1.2.2.1 Art. 15 OECD-MA
Rz. 25
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Nach Art. 15 Abs. 1 OECD-MA können die Vergütungen aus unselbständiger Arbeit nur im Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers besteuert werden, es sei denn, die Tätigkeit wird im anderen Vertragsstaat (Tätigkeitsstaat) ausgeübt. Wird die unselbständige Arbeit im anderen Staat ausgeübt, steht grundsätzlich diesem Staat das Besteuerungsrecht für die hierfür bezogenen Vergütungen zu (sog. Arbeitsortprinzip). Die bloße Verwertung einer unselbständigen Arbeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchstabe a 2. Alternative EStG) stellt keine Tätigkeit i. S. der DBA dar.
Rz. 26
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Abweichend hiervon steht unter den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 2 OECD-MA (sog. 183-Tage-Klausel) das Besteuerungsrecht für solche Vergütungen nur dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitnehmers zu (s. Tz. 4, Rn. 101ff.).
Rz. 27
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Art. 15 Abs. 3 OECD-MA enthält eine gesonderte Bestimmung für Vergütungen des Bordpersonals von Schiffen und Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr (s. Tz 4.3.4.2, Rn. 203, Tz. 8, Rn. 392ff.).
Rz. 28
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Die Begriffe "Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen aus unselbständiger Arbeit" sind im OECD-MA nicht definiert. Soweit sich aus dem anzuwendenden DBA nichts anderes ergibt oder die zuständigen Behörden der beiden Staaten nicht eine andere Bedeutung vereinbaren (Art. 25 Abs. 3 OECD-MA), ist die Bedeutung maßgebend, die dem Begriff im Anwendungszeitraum nach dem Recht des Anwenderstaates zukommt (Art. 3 Abs. 2 OECD-MA). In Deutschland sind die Vorschriften der §§ 1 und 2 LStDV einschlägig. Zur Abgrenzung selbständiger von nichtselbständiger Arbeit wird auf H 19.0 bis H 19.2 LStH verwiesen. Im Falle einer unterschiedlichen Auslegung der Begriffe durch die Vertragsstaaten (Qualifikationskonflikt) ist § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG zu prüfen (s. Tz. 2.4, Rn. 85).
1.2.2.2 Grenzgängerregelung
Rz. 29
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Abweichend vom OECD-MA enthalten einzelne DBA besondere Regelungen für grenzüberschreitend Beschäftigte. Dies sind derzeit [Stand 2023] die DBA mit Frankreich (Art. 13 Abs. 5 – i. d. R. Besteuerung im Ansässigkeitsstaat), Österreich (Art. 15 Abs. 6 – i. d. R. Besteuerung im Ansässigkeitsstaat) und der Schweiz (Art. 15a – begrenzte Quellenbesteuerung im Tätigkeitsstaat und Besteuerung im Ansässigkeitsstaat (in Deutschland mit Anrechnung begrenzter Quellensteuer).
1.2.2.3 Besondere Regelungen bezüglich der Zuweisung des Besteuerungsrechts
Rz. 30
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Das OECD-MA bzw. die einzelnen DBA enthalten für bestimmte Arbeitnehmer, bestimmte Vergütungen bzw. bestimmte Tätigkeiten von Art. 15 OECD-MA abweichende Regelungen, insbesondere für das für die Geschäftsführung eines Unternehmens verantwortliche Personal (s. Tz. 6.1, Rn. 353), für Künstler und Sportler (Art. 17 OECD-MA), für Ruhegehaltszahlungen (Art. 18 OECD-MA), für Arbeitnehmer der Gebietskörperschaften (Art. 19 OECD-MA), teilweise auch für weitere öffentlich-rechtliche Körperschaften (z. B. Art. 19 Abs. 1 DBA-Schweiz) sowie für Vergütungen, die im Rahmen eines Programms der wirtschaftlichen Zusammenarbeit eines Vertragsstaates gezahlt werden (z. B. Art. 19 Abs. 3 DBA-Indonesien), für Studenten, Schüler, Lehrlinge und sonstige Auszubildende (Art. 20 OECD-MA), für Hochschullehrer und Lehrer (z. B. Art. 21 DBA-Italien, Art. 20 DBA-Österreich, Art. 20 DBA-USA) sowie für Mitglieder diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen (Art. 28 OECD-MA). Diese Regelungen gehen i. d. R Art. 15 OECD-MA bzw. der entsprechenden Vorschriften im anzuwendenden DBA vor.
Rz. 31
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Darüber hinaus enthalten einzelne DBA sog. Förderstaatsklauseln (z. B. Art. 17 Abs. 3 DBA-Vereinigtes Königreich, Art. 17 Abs. 3 DBA-Luxemburg, Art. 17 Abs. 3 DBA-Spanien). Danach ist die Besteuerung von Renten und Ruhegehältern in der Auszahlungsphase davon abhängig, in welchem Vertragsstaat eine Förderung in der Aufbauphase erfolgte.
1.2.2.4 Vergütungen eines Mitunternehmers für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft
Rz. 32
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Vergütungen, die ein Gesellschafter (Mitunternehmer) einer Personengesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft bezieht (Tätigkeitsvergütung; § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, zweiter Halbsatz EStG), gehören für Deutschland als Anwenderstaat zu den Unternehmensgewinnen (Art. 7 OECD-MA, § 50d Abs. 10 EStG), unabhängig davon, ob es sich um Vergütungen des im Inland ansässigen Gesellschafters einer ausländischen Personengesellschaft oder um Vergütungen des im Ausland ansässigen Gesellschafters einer inländischen Personengesellschaft handelt. Dies gilt nicht für Vergütungen, die insbesondere für eine Tätigkeit bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft gezahlt werden (§ 50d Abs. 10 Satz 7 Nr. 1 EStG, BMF-Schreiben vom 26. September 2014, BStBl II S. 1258, Tz. 5.1).
Rz. 33
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Einzelne DBA enthalten auch eine Regelung, die Tätigkeitsvergütungen bereits abkommensrechtlich den Unternehmensgewinnen zuweisen, wenn diese Vergütungen nach dem Steuerrecht des Vertragsstaats, in dem die Betriebsstätte der gewerblich tätigen Personengesellschaft liegt, den Einkünft...