Rz. 274
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Einnahmen, die nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werden (sonstige Bezüge) gelten nach § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG als zugeflossen, wenn ein Arbeitnehmer wirtschaftlich über sie verfügen kann. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die verbilligt überlassenen Aktien in das Eigentum des Arbeitnehmers übergegangen sind (Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers). Folglich führt sowohl bei handelbaren als auch bei nicht handelbaren Aktienoptionen grundsätzlich erst die tatsächliche Ausübung ("Exercise") der Aktienoption zum Zufluss eines geldwerten Vorteils (BFH-Urteile vom 24. Januar 2001, BStBl II S. 509, S. 512 und vom 20. November 2008, BStBl II 2009 S. 382). Stimmt der Zeitpunkt der Optionsausübung mit dem Zeitpunkt der Gutschrift der Aktien im Depot des Arbeitnehmers nicht überein, fließt der geldwerte Vorteil erst an dem Tag zu, an dem die Aktien in das Depot des Arbeitnehmers eingebucht werden (BFH-Urteil vom 20. November 2008, BStBl II 2009 S. 382 und BMF-Schreiben vom 16. November 2021, BStBl I S. 2308, Rn. 25). Nach der im BMF-Schreiben vom 16. November 2021, BStBl I S. 2308, Rn. 21 enthaltenen Vereinfachungsregelung kann auch auf den Tag der Ausbuchung oder den Vortag der Ausbuchung beim Überlassenden abgestellt werden.
Rz. 275
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Werden die Aktienoptionen in der sog. "Exercise-and-Sell-Variante", d. h. Verkauf der Aktien sofort mit Ausübung des Aktienoptionsrechts, ausgeübt, erfolgt keine Einbuchung in das Depot des Arbeitnehmers. Der Zufluss des geldwerten Vorteils gilt hier bereits grundsätzlich als im Zeitpunkt der Optionsausübung des Aktienoptionsrechts, d. h. konkret am Tag des Zugangs der Ausübungserklärung beim Optionsgeber, bewirkt. Auch in diesen Fällen können private Veräußerungsgewinne entstehen, wenn der Verkaufspreis über dem Ausübungspreis liegt (s. Tz. 5.5.6.3, Rn. 279ff.).
Rz. 276
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Daneben ist ein Zufluss von Arbeitslohn auch dann zu bejahen, wenn das Optionsrecht vor der Ausübung anderweitig verwertet wird, denn der für den Zufluss von Arbeitslohn maßgebliche geldwerte Vorteil, der in dem auf die Aktien gewährten Preisnachlass besteht, wird insoweit durch den Arbeitnehmer realisiert (BFH-Urteile vom 20. November 2008, BStBl II 2009 S. 382 und vom 20. Juni 2005, BStBl II S. 770). Eine solche Verwertung liegt insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer die Aktienoption auf einen Dritten überträgt (BFH-Urteil vom 18. September 2012, BStBl II 2013 S. 289).
Rz. 277
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Voraussetzung für den Zufluss von Arbeitslohn bei Aktienoptionen ist eine verbilligte oder unentgeltliche Überlassung der Aktien (geldwerter Vorteil). Der geldwerte Vorteil errechnet sich i. d. R. aus der Differenz zwischen dem Kurswert der Aktien zum Zuflusszeitpunkt (§ 11 Abs. 1 BewG) und dem vom Arbeitnehmer geleisteten Übernahmepreis und ggf. den diesbezüglichen Erwerbsaufwendungen (BFH-Urteile vom 20. November 2008, BStBl II 2009 S. 382 und vom 24. Januar 2001, BStBl II S. 509). Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden, wenn von den Vereinfachungsregelungen nach Rn. 21 des BMF-Schreibens vom 16. November 2021, BStBl I S. 2308 zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung von Vermögensbeteiligungen ab 2021 Gebrauch gemacht wird. Veränderungen des Kurswertes der Aktien haben auf die Höhe des geldwerten Vorteils keine Auswirkungen. In Ermangelung eines Kurswerts, z. B. bei nicht handelbaren Aktienoptionen, sind die Aktien im Zuflusszeitpunkt mit dem gemeinen Wert anzusetzen (§ 11 Abs. 2 BewG).
Rz. 278
Stand: EL 138 – ET: 06/2024
Bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils ist die Steuerbefreiung i. H. v. 1 440 EUR nach § 3 Nr. 39 EStG zu berücksichtigen, sofern der Arbeitnehmer die verbilligten Aktienoptionen im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses erhält. Zur Besteuerung des geldwerten Vorteils aus Vermögensbeteiligungen bei Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen vgl. ab 1. Juli 2021 § 19a EStG. Im Übrigen kommt für steuerpflichtige geldwerte Vorteile aus der Ausübung von Aktienoptionen die Tarifermäßigung des § 34 Abs. 1 EStG i. V. m. Abs. 2 Nr. 4 EStG in Betracht, wenn es sich um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten handelt (BFH-Urteil vom 24. Januar 2001, BStBl II S. 509). Diese liegen vor, wenn die Laufzeit zwischen Einräumung und Ausübung mehr als zwölf Monate betragen hat und das Arbeitsverhältnis nach Einräumung des Optionsrechts mindestens noch zwölf Monate fortbestanden hat. Dagegen muss das Arbeitsverhältnis bei Optionsausübung nicht mehr bestehen. Maßgeblich ist alleine die Laufzeit der einzelnen Aktienoptionen von mehr als zwölf Monaten bei gleichzeitiger Beschäftigung durch den Arbeitgeber. Unschädlich ist es, wenn ein Arbeitnehmer Aktienoptionen nicht vollständig in einem einzigen VZ ausübt (BFH-Urteil vom 18. Dezember 2007, BStBl II 2008 S. 294) oder wiederholt Aktienoptionen eingeräumt und die betreffenden Optionen nicht auf einmal ausgeübt werden.