordnet. In der Praxis hatte sich der Streit um die rechtzeitige Dokumentation einer Zuordnungsentscheidung deshalb häufig auf die Zuordnung bei sowohl privat als auch unternehmerisch genutzten Immobilien (hier ist nach § 15 Abs. 1b UStG der Vorsteuerabzug auf den unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes beschränkt – ob das Gebäude dem Unternehmen vollständig zugeordnet wurde, kann dann bei einer Erweiterung der unternehmerischen Nutzung von wirtschaftlichem Interesse sein) oder bei privat und unternehmerisch genutzten Photovoltaikanlagen konzentriert. Zumindest bei den Photovoltaikanlagen dürfte sich dieser Rechtsstreit wegen des seit dem 1.1.2023 regelmäßig zur Anwendung kommenden "Nullsteuersatzes" (§ 12 Abs. 3 UStG) sowieso erledigt haben.

Wesentliche, über die bisher bekannten BFH-Urteile aus 2022 hinausgehende, Informationen ergeben sich aus dem BMF-Schreiben nicht. Die Regelungen sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Die Finanzverwaltung hat in diesem Zusammenhang ein BMF-Schreiben aus 2014 (BMF, Schreiben v. 2.1.2014, BStBl 2014 I S. 119) aufgehoben, in dem u. a. die zwingende Dokumentation der Zuordnungsentscheidung bis zur gesetzlichen Abgabefrist der Steuererklärung gegenüber der Finanzverwaltung gefordert wurde.

BMF, Schreiben v. 17.5.2024, III C 2 - S 7300/19/10002 :001


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